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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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hierher begleitet hatte.
    »Danke, Sekretär Bridgoe«, sagte sie so leise, dass ihre Worte kaum an Tahns Ohren drangen.
    »Sie sind zusammengekommen, als wir von Eurer Rückkehr in den Soliel erfahren haben. Man erwartet Euch«, erwiderte der Sekretär.
    Tahn und die anderen stiegen ab, und der Fern nahm auch ihre Zügel und brachte die Pferde fort, während Mira Vendanji und die anderen mit langsamen, aber zielstrebigen Schritten zu dem großen Gebäude führte. In der Nähe der Steinmauer beugte sie ein Knie, neigte den Kopf in Richtung der inneren Halle und verharrte für eine Zeitspanne, die Tahn lang erschien, in dieser ungeschützten Haltung.
    Als sie weitergingen, klang es wie Kleiderrascheln, und Tahn hatte den Eindruck, dass sie alle auf Zehenspitzen liefen, um das Klappern der Stiefelabsätze so gering wie möglich zu halten. In den stillen, unendlich tiefen Schatten herrschte noch Nacht.
    Mehrere Schritte weiter stiegen sie eine Treppe hinauf in ein Zwischengeschoss. Im Licht großer Lampen erhaschte Tahn einen Blick auf lange Regalreihen. Die hohen Bücherschränke warfen große, quadratische Schatten auf die gewölbten Decken über ihnen. Vor ihnen lagen mehrere geschlossene Türen. An jedem Portal hing eine andere Waffe, als sollte sie anzeigen, was man in dem jeweiligen Raum finden konnte.
    Gleich rechts von Tahn wurde eine große Wand von einer riesigen Landkarte eingenommen, die sich vom Boden bis zur Decke erstreckte. In enger, eleganter Schrift waren Namen darauf verzeichnet, und Tahn entdeckte Städte, von denen er nie gehört hatte, und das, obwohl diese Orte noch näher an Helligtal lagen als Myrr. Neben allen von ihnen fand er Daten. Tahn sah die Namen von Schlachten, Kriegen und Anführern, deren Vermächtnis bisweilen noch in den Geschichten weiterlebte, die zu Nordsonn oder spät nachts erzählt wurden, wenn der Gedanke an die eigene Sterblichkeit selbst kleine Jungen überkam.
    Calem Fersenstein an der Shalinhöhe im Krieg des Ersten Eides; Vancet Jonasilith I’Nesbitt, der Fürst von Nallan, der Severens gehalten hatte, während sein Volk nach Süden geflohen war; Olan Forants Name stand neben dem Gefecht in Süd-Malort. Und noch weitere, so viele, dass die Landkarte dicht gedrängt mit Tinte überzogen war. Einer allein war in Rot verzeichnet: Kieronit Dalo, dessen Name den Rand der Berge beherrschte, die zwischen Naltus und dem Soliel lagen. Der Nachname zeigte im letzten Federstrich einen langgezogenen Schnörkel, der das Geschlecht bezeichnete – eine Frau, wie Tahn schloss, indem er in der Nähe von Decalam Helainas Namen suchte und fand. Diese Kieronit hatte sich mit dem, was sie getan hatte, eine herausragende Stellung erworben, und ihr Name war der vorletzte, der vor der Markierung der Saeculoren noch zu sehen war.
    Ein letzter Name stand dort noch: Elan. Dieser schien erst kürzlich eingetragen worden zu sein und ging weit im Norden in die Zeichnung der Saeculoren über. Anscheinend hatte dort eine Schlacht stattgefunden, und dieser Fern, Elan, hatte seine Leute zum Sieg geführt – sein Name war sogar an mehreren Stellen am oberen Ende der Karte verzeichnet.
    Tahn überflog die scharfen Einschnitte und gezackten Linien, bis er eine letzte lesbare Beschriftung erspähte, in der er den Fels der Erneuerung zu finden meinte. Aber die Bezeichnung, die dort stand, war keine, die Tahn kannte. Er starrte sie im schwachen Licht an und bemühte sich, sie zu entziffern. Dort, in die entfernteste Ecke der Karte gekritzelt, standen zwei Wörter: Rudierd Tillinghast .
    Allein beim Lesen durchliefen Tahn heiße Schauer. Dann und wann hatten fahrende Spielleute, die nach Helligtal gekommen waren, ihre Lieder gespielt und die edelsten Eigenschaften, die Tahn sich vorstellen konnte, heraufbeschworen, um zu beschreiben, welchen Wert es hatte, sein Leben für die Freiheit hinzugeben. Mehr als einmal hatte A’Posian sich bei einem Fest für sie hingesetzt und laut die Früchte seiner Feder vorgetragen, so dass seine Worte über das Feuer hinweg erklungen waren und in Tahns Kopf Bilder erweckt hatten, bei denen sich ihm die Nackenhaare aufgestellt hatten. Und als Tahn zum ersten Mal einen Bar’dyn gesehen hatte – den, dessen grobe Hände gewiegt hatten, was er dem Schoß seiner Schwester hatte entreißen können –, hatte auch das heftige Gefühle in ihm hervorgerufen.
    Die Regung, die diese Worte am Rand der Karte der Fern in ihm auslösten, war stärker als alle vorgenannten

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