Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
weiteren Salve, während die Bar’dyn versuchten zu fliehen. Pfeile hagelten auf ihre Rücken und Beine ein. Diejenigen Bar’dyn, die sich noch rühren konnten, huschten in die Nacht davon, aber die Velle hielten stand und umklammerten weiter ihre menschlichen Gefäße, um ihnen noch mehr Forsa abzuzapfen.
Als Braethen sich umdrehte, sah er Grant und acht junge Leute mit gespannten Bögen hinter sich stehen und zielen. Vendanji legte die Hände aneinander und ließ eine helle Lichtkugel aufsteigen, um die gesamte Umgebung zu erleuchten. Die Jugendlichen schnappten bei dem Anblick, der sich ihnen bot, nach Luft. Braethen drehte sich im Morast um, und da sah auch er es: Die Menschen, die die Velle umklammerten, um ihnen ihre Forsa abzuzapfen, gehörten zu Grants Mündeln. Die ersten beiden waren bereits gefallen; die anderen schienen noch am Leben, aber fest in den skelettartigen Händen der Stilletreuen zu sein.
»Eure Brüder«, sagte Grant gemessen. Einige der jungen Leute blickten ihn mit entsetzter Miene an, während andere nur ernst nickten. »Seht euch an, was aus ihnen wird. Das ist eure Gnade.« Er hob den eigenen Bogen und zielte.
Die Velle waren dabei, aus denen, die sie hielten – ihren letzten Forsa-Gefäßen –, irgendeinen dunklen Nutzen zu ziehen.
Als Grant gerade »Schießt!« rief, zogen die Stillelenker das letzte Leben aus den Mündeln, die sie umklammert hielten. Bevor noch mehr geschehen konnte, verschwanden sie wie Schatten, wenn die Sonne über einer kahlen Ebene aufgeht. Mehrere Pfeile zischten über das Mal und segelten hoch durch die Nacht, ohne Schaden anzurichten. Die beiden jungen Leute sanken in sich zusammen, als die Hände der dunklen Abgesandten verschwanden.
Braethen setzte sich müde in den Schlamm. Seine Beine waren so schwach, dass er nicht mehr stehen konnte. Mehrere von Grants Mündeln entfernten sich, um ungestört zu trauern, während andere sich zu ihren gefallenen Brüdern begaben. Andere wiederum untersuchten die Leichen der toten Bar’dyn.
Als Braethen sich etwas erholt hatte, stapfte er aus dem Morast hervor, um selbst zu sehen, was Vendanji mit dem ersten Bar’dyn angestellt hatte, gegen den er gekämpft hatte. Schon als er sich dem Leichnam näherte, spürte Braethen die Eiseskälte, die davon ausging. Der Boden ringsum war weiß vor Frost. Braethen nahm an, dass der Sheson alle Flüssigkeiten im Körper des Ungeheuers mit einer bloßen Handbewegung hatte gefrieren lassen. Als er sich umdrehte, sah er Mira in die Dunkelheit rennen; die Fern überraschte ihn mit ihrer unbegrenzten Energie immer wieder aufs Neue.
Vendanji hatte sich aus dem Morast hervorgearbeitet und kniete dort, wo die Velle gestanden hatten, um die ausgemergelten Leichen von Grants gefallenen Pflegekindern zu untersuchen. Grant stellte sich neben den Sheson, während Braethen an Vendanjis andere Seite trat.
Sie starrten die leblosen Körper an.
»Das waren die deinen«, sagte Vendanji schwer atmend. Der Sheson gab schließlich seiner Erschöpfung aus dem Kampf nach und setzte sich auf den Boden.
»Sie waren schon tot«, erwiderte Grant. Der Mann aus dem Mal sprach mit einer Unverblümtheit, die Braethen eiskalt werden ließ, selbst nachdem er gerade den Velle entgegengetreten war. Dann zog er ein Pergament aus der Satteltasche seines Pferdes und reichte es Vendanji. »Ich habe deine Namensliste durchgelesen … bis hin zum letzten Eintrag. Du hast gewonnen, Sheson«, sagte Grant. »Ich komme mit euch nach Decalam. Es sind alte Schulden zu begleichen. Aber ich bin nicht mehr der Mann, der ich war, als ich von dort aufgebrochen bin. Du tätest gut daran, das denen mitzuteilen, die vielleicht feindselig auf meinen Anblick reagieren.«
Vendanji nickte, den Blick noch immer auf die toten Jugendlichen gerichtet. Dann legte sich der Sheson hin, um sich auszuruhen. Er genehmigte sich ein Kräuterzweiglein, sah aber nicht viel anders aus als der Leichnam, neben dem er lag.
Tausend Fragen tobten in Braethens Verstand, aber sein Sheson brauchte Ruhe. Er wachte lange über ihn, dachte nach und stellte sich selbst Fragen. Unterdessen reinigte er irgendwann sein Schwert. Als Vendanji wieder aufstand, orientierten sie sich am Licht des Hundssterns und brachen nach Decalam auf.
8
Die Edukation von Decalam
T ahn und Sutter reisten drei Tage lang nach Norden und kamen nun häufiger durch Städte. Wann immer sie sich einem Ort näherten, wich erst Holz Stein, dann Stein Ziegeln. Und so häufig sie
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