Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
schwarzen Locken und tiefen Lidschatten schaute ihr entgegen. Unter den dunklen Augen lagen deutliche Ringe. Die Figur in dem engen Kleid war gut. Wenn Kikki nicht diese Voraussetzung erfüllt hätte, wäre es ihr unmöglich gewesen, ihren Beruf auszuüben.
    Johnny Miller war nicht allzu sehr überrascht, als plötzlich Kikki vor ihm stand und sich kurzerhand an seinen Tisch setzte.
    »Nanu?« Miller lachte breit. »Bist du das süße Urwaldäffchen, Kleine?«
    »Wenn du willst …«
    »Wie heißt du denn?«
    »Kikki. Und du?«
    »Johnny.«
    »Johnny? Bist du kein Deutscher?«
    »Nein, Amerikaner.«
    »Du sprichst aber toll deutsch?«
    »Ich bin froh«, grinste Johnny, »daß wir uns miteinander verständigen können.«
    Luigis Tip ging daneben, dachte Kikki. Provinzonkel ist das keiner.
    Sie winkte dem Ober.
    »Eine Flasche Sekt!« bestellte sie einfach. »Es ist dir doch recht, Johnny? Ich habe Durst.«
    Miller schlürfte seinen Whisky und betrachtete Kikki wie ein Viehhändler eine neue Kuh, die zum Verkauf steht. Kikki fand diesen Blick eigentümlich und wurde zu ihrer eigenen Verwunderung rot. Auch Luigi Coco fiel aus allen Wolken, als er Kikkis verlegenes Gesicht sah.
    »Wie alt bist du denn, Kleine?« fragte Miller interessiert.
    »Neunzehn«, sagte Kikki.
    »Neunzehn. Du gefallener Engel!« Johnny prostete ihr mit dem Sekt zu, den der Ober gebracht hatte. »Wieviel Prozent bekommst du?«
    »Prozent? Wovon?« Sie sah ihn mit irritierten Augen an, als wüßte sie nicht, was er meine.
    »Komm!« Miller lachte laut. »Ich weiß Bescheid!«
    Coco hinter der Theke schielte herüber. Es lief an diesem Tisch nicht alles so wie er gedacht hatte. Warum geriet Kikki auf einmal ins Hintertreffen. Das Heft hatte ganz deutlich dieser Gast in der Hand. Sein Lachen klang spöttisch, nicht pflichtschuldig, nachdem Kikki etwas gesagt hatte.
    »Glaubst du«, fuhr Miller fort, »ich kenne mich in eurem Beruf nicht aus? Ich bin nicht von gestern. Bei uns bekommt jedes Barmädchen einen gewissen Anteil von den Einnahmen, die sie für den Chef erzielt, indem sie den Gast zu hohen Zechen animiert. Ich habe mit Mädchen gesprochen, die zwanzig Prozent kassierten. Das sind natürlich Asse.«
    »Zwanzig Prozent?« Kikki bekam runde Augen. »Erzählst du keine Märchen?«
    »Ich spreche von Amerika«, erwiderte Johnny. »Und davon, daß das, wie ich sagte, Asse sind, die soviel bekommen. Manche von denen haben sogar schon ihren Weg in Hollywood gemacht.«
    »Zwanzig Prozent?« staunte Kikki immer noch.
    »Wieviel Prozent erhältst du denn?«
    »Ein Prozent.«
    »Was?« lachte Johnny Miller. »Das gibt's doch nicht!«
    »Die anderen kriegen auch nicht mehr.«
    »Dann laßt ihr euch schön übers Ohr hauen. Wer ist denn euer Chef? In Amerika würde ihm das nicht gelingen.«
    Kikki sprach aus dem Mundwinkel: »Hinter der Theke steht er. Sieh ihn dir an. Der im Frack. Er kommt selbst aus Amerika. Dort erhalten die Mädchen nur die Hälfte von dem, was er uns gibt, macht er uns weis.«
    Johnny hielt es nicht für nötig, seinen Blick, den er zur Theke sandte, zu kaschieren; er schaute ganz offen hin.
    »Das ist nie und nimmer ein Amerikaner!« sagte er dann zu Kikki.
    »Doch! Geboren ist er zwar in Sizilien, aber seine Eltern sind ausgewandert nach Chicago.«
    »Chicago!« lachte Johnny Miller. »Dorthin bin ich auch ausgewandert, allerdings nicht aus Sizilien. Wie heißt er denn?«
    »Luigi Coco.«
    »Wie?« Johnny hatte den Namen nicht verstanden, da Kikki immer noch aus dem Mundwinkel sprach.
    »Luigi Coco«, wiederholte sie etwas lauter.
    »Mich laust der Affe!« Bei Johnny Miller schien ein kleiner Blitz eingeschlagen zu haben. »Luigi Coco?«
    »Ja.«
    »Aus Chicago?«
    »Ja.« Kikki sah ihn erstaunt an. »Sagt dir der Name etwas?«
    »Wenn's der ist, den ich meine – ja!«
    »Wen meinst du denn?«
    »Einen Mann, der mir 22.000 Dollar schuldig ist.«
    »Waaaas?« konnte Kikki nur hervorbringen.
    Der Fall war der, daß ein Angestellter Millers unter den Tausenden, die er beschäftigte, vor einigen Jahren Geld und Waren im Werte von 22.000 Dollar unterschlagen hatte und verschwunden war. Die polizeiliche Fahndung war im Sand verlaufen. Den Schaden hatte die Firma verkraften müssen, was ihr nicht allzu schwer gefallen war. Der Mann hatte Luigi Coco geheißen.
    Welcher Zufall! John Miller fuhr nach Jahren über ein Weltmeer, besuchte ein paar Verwandte in Deutschland, darunter einen in Köln, betrat zögernd eine Bar, in die er

Weitere Kostenlose Bücher