Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Erna hielt ihm aufrecht die Zeitung unter die Nase und fragte ihn, ob er damit etwas zu tun habe.
    »Womit?« brummte er mit schwerem Kopf.
    »Lies!« sagte sie, auf den Artikel über Johnny Miller aus Amerika zeigend.
    Pauls Blick fiel auf das Foto seiner Söhne.
    »Das sind ja Karl und Willi«, erkannte er erstaunt.
    »Lies!« wiederholte Erna.
    Das war an diesem Morgen gar nicht so einfach für Paul, aber als er es dann doch geschafft hatte und das Blatt sinken ließ, wiederholte Erna ihre Frage, ob er damit etwas zu tun habe.
    »Nein«, beteuerte er.
    Sie könne nicht glauben, erklärte daraufhin Erna, daß Karl und Willi ihnen das allein eingebrockt hätten.
    »Was regst du dich eigentlich so auf?« fragte Paul, nur langsam ganz zu sich kommend.
    »Was ich mich so aufrege?« wiederholte Erna erzürnt. »Ist das nicht sonnenklar? Hast du nicht gelesen, was da steht?«
    »Doch«, sagte Paul und las die Zeilen noch einmal.
    Nun fiel auch ihm auf, daß da von den Millionen des Mister Johnny Miller alias Johann Müller die Rede war.
    Erna richtete an ihn die Frage: »Begreifst du, in welcher Situation wir uns befinden? Da steht auch, daß es für Rheinstadt ein Segen wäre, wenn sich ein solcher Mann als ehemaliger Deutscher zu Investitionen in der heimischen Wirtschaft bereit fände. Die Bevölkerung würde ihm dafür immerwährenden Dank schulden.«
    »Das würde sie doch auch«, meinte dazu Paul, sich über die Stirn wischend.
    »Paul!!«
    Er blickte, den Kopf einziehend, seine erboste Gattin an.
    »Wieviel habt ihr getrunken?«
    Pauls Antwort war nicht präzise.
    »Das meiste trank er, Erna.«
    »Sicher«, sagte sie ironisch. »Und du hast ihm nur zugeguckt.« Sie riß ihm die Zeitung aus der Hand und fuhr fort: »Mein Gott, was mag er von uns denken! Er muß doch glauben, daß das alles von uns stammt!«
    »Wir werden ihm sagen, daß das nicht der Fall ist.«
    »Und das Foto von unseren Söhnen, wie willst du ihm das erklären?«
    Wegen dieses Fotos benötige er selbst noch eine Erklärung von den beiden, erwiderte er.
    Karl und Willi hatten das Haus bereits verlassen. Willi war mit dem Rad in die Schule gefahren, Karl zu seiner Konditorei, in der er das letzte Jahr lernte. Erna hatte erst nach dem Frühstück für die beiden in die Zeitung geguckt. Die haben schon gewußt, warum sie mir nichts gesagt haben, dachte sie nun.
    Eine Stunde später kam Onkel Johann von oben herunter ins Erdgeschoß, war vollständig angezogen, schien putzmunter, wünschte Erna einen guten Morgen und fragte sie, wo Paul sei.
    »Schon bei der Arbeit«, entgegnete sie. »Warte, ich hole ihn …«
    Als sie mit Paul zurückkam, hörten die beiden schon durch die geschlossene Tür des Raumes, in dem Onkel Johann saß, daß er laut lachte. Den Grund dazu bot ihm anscheinend die Zeitung, die er auf dem Tisch entdeckt hatte.
    Paul und Erna, die dies, über die Schwelle tretend, bemerkten, bekamen rote Köpfe.
    »Eure Boys«, grinste Onkel Johann, »sind echt fotogen.«
    »Der Teufel soll sie holen!« stieß Paul hervor.
    »Warum?«
    »Du darfst nicht glauben, daß wir beide« – Paul zeigte auf sich und Erna – »von dieser Schweinerei etwas gewußt haben.«
    »Wirklich nicht!« bekräftigte Erna.
    »Wieso Schweinerei?« fragte Johann.
    Paul und Erna blickten einander teils verblüfft, teils schon ein bißchen erleichtert an.
    »Du bist nicht böse?« antwortete Paul.
    »Wieso denn?« Onkel Johann winkte geringschätzig mit der Hand. »Ich weiß doch, was sich die Presse ständig zusammenschreibt. Ihr müßtet mal amerikanische Verhältnisse kennenlernen.«
    Und damit schien er die Sache als erledigt zu betrachten. Auch die Millionen, die man ihm zugeschrieben hatte, störten ihn nicht mehr.
    »Erna«, sagte er, »ich möchte eher dich fragen, ob du mir böse bist.«
    »Ich dir? Ich bitte dich! Warum?«
    »Weil ich dir heute nacht den Schlaf geraubt habe.«
    Das stimmte, aber Erna lächelte und sagte: »Nicht, daß ich wüßte.«
    »Erna, schwindle nicht, ich kann mich mit beschämender Deutlichkeit daran erinnern, daß ich die ›Wacht am Rhein‹ gesungen habe.«
    Erna konnte nicht mehr an sich halten, sie lachte laut heraus.
    »Die ›Wacht am Rhein‹ war das?« sagte sie dabei. »Ich dachte, ein Lied aus Oklahoma oder Kentucky.«
    Johann blickte in gespielter Erschütterung Paul an und fragte ihn: »Dachtest du das auch?«
    »Nein, keineswegs, Onkel Johann.«
    »Dann kann ich mir den Fall nur so erklären, daß deine Frau absolut

Weitere Kostenlose Bücher