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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Formel von Forda I’Forsa, und er stellt denen, die dort ankommen, die tiefgründigste aller Fragen …«
    Welche Frage? Noch mehr unvollendete Gedanken. Tahn war noch beunruhigter als zuvor.
    Er versuchte, selbst auf die Antwort zu kommen. Der Sheson brachte Tahn an diesen Ort, dessen bloße Erwähnung die Macht hatte, Elan um seine gleichmütige Miene zu bringen. Was ist die tiefgründigste aller Fragen?
    Vendanji unterbrach seine Gedanken, indem er sagte: »Wir müssen die Antworten kennen, um zu verstehen, wie wir den Dienern des Weißen und jedem Huf oder Fuß, der sich aus dem Born hervorwagt, entgegentreten sollen.«
    Elan nippte an seinem Wasser, den Blick wieder in weite Ferne gerichtet, als würde er an etwas zurückdenken. »Der Fels ist zu rein, zu übernatürlich für menschliches Fleisch. Die großen Nebelholzbäume wachsen dort nur, weil sie hart wie Eisen sind und dem Nebel widerstehen können. Sie sind älter als alle historischen Aufzeichnungen, und ihre Wurzeln reichen in große Tiefen, um ihre Stämme gegen den Wind zu sichern.«
    »Nein, mehr noch«, fügte Vendanji mit tiefer Ehrfurcht hinzu. »Ihre Wurzeln am Fels der Erneuerung wachsen in die Nebel selbst hinein und bilden neuen Erdboden. Es ist ein Wunder. Dem Nebelholz wohnt eine besondere Vorsehung inne. Es ist mehr als ein bloßer Baum.«
    »Und wie anders als solch ein Baum ist ein Mensch«, sagte Elan. »Eure Hoffnungen zerschlagen sich vielleicht mit dem Verfall menschlichen Fleisches, wenn es mit den Nebeln des Tillinghast in Berührung kommt, die jenseits des Felsens brodeln. Die schiere Wirkmacht, die dort waltet, reißt jedem Menschen das Herz heraus, der weniger ist als die Verheißung, die in ihm angelegt ist.«
    Vendanji nickte zustimmend. »Das Wagnis ist aber notwendig. Dem, was uns in künftigen Zeiten erwartet, müssen sich diejenigen stellen, deren Leben an sich schon ein Geschenk des Allwillens ist. Wir können das über niemanden wissen, der noch nicht am Tillinghast gestanden hat, und jeder, der den Felsen wieder verlässt, hat sich vielleicht nicht mehr als einen schicksalhaften Tod verdient, wenn der Weiße aus seinem Grab entkommt.«
    Elan sah ernüchtert auf. »Und doch verlangt Ihr von diesen Menschen hier, sich die Erinnerung und die Konsequenzen all ihrer Entscheidungen zurückgeben zu lassen, damit Ihr Euch von ihrer Würdigkeit überzeugen könnt?«
    Der Sheson sah den Fernkönig stirnrunzelnd an. Elan wich nicht zurück, aber ein unbehaglicher Ausdruck trat auf sein Gesicht. Vendanji erwiderte seinen Blick starr und mit grimmiger Entschlossenheit.
    Tahn fühlte sich angesichts der immer weitergehenden Enthüllungen hinsichtlich seiner Rolle auf der Reise zum Fels der Erneuerung ein wenig betrogen. Er hatte sich noch nie gern hinters Licht führen lassen, noch nicht einmal, wenn es um Überraschungsgeschenke ging. Aber das Feuer in Vendanjis Augen war unbarmherzig und verriet kein Mitgefühl angesichts der Opfer, die gebracht werden mussten.
    Ein Donnergrollen hallte in der großen Halle wider.
    »Mit Verlaub, Sheson«, sagte Elan schließlich, »ich zweifle nicht an Euren guten Absichten, aber in unserer eigenen Geschichte gab es mehr als nur ein paar, die in den Bergen, die sich aus dem Soliel erheben, ums Leben gekommen sind. Ihre Schönheit ist wild und trügerisch. Was dort gedeiht, ist für Menschen nicht essbar, und das Leben, das sich davon nährt, ist aus Spalten und Löchern hervorgekrochen, in denen das Schöpfungswerk unvollkommen ist.«
    »Wie kann das sein?«, warf Wendra ein. Tahn zuckte bei der plötzlichen Einmischung dieser neuen Stimme zusammen und sah, als er sich umdrehte, Besorgnis in den Augen seiner Schwester. »Die Lebenszyklen sind so beständig und verlässlich wie der Umlauf des Hohen Lichts. Die Bergkatze ist ein wildes Raubtier, aber doch Teil des Gleichgewichts, auch wenn sie tötet.«
    Elan wandte sich Wendra zu. »Unvollkommen nur deshalb, Anais, weil der Wandel und das Wachstum in den Bergen in der Nähe des Tillinghast nicht für Euer Überleben geeignet sind. Neues Leben wird dort aus den Nebeln und der Wirkmacht, die ihnen innewohnt, geboren. Es ist die Ironie des Tillinghast, dass er benutzt wird, um festzustellen, ob jemand im Gleichgewicht ist, und doch zugleich von einem Gelände umgeben ist, das die Harmonie des Menschen bedroht.« Elan sah wieder zu der Wand hinüber, die den Bergen im Norden zugewandt lag. »Tillinghast«, flüsterte er. »Wir kennen seinen Zweck nicht

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