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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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einer anderen Art, den Eid zu betrachten. Was hat das zu bedeuten?«
    Malick zog eine Augenbraue hoch. Braethen fragte sich, ob der Mann beeindruckt oder argwöhnisch war. »Der Orden wurde vor unzähligen Jahren gegründet, und zwar als ein Weg zu dienen. Aber da die Welt sich ständig weiterentwickelt, besteht nicht immer Einigkeit darüber, wie man dienen soll. Der Schleier des Borns wird dünn, und Verrat lockt Quietus an wie nie zuvor. Die Eigensucht wird den Menschen zum Verhängnis, wie etwa der Liga, wenn sie es verbietet, hier in Decalam aus dem Willen zu schöpfen, oder den Völkern, die ihr Schweigen der stummen Stimme des Weißen hinzufügen. Angesichts dieser Veränderungen versehen manche Sheson weiterhin geduldig ihren Dienst so, wie Rolen es getan hat, und nehmen hin, was auch immer das Volk ihnen abverlangt – und sei es auch ein Gesetz, das ihnen den Gebrauch ihrer Gabe verbietet. Ich bewundere Rolen, Braethen.« Malicks Gesicht hellte sich auf, als er sich umwandte, um ins Mondlicht zu blicken. »Seiner Standhaftigkeit wohnt ein gewisser Mut inne. Er hat beschlossen, seinen Bund als einen zu betrachten, der im Einklang mit den Gesetzen des Volkes geschlossen ist, dem er dient.«
    Braethen sah zur Decke auf; jenseits davon ruhte Vendanji sich aus. »Und was ist mit Vendanji?«, fragte er. »Ist er seinem Bund nicht treu?«
    »So etwas solltet Ihr nie sagen«, entgegnete Malick vorwurfsvoll, doch sein strenger Gesichtsausdruck verschwand bald wieder. »Manche dienen so wie Rolen, aber andere glauben, dass es ihrem Eid entspricht, dafür zu sorgen, dass geschieht, was für die Welt am besten ist, für heute und für alle kommenden Himmel. Das tun sie ungeachtet der Gesetze und der Ungnade jener, denen sie dienen. Von ihnen sagt man, dass sie geben, ›was nötig ist, nicht aber, was für nötig gehalten wird‹.«
    »Aber wer entscheidet, was nötig ist?«, fragte Braethen fast an sich selbst gewandt, während er über die Frage nachdachte.
    »In der Tat. Das ist der Zwiespalt, den wir fürchten.« Malick richtete den Blick wieder auf Braethen und musterte ihn eindringlich. »Aber wir stehen einem Sheson bei, Braethen, ganz gleich, für welche Art des Dienstes er sich entscheidet. Das ist unsere Berufung: in die Bresche zu springen, um so einem Sheson die nötige Zeit zu verschaffen, sein eigenes Opfer zu bringen.«
    Braethen schüttelte den Kopf. »Was, wenn ihre Taten ihre Absichten nicht klar erkennen lassen? Und was soll man tun, wenn zwei Sheson gegeneinander stehen?«
    »Das ist noch nie geschehen und wird auch nicht geschehen. Was ein Mann des Willens tut, wird von jedem anderen Mann des Willens mit Leichtigkeit als Akt der Hoffnung erkannt. Wenn es anders wäre, wäre er kein Sheson mehr, sondern würde mit einem weit düstereren Namen belegt werden.« Malick dachte darüber nach. »Aber vielleicht ist es sogar noch einfacher. Wenn es ein Akt der Gier oder des Hochmuts wäre, würde er gar nicht erst die Gesellschaft anderer Sheson suchen. Das wäre seinem Geiste nicht gemäß.«
    »Dann ist Vendanji ein Sheson der zweiten Art?«
    »Und zwar ein sehr mächtiger. Ich habe andere Sheson sagen hören, dass sie über seine Begabung staunen. Die Macht, den Willen zu lenken, wird denen übertragen, die man für würdig hält, aber sie ist nicht bei jedem gleichermaßen ausgeprägt. Vendanji versteht die mächtige Mischung aus Forda I’Forsa so mühelos, wie Ihr oder ich atmen. Ich vertraue ihm blind, aber sein Weg ist einer, den einzuschlagen nicht unbedingt weise ist. Wenn er einen anblickt, sieht er am Fleisch und am Geist vorbei die Seele an – die Vermählung von Forda I’Forsa.«
    Braethen erinnerte sich an hunderte von Blicken, mit denen der Sheson ihn bedacht hatte, und fragte sich, was Vendanji durch sie über ihn in Erfahrung gebracht hatte. Er erinnerte sich an seine Gefühle, als Vendanji sich bereitgemacht hatte, zu ihrer Verteidigung aus dem Willen zu schöpfen, und an die Worte, die ihm unwillkürlich selbst über die Lippen gekommen waren, als Gefahr und Not über sie hereinbrachen: Ich bin ich . Bei dem Gedanken an diese Worte durchliefen ihn Schauer. Verkündigung. Trotz. Gewissheit. Braethens Herz regte sich, und er verstand den Tonfall, den Malick angeschlagen hatte, wenn er sich in Miras und Grants Anwesenheit an Vendanji gewandt hatte. Ihm wurde die Offenbarung zuteil, dass alles nur einem einzigen Zweck diente und in den schlichten Satz mit einfloss, der ihm allein

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