Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
der mir immer noch dient.« Sie sah kurz zu Artixan hinüber, der ein paar Schritte abseits stand, und wandte sich dann wieder an Grant. »Vendanji bittet darum, dass Ihr mich in die Zelle des Gefangenen begleitet. Das gewähre ich. Aber glaubt ja nicht, dass Eure Jahre in der Verbannung dafür gesorgt haben, dass ich Euren bitteren Anklagen und zornigen Worten mein Ohr leihe. So etwas höre ich mir nicht an.« Sie hob die Stimme nicht, ließ aber keinen Raum für Widerspruch. »Bleibt nahe bei uns«, sagte sie zu dem Schreiber, der sich das Buch vor die Brust gepresst hielt, als könnte es sonst davonfliegen. »Artixan«, fuhr die Regentin dann fort, indem sie den alten Sheson heranwinkte, »Dwayn wird den Sitz des Kindermunds an meinem Tisch übernehmen. Behütet ihn, bis ich unter vier Augen mit ihm sprechen kann.«
Artixan schenkte ihr ein Lächeln, kehrte zu Dwayn und seinem Vater zurück und führte sie aus dem Saal.
»Nun … Grant«, sagte die Regentin, »nehmt meinen Arm und führt mich zu diesem Fremden, an dem Euch so viel gelegen ist. Und wenn Ihr Glück habt, erinnere ich meinen Rat nicht daran, dass Eure Rückkehr hierher Eure Hinrichtung nach sich ziehen sollte.«
Widerwillig bot der Beschwerdeführer ihr den Arm. Die Regentin hakte sich bei ihm ein, und gemeinsam gingen sie hinaus. Wendra nahm Penits Hand, und sie folgten Vendanji. Freudige Erregung machte sich in ihr breit. Es musste Tahn sein, den sie aufsuchen würden. Er war am Leben!
Mira begleitete die Zeugin zurück zu ihrer Mutter. Die kleine Hand des Mädchens war kalt und zitterte in Miras eigener. Durch einen schmalen Flur gingen sie in einen schlecht beleuchteten Raum unter den erhöhten Sitzreihen. Die Last der Erwartung lag drückend in der Luft, als sie eintraten.
Die Frau stand auf, und ihre Tochter lief zu ihr. Die beiden umarmten sich fest, während Mira gleich hinter der Tür stehen blieb. Die Frau sah Mira mit fragendem Blick an. Mira schaute zu Leia hinunter und erwartete, dass sie von dem Urteil berichten würde, aber Leia hatte solche Angst gehabt, dass sie anscheinend das Urteil der Regentin entweder nicht gehört oder nicht verstanden hatte. Die Augen des Mädchens schauten ebenfalls abwartend und hoffnungsvoll zu Mira auf.
Das Schweigen umfing sie.
Dann stählte sich Mira. »Es tut mir leid. Die Regentin war nicht bereit, das Urteil aufzuheben. Die Beschwerde ist gescheitert.«
»Papa«, schrie das Kind, »Papa.« Sie schmiegte sich eng an ihre Mutter.
Die Frau versuchte, weiterhin tapfer dreinzublicken und ihre Tränen zurückzuhalten. Aber all das Leid und die Endgültigkeit überwältigten sie, und sie begann zu weinen. Sie fiel auf die Knie, unfähig, sich in ihrer Trauer aufrecht zu halten, und nahm ihr kleines Mädchen in die Arme. Gemeinsam beweinten sie aufs Neue den Verlust von Leias Vater, weinten, weil die Ehrlichkeit und Tapferkeit des Mädchens keinen Erfolg gehabt hatten, das Gericht zu überzeugen, dass ein Irrtum vorlag.
Sie weinten und hielten einander fest, da sie nun Mann und Vater endgültig verloren hatten.
Angesichts ihrer Trauer dachte Mira darüber nach, welche Zukunft dieser Familie wohl bevorstand, wenn der unschuldige Ligat sie nicht weiter ernähren konnte. Wenn sie sonst keine Angehörigen oder Mittel hatten, blieben Frauen in einer Stadt nur wenige Möglichkeiten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und was sie zu verkaufen hatten, würden Männer, deren Atem nach Alkohol stank, grob an sich reißen.
Als Mira Zeugin dieses privaten Augenblicks voll herzzerreißendem Schmerz und Hoffnungslosigkeit wurde, überschlugen sich angesichts des Übermaßes von Verlust und Kummer ihre Gedanken.
Diesmal nicht.
Mira durchquerte den Raum und ließ sich vor Mutter und Tochter auf ein Knie nieder. Sie ergriff noch einmal Leias Hand und zog so ihre Aufmerksamkeit auf sich. »Leia, hör mir zu und achte gut auf das, was ich sage. Fass dir ein Herz und verleih deiner Mutter die Kraft, die du selbst heute vor dem Höchsten Gericht unter Beweis gestellt hast. Kannst du das?«
Nach einem kurzen Zögern nickte das Mädchen. »Ja, das kann ich.« Sie sah ihre Mutter an. »Ich helfe dir, Mama.« Dann blickte sie wieder zu Mira. »Was werdet Ihr tun?«
Entschlossenheit durchströmte Mira, als sie auf das Kind hinabsah. »Ich werde deinen Vater befreien.«
Das Mädchen starrte Mira an. Auf ihren Wangen standen noch immer große Tränen. »Könnt Ihr das wirklich? Könnt Ihr Papa retten?«
Aus fernster
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