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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erschrecken wollte.
    »Du machst Witze, Onkel Johann?«
    »Schön wär's«, seufzte Johnny. Er brachte das gut, sehr gut sogar, ganz wie ein alter Schauspieler, ein Profi, und gewann selbst Spaß an dem Stück, das er aufführte.
    Huldrich konnte kaum mehr richtig sprechen, sondern nur noch krächzen. Von der amerikanischen Steuerfahndung hatte er auch schon genug gelesen, so daß ihm jetzt kalte Schauer über den Rücken liefen.
    »Du … du bist wirklich total blank, Onkel Johann?«
    Johnny zuckte die Achseln.
    »Derzeit läuft's darauf hinaus, mein Junge.«
    »Und wie lange soll das dauern?«
    Johnny zuckte noch einmal die Achseln.
    »Das weiß man vorher nie. Meine Anwälte haben mir zwar versichert, daß sie alles tun werden, um das Schlimmste abzuwenden und nicht Jahre ins Land ziehen zu lassen, aber Advokaten versprechen viel.«
    »Jahre?!« stöhnte Huldrich. »Und wovon willst du in der Zwischenzeit leben?«
    Johann war bemüht, ihn wieder etwas aufzumuntern, indem er entgegnete: »Ein paar Dollar habe ich noch. Dir werde ich also nicht auf der Tasche liegen, mein Junge. Zum Kostgeld für die Zeit meines Hierseins reicht's noch.«
    »Und hernach?«
    »Hernach?« Millers Blick wanderte zum Fenster hinaus. »Wieviel bringt ein Cadillac in Deutschland? Der meine ist noch kein halbes Jahr alt.«
    Auch diese Hoffnung zerschellte.
    »Was braucht er denn an Benzin?« fragte Huldrich uninteressiert. Die Antwort war ihm schon klar.
    »Viel.«
    Er nickte.
    »Zuviel für hiesige Verhältnisse, Onkel Johann. Mit solchen Schlitten fahren bei uns nur noch verrückte Nachtklubbesitzer und Rauschgifthändler herum.«
    »Ja dann …« Miller ließ in tiefer Resignation die Arme fallen.
    Beide Männer verstummten. Onkel Johann preßte die Lippen aufeinander, um sich ein Grinsen zu verbeißen, Huldrich ließ die Nase hängen, sah die Welt nur noch schwarz in Schwarz und dachte ernsthaft an sein eigenes Begräbnis, das, angepaßt an das eines Selbstmörders, nur in der tristesten Form ablaufen würde. Plötzlich packte ihn der Galgenhumor, und aus seinem Mund drang erst ein leises, dann ein anschwellendes, zuletzt ein gellendes, irres Lachen, das in den Hof hinaustönte und die Tiere in den Ställen erschreckte. Sein Kopf lag dabei im Nacken, der Mund stand weit offen, die Augen waren geschlossen.
    Als ihm die Luft ausging und er verstummte, fragte Miller ihn: »Was hast du?«
    Nun war ihm schon alles egal. Er blickte den Onkel an, erhob sich, ging zum Fenster und zeigte hinüber auf die neue Scheune, wobei er sagte: »Siehst du die?«
    »Was?« antwortete Miller. »Die Scheune?«
    »Ja.«
    »Sie ist neu?«
    »Nagelneu! Ich ließ sie in kürzester Zeit aus dem Boden stampfen.« Huldrichs Finger wanderte nach rechts, wies auf die Ställe. »Siehst du die?«
    »Ja.«
    »Sie sind alle frisch geweißt.«
    »Sie sehen gut aus.«
    »Und hast du eines der beiden Pferde gesehen, als du gekommen bist?«
    »Ich habe sie beide gesehen«, erwiderte Miller grinsend. »Welches meinst du? Den Fuchs oder den Schimmel?«
    »Den Schimmel.«
    »Ein prachtvolles Tier!«
    »Auch erst vor wenigen Tagen gekauft«, nickte Huldrich, blickte den Onkel an und sagte zu ihm: »Weißt du, für wen?«
    »Nein.«
    »Für dich.«
    Johnny riß die Augen auf.
    »Für mich?« Das war ja nun doch noch eine Riesenüberraschung für ihn.
    »Ja, für dich.« Huldrich machte eine kreisende Handbewegung, welche die Ställe, die neue Scheune, den ganzen Hof umfaßte. »Alles für dich, für deinen Empfang hier.«
    Johns Gedanken kreisten in erster Linie um den Schimmel.
    »Auch das Pferd?« fragte er.
    »Kannst du reiten?«
    »Nein.«
    »Dann wirst du es lernen!«
    »Doch jetzt nicht mehr?«
    »Wieso jetzt nicht mehr?«
    »Weil du all deine Hoffnungen begraben mußtest, die du mit meinem Besuch verknüpft hast.«
    »Das ändert nichts daran, daß das Pferd dir gehört.«
    »Wie?!« rief John Miller noch überraschter. »Du willst mir das Tier sogar schenken?«
    »Es gehört dir, sage ich!«
    »Du bist verrückt!«
    »Danke!«
    Miller schüttelte energisch den Kopf.
    »Du machst das rückgängig, mein Junge!«
    »Was mache ich rückgängig?«
    »Diesen Kauf!«
    Nun schüttelte Huldrich den Kopf.
    »Erstens würde mir der Verkäufer etwas husten, mein lieber Onkel. Und zweitens: Auch wenn er das nicht täte, käme für mich eine Annullierung des Kaufes trotzdem nicht in Frage.«
    »Warum nicht?«
    Eine sichtliche Wandlung ging mit Huldrich vor sich. Er reckte sich.

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