Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
sich. Die Versammlung der Fern erhob sich, als sei sie förmlich entlassen worden, und entfernte sich stumm. Die Laternenträger steckten ihre Stäbe in Löcher im Boden, bevor auch sie den Raum verließen. Nach wenigen Augenblicken war der Saal bis auf Tahns Gefährten und den einen Fern, der den Hirtenstab getragen hatte, leer.
Er setzte sich auf die Tischkante. »Es ist gut, Euch zu sehen, Vendanji. Ihr seid für uns ein würdiger Vertreter der Menschheit. Ihr seid hier stets willkommen.« Tahn fand, dass es sich eher nach einer Bitte als nach einer Einladung anhörte.
»Danke, König Elan«, erwiderte Vendanji und nickte voller Dankbarkeit und Respekt. »Aber es gibt mehr zu sagen, und ich würde dieses Gespräch lieber ohne Eure Hauptleute führen.«
»Das habe ich mir schon gedacht«, antwortete der König und verzog die Lippen zu einem angedeuteten schiefen Lächeln. »Soll ich Wasser schöpfen lassen?«
»Sie brauchen es«, antwortete Mira und nickte zu Tahn und den anderen hinüber.
Elan drehte sich zu dem Diener um, der sich an der Rückwand in Bereitschaft hielt, und hob den Arm. Der Diener verließ den Raum, erschien bald mit zwei Wasserkaraffen und einem Tablett voll kleiner Gläser, stellte alles auf dem Tisch ab und zog sich sofort zurück.
Elan schenkte das Wasser ein und lud sie alle ein, sich ein Glas zu nehmen. Während Tahn trank, musterte er Elan und machte sich bewusst, dass er nicht nur den lebenden König der Fern vor sich sah, sondern zugleich jemanden, der seine Armee mehr als einmal in die Schlacht geführt hatte und immer siegreich daraus hervorgegangen war. Als alle getrunken hatten, schritt Vendanji in den Gang zwischen den Stühlen und wirbelte scharf auf dem Absatz herum, um sich zu Elan und den anderen umzudrehen.
»Es gibt mehrere Dutzend Orte der Gelehrsamkeit zwischen Naltus und Kumram, und die Stille wird sie wahrscheinlich alle heimsuchen. Aber wenn sie je Besitz von den Versen der Verlassenen ergreift …«
Elan trank noch einen Schluck. Seine Stirn blieb glatt, und er wirkte unbesorgt. »Decalam wird nicht fallen.«
»So einfach ist es nicht«, fuhr Vendanji fort. »Die Stilletreuen sind schon in die Nähe der Stadt gelangt, einer sogar …« Der Sheson unterbrach sich, als sein Blick auf Tahn fiel. »Sie sind ins Helligtal vorgedrungen, zu den geheiligten Hainen, die im Zeitalter des Tabernakels geweiht wurden. Das Land wird unfruchtbar.« Vendanji tauschte einen Blick mit Grant. »Das Gleichgewicht von Forda I’Forsa ist gestört. Es ist diesmal kein Krieg an nur einer Front, Elan. Eure Rolle ist ganz entscheidend, aber wir sind wie Fäden, die auf einen Webstuhl gespannt sind, und ein einziger Webfehler sorgt für einen Makel im großen Ganzen.« Vendanji schwieg für eine Weile und senkte gedankenverloren den Blick.
»Seid Ihr von so weit her gekommen, um uns diese Nachricht zu überbringen, und das noch dazu mit einem Kind?« Elan musterte Penit mit verstörter Miene, als ob er in dem Jungen etwas erkannte, das Tahn nicht sehen konnte.
Vendanji schaute mit gerunzelter Stirn auf. »Wir kommen hier auf dem Weg in die Saeculoren vorbei … zum Rudierd Tillinghast.«
Elan warf Vendanji einen Blick voll entsetzter Verwunderung zu. Der Fern drehte sich um und starrte in Richtung der Berge, über denen der Sturm tobte. Immer noch von den anderen abgewandt, sagte er: »Das sind unerfreuliche Neuigkeiten, Sheson. Stilletreue so tief im Land, Angriffe auf die Gewölbe der Weisheit, das ist beunruhigend …« Elan drehte sich wieder zu Vendanji um. »Aber dass die Menschen zum Fels der Erneuerung zurückkehren … Dass Ihr Euch an den Bergen versuchen wollt, ist der finsterste Scherz, den die Fern kennen, und dass Ihr glaubt, zum Tillinghast reisen zu müssen, nimmt mir den Mut. Was ist damit zu gewinnen?« Er wartete auf eine Antwort.
Vendanji blinzelte langsam. »Ihr Fern haltet Euch an Euer Erstes Erbe, Elan, und lebt ohne die Fesseln jeglicher Konsequenzen, da Ihr noch vor Eurem Einstand in den Schoß der Erde zurückkehrt. Der Fels der Erneuerung kann Euch nichts wiedergeben, da jemand, der seinen Wandel noch nicht durchlebt hat, weder im Guten noch im Bösen Erneuerung erfahren kann. Aber für einen Menschen ist das nur in seiner Jugend so, und selbst dann ist er nicht so geschützt wie Ihr durch Euren Bund. Und nach dem Tag seines Einstands wird der Fels für ihn zu etwas ganz anderem. Der Abgrund, der am Tillinghast nagt, ist die Substanz unsichtbarer Dinge, die
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