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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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»Wir wollen dir ein paar Fragen stellen.«
    Unterdessen setzten die vier Spielleute in der Ecke große Masken auf und begannen mit einer leichten, albernen Szene.
    »Ich habe noch nicht gegessen. Kann das nicht bis morgen warten? Ich werde hier übernachten.«
    Die vier Ligaten lachten. »Du verzeihst sicher, aber wir haben diese Ausflüchte schon oft genug gehört.« Der Hauptmann fügte mit angespannter Stimme hinzu: »Komm mit. Sofort.«
    Die Spielleute stimmten ein lautes Lied an. Die vier verschränkten die Arme miteinander, schunkelten hin und her und sangen aus vollen Kehlen.
    Tahn sah, dass Mira und Braethen aufstanden. Die Menge der Gäste um sie herum fiel in das Lied der Spielleute ein, so dass er kaum noch etwas verstehen konnte. Aber die Situation fühlte sich an, als könnten jeden Moment Chaos und Gewalt ausbrechen.
    »Mit welcher Berechtigung?«, verlangte Vendanji zu wissen.
    Der Mann mit der gelben Kordel trug Handschuhe mit Eisen kappen an den Knöcheln. Er rammte dem Sheson die Faust gegen den Kiefer. »Hast du sonst noch Fragen?«
    Ehe Mira oder Braethen etwas unternehmen konnten, hob Vendanji die Hand, um sie zurückzuhalten. Er schüttelte den Kopf und fasste sich wieder. Tahn sah dem Sheson an, welche Selbstbeherrschung dazu nötig war. Aber dies war nicht der Ort für eine gewaltsame Auseinandersetzung.
    Vendanji ergriff Ulees Hand und verabschiedete sich. »Danke für Eure Gastfreundschaft«, sagte er und drückte dem Wirt unauffällig den Hufnagel in die Hand.
    Dann wandte er sich Mira zu und sprach so leise, dass nur sie ihn im Beifall der Menge hören konnte. »Bleib bei ihnen.« Er sah Tahn fest in die Augen. »Ich bin morgen wieder bei euch. Falls nicht, brecht ihr trotzdem morgen Abend auf.« Er warf Mira einen ermunternden Blick zu. »Du weißt doch, dass mir nichts geschehen wird. Bleib bei ihnen«, ermahnte er sie noch einmal.
    Ein lauter Chor aus Jubelrufen und dem Klopfen von Bechern auf den Tischen ertönte, als die Darbietung endete. Kellnerinnen eilten mit Flaschen in den Saal, denn die Gäste wollten sogleich nachgeschenkt haben. Und Vendanji wurde von der Liga abgeführt.
    Sie bezogen ihre Zimmer und unterhielten sich im Flüsterton über Vendanji. Später in der Nacht, als die anderen eingeschlafen waren, schlich Wendra sich hinaus und in den Saal.
    Die meisten Gäste waren gegangen. Ein paar Leute, deren Arbeitstag erst jetzt vorüber war, aßen noch zu Abend. Für sie war eine einzige Kellnerin da, das herabgebrannte, aber noch heiße Feuer und die Spielleute, derentwegen Wendra gekommen war.
    Sie setzte sich an eine Wand und lauschte. Die Lieder dieser Musikanten waren ganz anders als alles, was sie im Helligtal je gehört hatte. Fröhliche Lieder klangen ausgelassen, Loblieder mutig und traurige Stücke herzzerreißend und klagend. Die Musik schien mehr zu sein als die bloße Darbietung eines Sängers – hier wurde sie zu einem Vorwurf, einer Herausforderung. Es lag eine Kühnheit darin, die sie noch nie gehört hatte. Trotz der Kümmernisse und Ängste dieses Abends und der Flucht aus dem Helligtal – ja, sogar der Zeit davor, seit der Vergewaltigung – war Wendra fasziniert von diesen neuen Klängen.
    Bei dieser Musik musste sie daran denken, wohin die schlichten, düsteren Melodien führen könnten, die sie vor ein paar Tagen gefunden hatte, zusammengekrümmt auf dem Boden einer Hütte.
    Als das Wirtshaus für die Nacht schloss und der Saal leer war, packten die beiden letzten Spielleute ihre Instrumente ein. Wendra stand von ihrem Stuhl auf in der Hoffnung, sie könnten ihr ein paar ihrer Fragen beantworten.
    »Danke schön«, sagte sie. »Ihr seid sehr begabt. Eure Darbietung hat mir große Freude gemacht.«
    Die Frau, noch immer mit Packen beschäftigt, warf Wendra über die Schulter hinweg einen Blick zu, während sich der Mann umdrehte, um ihre Anerkennung entgegenzunehmen.
    Er bedankte sich mit einem Lächeln und einer Verbeugung für ihr Lob. »Es war uns ein Vergnügen, junge Frau. Hat Euch eines unserer Lieder besonders gefallen?«
    Seine Gefährtin schüttelte den Kopf, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Wendra entschied, dass sie ihre Antworten am ehesten von dem Mann bekommen würde. »Die Trauerlieder. Es lag so viel Kraft und Trost darin. Ich weiß nicht, ich hatte das Gefühl …«
    »Dass sie den Schmerz nicht einfach hinnahmen, sondern Erklärungen und Vergeltung forderten«, beendete er den Satz für sie.
    »Ja«, bestätigte Wendra. »Diese

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