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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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für dich.«
    »Es war nicht einfach …«, begann Grant und wusste nicht weiter.
    Tahn hatte kein Mitleid. »Du hast mir meine Kindheit gleich zweifach gestohlen: einmal, als du sie missbraucht hast, um mich zu deinen eigenen Zwecken auszubilden, und dann noch einmal, als du sie mir aus dem Verstand gelöscht und mich weggeschickt hast. Wenn ich zum Tillinghast gehe, dann ist das nur dem Anstand eines anderen Mannes zu verdanken, nicht den Geheimnissen und Lügen eines Verbannten.«
    Grant stand einen Moment lang so da, als ob er versuchen wollte, noch etwas zu sagen, aber am Ende ging er einfach davon.

30
    Makel
    D er Wind vertrieb die Wolken aus den Saeculoren und ließ Tahn und die anderen in zermürbender Kälte unter einem klaren Himmel zurück. Zwei Tage lang zogen sie tiefer in die Berge, begleitet von einem Ächzen, das ebenso sehr ein Beben unter ihren Füßen wie eine Warnung für ihre Ohren war. Die Berge selbst schienen ihnen Widerstand zu leisten und sich dem Vorhaben entgegenzustellen, zu dessen Ausführung Vendanji seine Begleiter hierhergebracht hatte.
    Die meiste Zeit über blieb Tahn schweigend für sich. Er war nicht umgekehrt, aber er hatte sich auch noch nicht entschieden, ob er zum Fels der Erneuerung gehen würde, und er wollte von niemandem einen diesbezüglichen Ratschlag annehmen.
    Am Morgen des dritten Tages erstrahlten auf einer Schneedecke im schimmernden Tageslicht glitzernde Punkte aus reflektierten Sonnenstrahlen wie Juwelen. Der reine, helle Anblick linderte ein wenig die Verdrossenheit, die auf ihnen allen lastete, seit sie in die Saeculoren vorgedrungen waren. Irgendwie schien diese Helligkeit von einem neuen Zeitalter zu erzählen, in dem Samen, die bisher geschlafen hatten, aufkeimen und einen neuen Zyklus in Gang setzen würden.
    Zum ersten Mal seit ihrem Kuss suchte Tahn Miras Gesellschaft. »Wir sind bald da, oder?«
    Sie fuhr fort, mit Blicken die Baumgrenze abzusuchen. »Ja. Und wie geht es dir?«
    Ein bitteres Lächeln umspielte Tahns aufgesprungene Lippen. »Ich bin immer noch auf dem Weg zum Tillinghast.«
    »Ich habe deine Schreie auf der Klippe über dem Soliel gehört und dem Sheson Fragen gestellt. Es gereicht dir zur Ehre, dass du auf diesem Weg geblieben bist.«
    »Ich bin nicht umgekehrt«, stellte Tahn eilig richtig, »aber ich weiß auch nicht, ob ich zum Fels der Erneuerung gehen kann, Mira. Ich versuche, es zu verstehen …«
    »Das ist alles, was man von dir verlangen kann, Tahn. Aber ich vertraue darauf, dass du deinen Weg finden wirst. In dir steckt viel mehr als der Jäger, der Helligtal verlassen hat. Das habe ich gesehen.« Sie lächelte. »Und nicht nur unter einer Ferndecke.«
    Tahn lachte zum ersten Mal seit längerer Zeit, als er sich erinnern konnte. Dann sah er zu Boden. »Wird der Schnee es den Stilletreuen nicht leicht machen, uns zu verfolgen oder zu hören?« Tahn war häufig unmittelbar nach einem winterlichen Schneefall, der das Jagen erleichterte, in den Helligwald aufgebrochen.
    »Ja, aber es ist kein Geheimnis, wohin wir wollen. Die Bar’dyn wissen es. Die Velle haben ihren Spähern gewiss geraten, einen günstigen Ort für den Kampf auszuwählen.« Sie ließ den Blick über den zarten grünweißen Teppich aus Kiefern und Schnee schweifen, der sich unter ihnen ausbreitete. »Und du, Tahn, hast dich geopfert, indem du den Bar’dynkundschaftern gezeigt hast, auf wen von uns es ankommt.«
    »Wie meinst du das?« Tahns Atem bildete Wölkchen in der Luft.
    »Als die Stilletreuen neulich über uns hergefallen sind, hast du ihnen gezeigt, dass du dir bewusst bist, was in dir steckt, als du mit dem Bogen ohne Pfeil auf sie geschossen hast. Sie werden nicht zögern, uns alle zu töten.« Sie hielt inne und schien darüber nachzudenken, ob sie noch mehr sagen sollte. »Aber ich glaube, sie werden dich gefangen nehmen wollen, um deine Begabungen im Interesse derer einzusetzen, die im Born lauern … im Interesse von Quietus selbst.«
    Die unbeantworteten Fragen aus ihrer gemeinsamen Nacht in Naltus fielen ihm mit neuerlichem Zorn wieder ein. »Ich bin diese Einschüchterung durch Geheimnisse leid. Wenn die Stille mich will, dann sag mir, warum. Weshalb kommen ein Sheson und eine Fern nach Helligtal, um einen Jäger zu suchen? Es muss doch an mehr als an meiner Verbindung mit dem Willen liegen. Und was erwartet uns am Tillinghast? Habe ich nicht das Recht, das zu erfahren?«
    Tahns letzte Worte hallten über den Baumwipfeln unter ihnen wider und

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