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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eigentlich gar nicht hineingehen wollte, sprach mit einem Mädchen, das ihn kaum interessierte, über ihren Ausbeuter – und der war Luigi Coco!
    Moment – war er es, oder hieß er nur so? Das mußte erst noch geklärt werden. Ob der Name Coco in Sizilien häufig vorkam, wußte Miller nicht; der Vorname Luigi war sicher nicht selten.
    Zu Gesicht hatte Miller ›seinen‹ Luigi Coco in Chicago nie bekommen, bewußt jedenfalls nicht. Das ist das übliche bei Herren über Tausende von Leuten, die für sie arbeiten.
    Kikki bildete sich nun die Theorie, daß ihr Chef und Johnny in Amerika geschäftlich verbunden gewesen sein mußten.
    »Bist du denn auch Gastronom, Johnny?« fragte sie.
    »Nein, wie kommst du darauf?«
    »Erstens, weil du in unserer Branche Bescheid zu wissen scheinst, und zweitens, weil ich mir dann vorstellen könnte, daß Luigi einer deiner Geschäftsführer gewesen ist und dich reingelegt hat.«
    Dieser Tatbestand stand für Kikki schon mehr oder minder fest. Luigi Coco war für sie ein Schwein, fähig zu jeder Schandtat, seit sie wußte, wie er sie und ihre Kolleginnen ausnützte. Kikki wäre nur riesig enttäuscht gewesen, wenn sich nun noch herausgestellt hätte, daß ›ihr‹ Luigi Coco nicht der ›richtige‹ war und er zu Unrecht von ihr verdächtigt wurde.
    Männer wie Coco haben ein feines Gefühl. Als Verbrecher muß man das haben, sonst ist man eine Niete. Gefühl ist alles, wenn es darauf ankommt, im richtigen Augenblick das Richtige zu tun. Und so spürte auch Coco an dem unruhigen Schlag seines Pulses, daß mit Kikki und dem Onkel aus der Provinz etwas nicht mehr stimmte. Dann aber verließ ihn sein Instinkt, und er tat das Dümmste, was er tun konnte – er ging zu dem Tisch und verbeugte sich korrekt.
    »Zufrieden mit allem, mein Herr?« fragte er. Sein Deutsch war fast akzentfrei. Zur Karriere eines internationalen Ganoven gehört eben auch, daß er sprachbegabt ist.
    »Können Sie mir sagen, wieviel Uhr es ist?« fragte Johnny Miller.
    Luigi schob am Handgelenk den Ärmel zurück. Miller sah ihm genau zu.
    »Halb neun.«
    »Wieviel?« Miller beugte sich vor, um selbst einen Blick auf Luigis Armbanduhr zu werfen. Der Sizilianer hielt sie ihm bereitwillig hin. Dadurch entdeckte Miller das, was er sehen wollte: das feine schwarze M auf dem helleren Ziffernblatt zwischen den großen Zeigern für die Stunden und Minuten und dem kleinen für die Sekunden. Kein Zweifel, diese Uhr kam aus den eigenen Miller-Produktionsstätten, die der ehemalige Uhrmachergeselle aus Deutschland neben seiner Ladenkette zwischen der Ost- und Westküste Amerikas auch aufgebaut hatte. Jedermann drüben kannte das Markenzeichen.
    Luigi Coco hatte natürlich eines der teuersten Exemplare für sich zurückbehalten, als er dazu übergegangen war, in eigener Regie Ware auf den Markt zu bringen.
    »Ihre Uhr gefällt mir«, sagte Johnny Miller. »Haben Sie sie hier erstanden?«
    »Nein, in Amerika.«
    »Wo in Amerika?«
    Wieder versagte Luigis Instinkt.
    »In Chicago«, erwiderte er unbedacht.
    Kikki hörte gespannt zu.
    »Der Herr kommt auch aus Chicago, Chef«, sagte sie jetzt lauernd. »Vielleicht haben Sie ihn schon mal gesehen?«
    Luigi Coco lachte.
    »Kind«, sagte er gönnerhaft, »welche Vorstellung hast du von dieser Stadt? Das ist nicht so etwas wie dein Idar Oberstein, woher du kommst, sondern eine riesenhafte Stadt mit Millionen Einwohnern.«
    »Und trotzdem wäre es möglich, daß ihr euch schon begegnet seid«, sagte Kikki in einem Ton, der Luigi aufhorchen ließ. Eine erste, leise Alarmklingel ertönte in seinem Kopf. Nun wurde er vorsichtig. Die Klingel ertönte zum zweitenmal, als Kikki hinzusetzte: »Der Herr glaubt Sie jedenfalls zu kennen.«
    »Geh mal an die Theke und hilf dem Mixer«, sagte Coco. »Wenn du hier wieder gebraucht wirst, rufe ich dich.«
    »Aber –«
    »Geh!«
    Das war der Ton, den Luigi schon mal im Beisein Kikkis angeschlagen hatte, Sekunden bevor ein Kellner, ein italienischer Landsmann, von ihm so entsetzlich verprügelt worden war, daß er daran beinahe gestorben wäre. Rasch verfügte sich deshalb Kikki an die Theke, obwohl weder sie noch der Mixer wußten, was sie dort anfangen sollte.
    »Setzen Sie sich«, sagte Johnny Miller zu dem Sizilianer und zeigte auf den von Kikki soeben geräumten Stuhl.
    Zögernd leistete Coco der Aufforderung Folge, wobei er fragte: »Was wollen Sie?«
    »Ich habe mit Ihnen zu reden.«
    »Meine Zeit ist beschränkt, ich muß mich dem Betrieb

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