Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
Gerichtsrat aus der Liga um, der wieder aufgestanden war. Wendra hatte den Eindruck, dass der Mann ein wenig blasser wirkte. Er wandte sich an die Regentin: »Euer Gesetz, das Kind ist hysterisch und hätte nie gezwungen werden sollen, hier zu erscheinen. Und trotz ihrer Liebe zu ihrem Vater verschwendet dieser Auftritt hier die Zeit des Höchsten Gerichts. Wir sollten …«
»Setzt Euch«, unterbrach ihn der Beschwerdeführer. »Leia wird sagen, was zu sagen sie gekommen ist.« Er bat die Regentin nicht um Erlaubnis zu sprechen, sondern bedeutete nur dem Mädchen durch ein tröstendes Schulterklopfen fortzufahren.
»Illia und ich waren hinter unserem Haus und spielten, als ein paar von den Ligaten, die Vater kennt, auf den Hof traten. Das hat mich eigentlich nicht überrascht, denn sie kamen oft zum Abendessen oder einfach nur, um Vater abzuholen, wenn sie auf dem Weg zu einer Wache waren. Aber an dem Morgen brachten sie Illia und mir jeweils ein Geschenk. Sie gaben mir einen Blumenstrauß und sagten mir, dass ich zu einer schönen Frau heranwachsen würde. Und Illia schenkten sie eine Schachtel Zuckerwerk …«
Der Beschwerdeführer klopfte Leia noch einmal väterlich auf die Schulter und flüsterte ihr etwas zu, diesmal so leise, dass niemand sonst es hören konnte. Dann hob er den Kopf und wandte sich an das Tribunal. »Das Verhandlungsprotokoll des Sheson Rolen hält fest, dass er ausgesagt hat, im Körper des Kindes Illia hätte sich Gift befunden …«
»Wagt es ja nicht, so etwas anzudeuten!« Der Liga-Rat sprang ein drittes Mal auf. Nun war es an ihm, anklagend mit ausgestreckter Hand auf den Beschwerdeführer zu zeigen.
Der Beschwerdeführer drehte sich um und sah den Mann direkt an, als er sagte: »Ich mache geltend, dass die Verschwörung in dieser Angelegenheit nicht von dem Ligaten ausging und auch nicht darin besteht, dass seine Tochter den Sheson gebeten hat, ihre Schwester zu heilen. Verschworen hat sich die Liga selbst, die ein Kind vergiftet hat, um die Familie eines ihrer Mitglieder zu zwingen, eine unmögliche Wahl zu treffen: zwischen dem Leben einer Vierjährigen und der Befolgung dieses unmoralischen Gesetzes.«
Eine Flut von Spekulationen, Gerüchten, entsetzten Aufschreien und Zwischenrufen brandete von der Galerie in die Arena des Tribunals herab. Sogar die gewöhnlich so gleichmütigen Mienen der Geschworenen wirkten besorgt. Die Regentin schien den Drang zu verspüren, etwas zu sagen, und doch nicht die rechten Worte zu finden.
Das gelang am Ende zuerst dem Rat der Liga. Sobald er die Beherrschung wiedergewonnen hatte, starrte er den Beschwerdeführer an. »Bei allem Respekt – wir haben immer noch nur das Wort eines jungen Mädchens, das über die Haft seines Vaters bestürzt ist. Eines Mädchens, wie ich hinzufügen könnte, das anscheinend von unserem verehrten Beschwerdeführer auf seine Zeugenaussage vorbereitet worden ist. Von einem Mann, der, wie wir wissen, diesem Tribunal keinerlei Respekt entgegenbringt und dem es um die Freiheit derjenigen zu tun ist, die versucht haben, den Vater des Mädchens zu retten.« Er lächelte. »Man muss nicht groß nachdenken, um dahinterzukommen, was hier wirklich gespielt wird. Und ich kann Euch versichern, dass alle Süßigkeiten der Liga nicht nur harmlos, sondern sogar sehr schmackhaft sind.«
Gedämpftes Gelächter durchlief den Saal.
Daraufhin flüsterte der Beschwerdeführer Leia erneut etwas ins Ohr. Das Mädchen griff in die Tasche seines zerlumpten Kittels und zog ein kleines, eingewickeltes Bonbon daraus hervor. »Illia hat mir eine ihrer Süßigkeiten abgegeben, bevor sie den Rest gegessen hat. Ich habe sie mir für einen besonderen Anlass aufgehoben.« Sie hielt sie dem Höchsten Gericht auf der offenen Handfläche entgegen.
Der Beschwerdeführer nahm ihr den Leckerbissen aus der Hand und ging damit zu Pleades’ Tisch. Er hielt ihn dem Liga-Rat hin. »Erkennt Ihr das Emblem auf dem Einwickelpapier? Wenn sich in den letzten paar Jahrzehnten nichts geändert hat, gehe ich davon aus, dass nur Mitglieder der Liga dieses Zuckerwerk herstellen dürfen.«
Die Augen des Liga-Rats richteten sich noch nicht einmal auf die Süßigkeit. »Und jeder hätte sich in den Wochen seit dem Verbrechen daran zu schaffen machen können«, bemerkte er.
Der Beschwerdeführer schüttelte den Kopf. »Das Siegel ist nicht gebrochen. Machen wir es doch noch einfacher. Esst das hier. Esst es und beweist, dass es einfach nur ein Geschenk an ein Kind
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