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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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lang, sah sich wieder nach seinem Freund um und fragte sich, ob der Rübenbauer den Besitzer der Stiefel gesehen hatte, die sie hörten. Seine Haut kribbelte, und die Kälte des Fußbodens drang ihm in die Knochen. Als er, wie ihm schien, eine längere Zeit nichts mehr gehört hatte, nahm er Sutter an die Hand und zog ihn unter dem Bett hervor. Er sah sich vorsichtig im Zimmer um und richtete sich dann auf die Knie auf. Gemeinsam erhoben sie sich, und Tahn hatte gerade begonnen, Sutter ins Bett zu helfen, als dieser zu Boden stürzte und Tahn mit umriss.
    Sutter keuchte und deutete zum Fenster. Tahn blickte sofort auf, sah dort aber nichts.
    »Was?«, fragte Tahn; es klang lauter, als er beabsichtigt hatte.
    »Siehst du es nicht?«, schrie Sutter. »Bei allen Himmeln meines Lebens, Tahn, lass nicht zu, dass sie mich holt.« Sutter begann davonzukriechen, und der Mantel glitt ihm von den Schultern. Er stand auf, die nackte Haut von einer Gänsehaut überzogen, und hob die Hände, um nichts als das fahle Mondlicht abzuwehren, das sich durchs Fenster ergoss. Er öffnete den Mund zu einem stummen Schrei. Tahn richtete die Aufmerksamkeit wieder auf das halb geöffnete Fenster, das zu summen begann, als ob der Boden von der Flucht schneller Pferde erschüttert würde. Ein dünner Nebel drang über das Fensterbrett in den Raum und auf den Boden. Tahn zog sich hastig zurück und stieß gegen Sutters Beine, aber er konnte immer noch niemanden sehen.
    Der eiskalte Nebel leckte an Tahns Zehen und waberte über die Dielen. Tahn versuchte aufzustehen, aber seine Beine waren so schwach, dass er erneut stürzte. Binnen eines Augenblicks riss Sutter sich aus seiner Furcht los. Er wirbelte herum, packte die Laterne, die auf dem Tisch stand, und schleuderte sie Richtung Fenster. Mit einem lauten Krachen barst die obere Scheibe nach außen, so dass eine Flut von Scherben auf dem Fensterbrett niederging und das zerbrochene Glas klirrend auf dem harten Boden im Freien landete. Ein Windstoß wand sich durch den zerschmetterten Rahmen, als Gehone, nur mit einem Nachthemd bekleidet, die Tür aufriss und ins Zimmer trat. Vor der Brust hielt er einen großen Streithammer, dessen Heft seine Hände mit geübtem Griff umfassten. Er warf einen kurzen Blick auf Tahn und Sutter, bevor er über sie hinweg zum Fenster stieg, wo kleine Glassplitter in der Luft tanzten wie Baumwollsamen auf einer Sommerbrise. Mit einer leichten Bewegung aus dem Handgelenk heraus ließ er den Hammer geübt kreisen und hob dann einen Arm mit der Waffe. Er wies mit der leeren Handfläche zum Fenster und ging in die Hocke, bereit, mit gleichmütiger Miene jeden Eindringling zu empfangen. Seine Beinmuskeln traten hervor, und seine kräftigen Hüften waren bereit, jeden Schlag abzufedern. Gehone wartete wie eine Katze auf dem Sprung, aber der Nebel löste sich auf. Der Wind pfiff hinaus in die Dachrinne und war dann verschwunden.
    Sobald er nicht mehr da war, stürzte Sutter zu seinem Schwert und hielt es an die Brust gezogen. Tahn hob seinen Mantel auf und hüllte sich schamhaft hinein. Gehone wagte sich vorsichtig bis ans Fenster vor und musterte die Verwüstung. Als er sich umdrehte, sah er Sutter ausdruckslos an. »Zieht euch etwas über und sammelt eure Sachen ein. Ich bringe euch beide nach oben.«
    Tahn erschauerte in der Kälte, die sich noch immer nicht verflüchtigt hatte.
    Gehone trat auf ihn zu. »Brauchst du Hilfe?«
    Tahn nickte. Ein stämmiger Arm packte ihn um die Taille. »Für heute Nacht lasse ich es gut sein, meine Jungen, aber morgen früh brauche ich mehr Antworten von euch. Nichts klingt so verdächtig wie die Wahrheit, und die muss ich voll und ganz kennen, wenn mein Kommandant mich aufsucht. Verstanden?«
    Wieder konnte Tahn nur nicken. Sutter hatte, immer noch nackt, seine Habseligkeiten an sich genommen und wartete, den Blick auf die zerbrochene Glasscheibe gerichtet, darauf, in ein neues Zimmer geführt zu werden.

5
    Enthüllungen auf Pergament
    I m Licht des heraufdämmernden Morgens lag Wendra still da, lauschte dem Gesang der Vögel hoch in den Bäumen und der tiefen, melodiösen Nachahmung dieser Lieder, die der Ta’Opin sang, während er sein Bettzeug zusammenpackte und seine Zugtiere anschirrte. Der Geruch nach Morgentau und Kaffee lag in der Luft; Letzterer war ein Abschiedsgeschenk von Shanbe. Für den Augenblick ließ Jastail Wendra in Ruhe. Er sattelte die Pferde und heuchelte weiter Freundschaft mit Penit. Wendra versuchte, das alles

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