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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wein, das laß sein …‹
    ›Wein auf Bier, das rat' ich dir …‹
    Die Reihenfolge stimmte also heute bei ihm, er hatte deshalb keine Bedenken, den drei Gläsern Bier, die schon Einzug in sein Inneres gehalten hatten, zügig die Flasche Wein folgen zu lassen.
    Neue Gäste kamen, aber die Hälfte der Tische blieb immer noch leer. Miller bereitete sich schon darauf vor, wieder zu gehen und seine Expedition durch Rheinstadts Gasthäuser fortzusetzen, als eine Kette von Ereignissen eintrat, die sein Vorhaben über den Haufen warf.
    Von draußen wurden amerikanische Laute vernehmbar, dann ging die Tür auf, und drei Soldaten in amerikanischer Uniform betraten das Lokal. Sie hatten von Kaiserslautern, wo sie stationiert waren, einen Ausflug an den Niederrhein gemacht und auch schon einiges getrunken. Rheinstadt gehörte zwar nicht mehr zum amerikanischen Besatzungsgebiet, sondern zum britischen, aber das störte sie nicht. Sie hatten noch Durst und wollten dem abhelfen.
    Damit kein falscher Eindruck entsteht – sie benahmen sich einwandfrei. Sie waren zwar nicht mehr ganz nüchtern, doch das war auch Johnny Miller nach seinem Bier- und Weinkonsum nicht mehr, und trotzdem hatte niemand etwas gegen ihn einzuwenden. Anders erging es den drei Soldaten. Sie setzten sich an den Tisch neben Miller, unterhielten sich, lachten und scherzten und waren dabei nicht lauter als die Gruppe der Honoratioren, die immer noch Witze erzählte. Ihr Fehler war allerdings der, daß sie schwarze Haut hatten.
    Rasch kam der Kellner zu ihnen, der, wie sich herausstellte, ein gutes Englisch sprach. Die Farbigen wollten ihm ihre Bestellung aufgeben, aber er schnitt ihnen das Wort ab und teilte ihnen mit, daß der Tisch, an den sie sich gesetzt hatten, vorbestellt sei.
    Das kannten die Neger. Sie verstummten. Miller saß so nahe, daß er alles genauestens mitverfolgen konnte.
    An die sechs oder sieben Tische waren leer. Sie alle mit einem Rundblick erfassend, fragte dann der Wortführer der Farbigen: »Und welcher ist nicht vorbestellt?«
    »Keiner«, antwortete der Kellner.
    Nun ging's Schlag auf Schlag.
    »Das glaube ich nicht!« rief der Neger.
    »Ob Sie das glauben oder nicht, spielt keine Rolle«, sagte der Kellner.
    »Sind Sie der Chef?«
    »Nein.«
    »Rufen Sie ihn!«
    »Er ist nicht da.«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Welche Rolle das spielt, habe ich Ihnen schon gesagt.«
    Dem Farbigen platzte der Kragen.
    »Ihr seid alle Schweine!«
    »Wiederholen Sie das!«
    »Schweine seid ihr!«
    »Wissen Sie, wen ich jetzt sofort rufe, wenn sie nicht verschwinden?«
    »Wen?«
    »Die britische Militärpolizei! Der Herr hier« – der Kellner zeigte auf Miller – »ist mein Zeuge für das, was Sie gesagt haben!«
    Anscheinend schien es dem Kellner selbstverständlich, daß Miller, von dem er ja nicht wußte, wer er war, Englisch verstand.
    Die britische Militärpolizei war nicht weniger gefürchtet als die amerikanische. Der Ober hatte offenbar sein Ziel erreicht. Eingeschüchtert wollten die drei Farbigen den Rückzug antreten. Mit finsteren Mienen wandten sie sich zur Tür, um diesem verdammten Lokal den Rücken zu kehren.
    »Einen Moment«, sagte in diesem Augenblick John Miller, und alle kehrten sich ihm zu. »An meinem Tisch ist noch Platz. Kommt her, Jungs.«
    Die Farbigen zögerten. Die Drohung mit der Militärpolizei verlor nicht so rasch ihre Wirkung. Der Kellner öffnete den Mund, um Miller zu widersprechen, unterließ dies dann aber und klappte den Mund wieder zu. Sein Protest erschöpfte sich in einem leisen Kopfschütteln.
    »Oder stimmt das nicht?« fragte ihn provozierend Miller auf deutsch.
    »Was?«
    »Daß an meinem Tisch noch Platz für die drei Herren ist.«
    »Ich wollte ja nur gerade Ihnen diese Gesellschaft in Ihrer unmittelbaren Nähe ersparen.«
    »Bringen Sie vier Flaschen von der Sorte, die ich hatte.«
    Das stellte beim Ober die alte Servilität wieder her.
    »Sehr wohl, mein Herr.«
    Die Farbigen standen immer noch da und wußten nicht, ob sie es wagen sollten, Platz zu nehmen. Sie waren verwirrt, da sie den in Deutsch geführten Dialog zwischen Miller und dem Ober nicht verstanden hatten.
    »Setzt euch«, sagte der freundliche Unbekannte zu ihnen in ihrer Sprache. »Ich bin auch Amerikaner, komme aus Chicago. Nennt mich Johnny.«
    Die Spannung bei den dreien löste sich. So wie nur Farbige strahlen können, mit blitzenden Zähnen, leisteten sie Millers Aufforderung Folge. Sie stammten alle aus Kalifornien und nannten

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