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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Ding näherte sich mit gnadenloser Geschwindigkeit, und Tahn legte einen Pfeil an die Sehne und wollte seinen Bogen spannen, als die Sonne über den Wipfeln der hohen Eiben erschien. Die ersten gleißenden Strahlen fielen auf das Flüsschen und zerbarsten im Wasser zu tausend glitzernden Funken. Als das Licht auf den Maere fiel, verschwand er plötzlich, wie verflogener Atem. Tahn starrte fassungslos auf die leere Stelle, wo das Biest eben noch gewesen war, und der Pfeil fiel ihm von der Sehne. In diesem Augenblick gellte lautes Geheul durch die Morgenluft, und vier Bar’dyn brachen aus dem Schilf hinter ihnen hervor.
    Ihre merkwürdige Haut glitt lose über die Muskeln und Sehnen darunter, und über ihren stark hervorstehenden Wangenknochen glitzerten tief stehende Augen vor Hass. Einer deutete auf sie, und alle vier stürmten los. Starke Beine trugen sie in riesigen Schritten voran. Zwei Bar’dyn zogen Schwerter, die nicht weniger als fünf Fuß lang waren. Die anderen beiden hoben zweizackige Speere und holten zum Wurf aus.
    Mira sprang aus dem Stand in den Sattel, beide Schwerter noch in den Händen. »Los!« , schrie sie mit lauter Stimme. Sämtliche Pferde gehorchten ihr, und Tahn krallte sich in Joles Mähne, um nicht abgeworfen zu werden, als sein Pferd lossprang. Die Bar’dyn blieben dicht hinter ihnen, während sie auf das weiche Ufer nahe der Brücke zuhielten. Tahn war sicher, dass die Pferde es niemals diese Böschung hinauf schaffen würden, ehe die Bar’dyn Sutter und Braethen von hinten aus den Sätteln zerrten.
    Sie kamen ans Ufer und lenkten die Pferde hinauf, die Bar’dyn nur wenige Schritt hinter ihnen. Tahn blickte zurück und sah, wie Sutter und Braethen die steile Böschung erreichten. Sutters Pferd bäumte sich am Abhang auf, und er stürzte beinahe aus dem Sattel. Doch die Hände seines Freundes waren stark von der Feldarbeit. Er hielt die Zügel fest umklammert, aber seine Füße rutschten aus den Steigbügeln. Im selben Moment explodierte gleißendes Licht aus Vendanjis Hand und fuhr wie grüne und blaue Blitze in die Uferböschung. »Weiter!«, brüllte er. Sutter bekam die Füße wieder in die Steigbügel, und Braethen hatte das Steilufer bereits geschafft.
    Die Bar’dyn heulten auf und begannen, die Böschung emporzuklettern.
    Dann war im Gestrüpp und in den Bäumen um die Bestien herum ein seltsames Rascheln zu hören. Es klang wie Herbstwind in trockenen Stängeln und Spelzen, ein unheimliches, beinahe menschliches Krächzen und Stöhnen. Plötzlich schossen Wurzeln aus dem Boden, Ranken und Zweige wanden sich auf die kletternden Bar’dyn zu. So knorrig und verästelt sie auch sein mochten, die Zweige, Ranken und sogar Gräser grapschten nach den Bestien. Viele wanden sich um ihre Füße, andere tasteten nach ihren Händen und Beinen. Wieder andere stießen in ihre Münder vor und erstickten die Schreckensschreie. Ein Bar’dyn hackte hilflos auf die sehnigen Zweige ein, doch für jeden, den er durchtrennte, schlangen sich drei weitere um ihn. Das üppige Grün der Böschung erwachte zum Leben, verschlang die zappelnden Bar’dyn und dämpften deren Gebrüll. Wie von Hunderten Armen besessen brachte das Ufer die riesigen Bestien zu Fall.
    Mira gab Jole einen Klaps auf die Kruppe, und Tahn hielt sich nach Kräften fest, als der Hengst zur Straße jagte und dann nach Norden. Die anderen folgten ihnen, und Mira nahm wieder den Platz an der Spitze ein, ritt mit einem blanken Schwert in der Hand.
    Sie flohen gen Norden. Zahllose Kriegstrommeln dröhnten über das Land und fielen allmählich in einen einheitlichen Takt. Das unheimliche Geheul der Bar’dyn, ein hoher, dann ein tiefer Ton, erscholl bei jedem dritten Schlag, und die Welt schien von einem rhythmischen, jaulenden Gesang erfüllt. Tahn trieb Jole voran, und während die Sonne sich vom Wald löste und kraftvoll am östlichen Himmel leuchtete, folgte er mit seiner Schwester und seinen Freunden dem Sheson und der Fern hinauf in die Hochebene, immer weiter fort von zu Hause.
    Sie galoppierten den ganzen Vormittag, ließen die Pferde nur manchmal Schritt gehen, damit sie sich ein wenig erholen konnten, und eilten dann weiter. Kurz nachdem sie die Straße erreicht hatten, begann Vendanji im Sattel zu schwanken. Im grellen Tageslicht wirkten die Falten in seinem Gesicht tiefer eingegraben, die Haut fahl und trocken. Seine Augen waren rot und von dunklen Ringen umgeben. Mira warf einen Blick auf ihn, und es sah aus, als wollte

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