Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Umschlag.
    »Charmant, charmant«, sagte Johnny schmunzelnd, als er den Brief überflogen hatte, und gab ihn auch Huldrich zum Lesen, der dabei rot wurde und hervorstieß, daß das doch die Höhe sei.
    »Was ist die Höhe?« fragte Miller.
    »Ich habe zu der kein Wort von deiner Spannkraft gesagt«, erwiderte Huldrich, fügte jedoch hinzu: »Was freilich nicht heißt, daß das nicht auf dich zutrifft, Onkel Johann.«
    »Sie hat es also nur erraten«, lachte Johnny. »Um so neugieriger bin ich auf sie. Eine erstaunliche junge Dame!«
    »Du nimmst ihre Einladung an?«
    »Selbstverständlich!«
    »Kannst du schießen? Bist du Jäger?«
    »Ich habe in Amerika vier verschiedene eigene Reviere.«
    »Dann brauchst du hier nur noch ein Gewehr und die entsprechende Kleidung. Bekommst du alles von mir.«
    »Das Gewehr, ja«, grinste Johnny, »aber in deine Stiefel und Hosen dürfte ich nicht hineinpassen.«
    Das sei ein Problem, mußte Huldrich zugeben, der, gemessen an seinem Onkel, eine halbe Portion war.
    »Ich kaufe mir das Nötige«, entschied Johnny.
    Huldrich blickte ihn fragend an.
    »Dazu reicht meine Barschaft noch«, sagte daraufhin John Miller.
    »Ich kann aber nicht mitkommen in die Stadt, weil ich einen Termin bei meinem Zahnarzt habe, Onkel.«
    »O je!«
    »Kein Grund zur Panik!« grinste Huldrich. »Es muß nur der Zahnstein wieder einmal entfernt werden.«
    »Ich bin schon erschrocken, weil ich dachte, der Mann mit dem Bohrer würde dir auch die Teilnahme an der heutigen Jagd verleiden.«
    »Auf die muß ich ohnehin verzichten.«
    »Warum?« fragte Johann überrascht.
    Der junge Baron hatte an diesem Tag nach der tiefen Enttäuschung, die ihm zuteil geworden war, absolut keine Lust mehr zu solchen Unternehmungen. Er sagte dies aber nicht, um Johnny nicht vor den Kopf zu stoßen, sondern redete sich auf eine wichtige Sitzung des Gemeinderats hinaus, dessen Mitglied er sei.
    Onkel Johann drang nicht weiter in ihn. Es schien sogar, daß es ihm irgendwie nicht ungelegen kam, bei der Jagd den Neffen nicht an seiner Seite zu haben.
    Der Kauf entsprechender Kleidung vom Hut bis zu den Stiefeln in einem Fachgeschäft, zu dem man nur zwölf Kilometer fahren mußte, ging glatt über die Bühne. Das pflegt immer so zu sein, wenn uferlos Geld zur Verfügung steht. Begleitet wurde Miller bei der Fahrt von Herrn Gerhard Trenkler, der ortskundig war.
    Trenkler, ein bedächtiger Fünfziger mit geradem Charakter, war der Verwalter auf Gut Waldfels. Die ökonomische Entwicklung um ihn herum, die er offenen Auges mitansehen mußte, hatte ihn schon mehrmals bis zur Verzweiflung getrieben, in der er sich nicht scheute, seinem Brötchengeber Dinge ins Gesicht zu sagen, die keineswegs mehr ehrerbietig waren. Während der Fahrt mit John Miller, zu der Trenkler vom Baron abgeordnet worden war, hatten die beiden Männer Gelegenheit, einander zu beschnüffeln. Miller erkannte rasch, daß der Verwalter ein aufrechter Mann war, der für seine Aufgabe nicht mehr die rechte Begeisterung empfand. Und Trenkler empfand auch Sympathien für diesen Deutschamerikaner, bei dem das Herz auf dem rechten Fleck zu sitzen schien.
    Am Abend sah Huldrich v. Chowelitz durch das Fenster seinem Onkel nach, wie er über den Hof stapfte und stilgerecht in den bereitstehenden Jagdwagen kletterte, den der Verwalter selbst lenkte, wiederum vom Baron damit beauftragt. Miller und Trenkler trafen also erneut zusammen und waren darüber erfreut.
    Dann geschah etwas Unvorhergesehenes. Der Jagdwagen fuhr nämlich die Strecke von Gut Waldfels nach Eibenhain dreimal hin und her, immer im Wald, ohne an seinem Ziel anzuhalten. Niemand bemerkte dies, da der Wagen jeweils schon wieder umdrehte, wenn er sich noch im Schatten des Waldes befand. Der Grund war der, daß die beiden Männer ein längeres Gespräch unter vier Augen führten.
    »Ich möchte Sie offen etwas fragen, Herr Trenkler«, hatte John Miller begonnen.
    »Was denn, Mister Miller?«
    »Sagen Sie John zu mir«, fuhr Miller fort. »Wissen Sie, das ist ein Brauch in Amerika, mit dem man zu erkennen geben will, daß einem jemand sympathisch ist.«
    »Gut, John«, nickte Trenkler, ohne sich zu zieren. »Ich heiße Gerhard.«
    »Meine Frage wird Sie überraschen, Gerhard.«
    »Was möchten Sie wissen, John?«
    »Wie lange, glauben Sie, geht das noch, bis Waldfels zusammenkracht?«
    Davon war der Verwalter in der Tat überrascht. Er wandte den Blick vom Pferd ab, das schnaubend den leichten Wagen zog, drehte das

Weitere Kostenlose Bücher