Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
Rat gelang, die Regentin zu überreden, diese Überprüfung zu gestatten.
»Nein«, sagte Helaina. Sie wandte sich an Vendanji. »Und Ihr unterstützt als Beistand diesen Einspruch, Sheson?«
Vendanji nickte.
»Ihr seid Euch der Einschränkungen bewusst, die Eurem Orden innerhalb der Mauern von Decalam und im ganzen Land Vohnce auferlegt sind?«
»Das bin ich.«
»Wir werden als Beweismaterial alles anerkennen, was unser hochverehrter Erster Rat im Zuge der früheren Beratung über diesen Übeltäter durch seine Bemühungen und die Erleuchtung des Allwillens ans Tageslicht gebracht hat.« Sie richtete den durchdringenden Blick wieder auf den Beschwerdeführer. »Was könnt Ihr dem hinzufügen, um uns von der angemessenen Vorgehensweise, die wir eingeschlagen haben, abzubringen? Und achtet nur ja darauf, dass Ihr unsere Zeit und Geduld nicht unnötig beansprucht. Wir dulden hier keine Lügen oder Missetaten.«
»Ich habe für beides keine Zeit, Herrin, heute ebenso wenig wie in früheren Jahren.«
Die Regentin nickte steif, und auf ihren Wink hin traten durch Türen beiderseits ihres Stuhls, die Wendra bis dahin nicht aufgefallen waren, sechs Männer und sechs Frauen ein. Die Neuankömmlinge stiegen würdevoll die Stufen hinunter, die Männer zur Linken, die Frauen zur Rechten. Von ihren Schultern flossen lange Roben in den Farben von Decalam, und jeder von ihnen trug ein weißes Emblem in Form eines Baums mit Wurzeln auf beiden Brustseiten. Wendra konnte Hosenbeine, Hemdsärmel und Kragen unter den Roben hervorlugen sehen, als ob diese Leute ihre zeremoniellen Übergewänder hastig angelegt hätten. Sie gingen zu getrennten Reihen von Stühlen, die dem der Regentin ähnelten und in der vom Boden aus gesehen ersten Sitzreihe standen, und ließen sich darauf nieder.
Nachdem sie Platz genommen hatten, hob die Regentin ihren Stock, schlug damit laut auf den Marmor und bedeutete dem Ersten Rat zu beginnen. Dann lehnte sie sich zurück. Wendra verfolgte Pleades’ lange Schritte: Er verschränkte die Hände hinterm Rücken und ging vor den Männern an seinem eigenen Tisch auf und ab. Mehrere Augenblicke vergingen, und leises Raunen begann aus den höheren Sitzreihen des runden Saals aufzusteigen. Das Gesicht des Ersten Rats war zu einer finsteren Miene verzerrt: Die Haut oberhalb seiner dünnen weißen Augenbrauen hatte sich zu wulstigen Falten verformt. Auf einmal blieb er stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Er baute sich breitbeinig auf, um den Beschwerdeführer anzusehen.
»Das Protokoll erfordert Euren Namen«, sagte Pleades. In der einfachen Bitte schien eine unterschwellige Verhöhnung zu liegen, die Wendra nicht ganz verstand.
Der Beschwerdeführer starrte ihn unverwandt an. Seine Haut war trocken und glänzte dunkel, da sie lange der Sonne ausgesetzt gewesen war. Dann erschien ein Lächeln auf seinen Lippen, und er nickte anerkennend. »Ein hübscher Spielzug, Erster Rat, der jedes Logikbuches würdig ist, das Ihr studiert habt, um Euren Posten zu erringen. Meinen Namen festzuhalten schadet unserer Glaubwürdigkeit, wenn man meine Vergangenheit vor diesem Gericht bedenkt, nicht wahr?« Er drohte ihm in spielerischer Nachahmung eines Tadels mit dem Finger. »Was haltet Ihr davon, den Namen des Dreirings, Vendanji, in Euer Protokoll aufzunehmen? Dann bin ich lediglich die Stimme dieser Beschwerde.«
Pleades setzte zu einem Einwand an.
»Oh nein«, fiel der Beschwerdeführer ihm ins Wort. »Die Akten verlangen nicht, dass Beschwerdeführer und Sprecher derselbe sind, also lasst uns doch auf listige Winkelzüge verzichten, die mich meiner Glaubwürdigkeit berauben sollen, bevor wir auch nur angefangen haben, und stattdessen diesem Machtmissbrauch abhelfen.«
Der Erste Rat warf die Hände in die Luft, anscheinend verärgert über den mangelnden Respekt, den sein Gegner dem Höchsten Gericht zollte.
»Gut«, sagte der Beschwerdeführer. »Schreibt seinen Namen auf, wenn Ihr die Zeit dazu findet. Ich will mich nicht mit Euch herumzanken, während unschuldige Männer in Eurem Verlies schmachten. Ihr habt zwei Melura verhaftet und ins Gefängnis geworfen, weil sie Euren Versuch hintertrieben haben, einen Ligaten hinzurichten, der beschuldigt war, sich verschworen zu haben, das Gesetz der Regentin zu brechen. Während Melura der Tradition gemäß für ihr Fehlverhalten im Geiste nicht verantwortlich gemacht werden können, dürfen sie körperlich dafür bestraft werden.« Der Beschwerdeführer
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