Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
Öllampe entzündeten. Heute würde es keine Zeremonie geben. Der Geruch der Öfen, in denen Gänse und Lämmer brieten und Gemüsepasteten und Früchte in Honig und Zimt gar wurden, gehörte nicht hierher; stattdessen stank es nach alten Steinen, menschlichen Ausscheidungen und seinem eigenen Schweiß, der seine Haut überzog und seine Kleider tränkte. Keine Menschenmenge nahm an seinem Einstand teil, weder seine Freunde noch andere Dorfbewohner – nur ein Mitgefangener, ein Mann, der hätte fliehen können, aber nicht willens war, seine Kräfte einzusetzen, um sich zu befreien.
Welche Entscheidungen habe ich getroffen, dass sie mich hierhergebracht haben? An diesem Tag meines Lebens habe ich nichts von dem, was ich mir immer erhofft habe.
Tahn begann die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass er hier sterben würde, bevor Vendanji oder die anderen ihn fanden. In der Nähe lag Rolen, ein Sheson des Ordens, ein starker Mann, dessen Arme nun zu erschöpft waren, um sie länger als für einen Augenblick erhoben zu halten. Wenn der Sheson sich so schnell der Pforte des Todes näherte, dann würde Tahn Rolen vielleicht binnen einer Woche in der Erde Gesellschaft leisten.
In seiner Einsamkeit aus Dunkelheit, Kälte und Schmerz war dieser Gedanke tröstlich und stillte seinen Durst wie ein kühles Getränk nach einem Tag harter Arbeit. Doch in seiner Erschöpfung schien sogar schon der Tod zu viel verlangt zu sein. Tahn lehnte den Kopf gegen die Wand und wartete resigniert. Er gab alle Erwartungen auf, ohne es bewusst darauf angelegt zu haben; hinter so vielen Barrieren kamen sie ihm jetzt unbedeutend vor.
Das Geräusch eines Schlüssels, der in ihrer Zellentür die Stifte im Schloss bewegte, hallte zu ihm herunter. Tahn blickte auf und sah durch das Fenster einen Gefängniswärter. Die Tür schwang nach innen auf, und ein größerer Lichtkegel fiel in die Zelle. Die Helligkeit schmerzte ihm in den Augen, und er beschirmte sie. Der erste Mann, der hereinkam, trug ein Tablett mit Brot und einer Karaffe. Ein zweiter Wachsoldat, der einen kurzen Speer in der Hand hielt, erschien. Der Mann, der die Tür geöffnet hatte, hängte sich die Schlüssel wieder an den Gürtel und zog ein kurzes Schwert, während er den anderen zu Tahn und Rolen folgte.
Ihre gestiefelten Füße trafen laut am unteren Ende der Treppe auf. Der erste Mann näherte sich Tahn vorsichtig und bückte sich, um das Tablett dann unmittelbar hinter einer Linie abzustellen, die mit Kreide auf den Boden gezeichnet war, um zu markieren, wie weit die Kette reichte. Tahn starrte das Brot und die kleine Karaffe an und hob dann den Blick, um dem Wärter in die Augen zu sehen, der immer noch gebückt vor ihm stand. Die Lippen des Mannes verzogen sich zu einem irren Lächeln. Mit quälender Langsamkeit begann er, die Karaffe umzukippen. Tahn wurde klar, dass es vielleicht mehrere Tage lang nichts mehr zu trinken geben würde, und sein Herz hämmerte in der Brust. Der Wärter neigte die Karaffe weiter, bis sie fast überschwappte, und musterte Tahn mit boshaftem Entzücken. Die beiden Männer hinter ihm begannen zu lachen.
Tahn stieß sich von der Wand ab und fiel auf die Brust. Er schürfte sich die Wange auf dem Steinboden auf, was donnerndes Gelächter von seinen Wärtern hervorrief. Die Finger des Mannes neigten die Karaffe noch weiter, bis sie beinahe umstürzte. Tahn mühte sich ab, vorwärtszukriechen. Seine Muskeln überdehnten sich, da sie verkrampft vor Kälte und noch mit Blutergüssen von den Prügeln übersät waren, die er bezogen hatte.
»Komm, rette dies bisschen Wasser, Bogenschütze«, verhöhnte ihn der Mann. »Wie flink bist du? Kannst du die Karaffe schnell genug erreichen, um zu bewahren, was sie enthält?«
Tahn arbeitete sich mit Armen und Beinen ab; er hatte Schwierigkeiten, die Knie zu beugen. Er schleppte sich auf den Mann zu, so dass das Klirren seiner Ketten fröhlich den misstönenden Klang des unaufhörlichen Kicherns der Wachen begleitete. Die Handschellen rissen ihm von neuem die Handgelenke auf, aber Tahn beachtete die Wunden gar nicht, sondern konzentrierte sich auf das Wasser. Es musste ein Spiel sein, das sie ständig spielten, aber Tahn wusste nicht, ob er am Leben bleiben würde, um es noch einmal zu spielen, wenn er die Karaffe jetzt nicht erreichte. Tief hinter seinen Augen brandeten Gefühlswellen auf ihn ein. Vielleicht war es ihm doch wichtig, nicht zu sterben. Warum sonst sollte er kriechend auf dieses sadistische
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