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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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teilweise Schlaflieder für ein Kind waren, das sie niemals hören würde.

14
    SCHARFSINN
    D as Erste, was Tahn beim Aufwachen bemerkte, war der Duft von gebratenem Schweinefleisch und Gemüse. Ein schmaler Lichtstrahl fiel durch das Fenster herein. Daneben saß Braethen und las – er sah aus, als wäre er die ganze Nacht lang aufgeblieben. Sutter trug bereits seine Hose, und seine Augen glänzten begierig.
    »Irgendeine Nachricht von Vendanji?«, fragte Tahn.
    Braethen schaute auf. »Noch nicht.« Dann senkte er den Blick wieder auf sein Buch.
    Tahn musterte den Sodalen. Er hatte sich immer noch nicht ganz daran gewöhnt, ihn tatsächlich als solchen zu betrachten. »Was liest du da?«
    »Geschichte«, nuschelte Braethen, diesmal ohne aufzublicken.
    »Kommst du mit zum Morgenbrot oder nicht?«, fragte Sutter, der sich fertig anzog.
    Der Sodale legte sein Buch beiseite und rieb sich mit Dau men und Zeigefinger die Augen. »Ich könnte eine Pause gebrauchen.« Er war bleich und schmal vor Schlafmangel. »Mira sagt, wir dürfen das Gasthaus nicht verlassen.«
    »Wir kämen nicht im Traum darauf«, entgegnete Sutter.
    Sie gingen in den Saal und fanden in der Nähe der Küche eine Kellnerin. Die große Gaststube wirkte im Vergleich zum vorigen Abend beinahe leer, obwohl einige Dutzend Männer und Frauen beim Morgenbrot saßen. Die Kellnerin führte sie zur Küche, wo der süße Duft von Honigkuffeln – köstlichen Kartoffelküchlein – das Bukett appetitanregender Gerüche vervollkommnete. Vermutlich hatte Mira angeordnet, dass sie in der Küche essen sollten, dachte Tahn, wo sie weniger neugierigen Blicken ausgesetzt sein würden.
    In der Küche stießen sie auf Wendra, die sich nützlich machte.
    »Kommt, esst.« Sie stellte vier Teller auf einen Tisch neben dem Herd.
    Sutter setzte sich hin und hatte sich schon einen halben Honigkuffel geschnappt, ehe Tahn auch nur am Tisch saß.
    »Danke, Wendra«, sagte Braethen und ließ sich neben Sutter nieder.
    »Gern geschehen«, entgegnete sie. »Ihr sollt essen und dann in eurem Zimmer warten.«
    »Den Befehl haben wir schon bekommen«, nuschelte Sutter mit vollem Mund. Er stupste Tahn unter dem Tisch an und bedeutete ihm, sich zu beeilen. Wenn sie vor Braethen mit dem Morgenbrot fertig waren, würden sie es vielleicht schaffen, sich ohne weitere Ermahnungen hinauszuschleichen.
    Tahn schenkte sich frischen Traubenmost aus einer Karaffe ein und trank gierig. Er wusste nicht recht, ob er sich wirklich i n die Stadt hinauswagen wollte, selbst am helllichten Tag. Balatin hatte ihnen viel von den großen Städten erzählt und auch, dass er ins Helligtal gezogen sei, um den ständigen Intrigen und politischen Manövern zu entkommen. Dennoch pochte sein Herz bei der Vorstellung, sich die fremde Stadt anzusehen, vielleicht sogar den Palast. Er begann sich hastig Essen in den Mund zu schaufeln. Er war kein Sheson oder auch nur Sodale. Er war ein völlig unbekannter Jäger – und als Niemand sicher.
    Bald darauf stand Sutter auf. »Ich bin fertig. Ich gehe dann wieder nach oben«, sagte er.
    Tahn erhob sich ebenfalls. »Ich komme mit. Ich muss ein paar Pfeile befiedern.«
    Braethen schaute in offenkundigem Zwiespalt auf seinen noch halb vollen Teller hinab.
    »Ist schon gut, Braethen«, sagte Sutter beruhigend. »Leiste du Wendra beim Morgenbrot Gesellschaft, wir sehen uns nachher in unserem Zimmer.«
    Ohne auf Antwort zu warten, wandte Sutter sich dem Flur zu, von dem aus die Treppe in die oberen Stockwerke des Granitenen Hauses führte.
    »Das war köstlich, Wendra. Danke«, sagte Tahn.
    »Ein Mahl wie für die Ersten«, rief Sutter aus dem Flur.
    Tahn beeilte sich, seinen Freund einzuholen, der schon auf dem Weg durch die Tür war, hinaus in die Straßen von Myrr.
    Sie waren gerade in den Sonnenschein getreten, als eine sanfte Stimme rief: »Ihr beiden habt euch wohl verlaufen.«
    Tahn und Sutter drehten sich um und sahen Mira neben einem großen Karren rechts von der Tür lehnen.
    »Du machst wohl Witze. Im Ernst? Stehst du hier vielleicht Wache?« Sutter klang eher enttäuscht als ungläubig. »Wir wollten nur …«
    »Tu dir selbst einen Gefallen und erspar dir die Lüge«, fiel die Fern ihm ins Wort. »Wir reisen nicht, um fremde Länder und Städte zu sehen. Denkt an unser Ziel. Denkt daran, was wir durchgemacht haben, um es bis hierher zu schaffen. Und am Hintereingang braucht ihr es auch nicht zu versuchen. Ich lasse die Küchentür beobachten.«
    Tahn zog Sutter am Hemd

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