Das Gift der Drachen Drachen3
und von rostigen Eisendornen gekrönt, umgab das gesamte Gelände.
Vor diesem Eisenzaun blieben wir stehen.
Tore öffneten sich in Angeln, die quietschend nach Öl schrien. Die Fensterhöhlen der steinernen Schlafsäle starrten auf uns herab. Wir wurden über eine Steinbrücke geführt, dann durch eine schmale, steinerne Unterführung, die unter eine der Kuppeln führte. Es stank entsetzlich nach Pisse.
Urinierten die Drachenjünger etwa hier, weil sie zu faul oder zu gleichgültig waren, um sich in einer Latrine zu entleeren? Ich stellte mir vor, wie sie verstohlene Blicke nach rechts und links warfen, sich die vielen eleganten Schichten ihrer Gewänder über die Lenden hinaufzogen, mit ihren dicken Schwänzen auf die Wände zielten und ihren Urin wie Köter über ihr Territorium verteilten, in der Gewissheit, als Mitglieder der unantastbaren Elite keine Strafe fürchten zu müssen.
Savga hielt sich mit einer Hand die Nase zu. Die Kette an ihren Handgelenken schlug gegen ihr Kinn.
Wir traten aus der Unterführung in einen Hof.
Wie wir staunten!
Der Hof war mit üppigen Weinranken geschmückt, an denen reife Trauben hingen. Auf dem Boden, der mit winzigen weißen Blumen übersät war, blühten in bunt glasierten Pflanzkübeln samtige, purpurfarbene Blumen. Dicke Bienen summten umher. Riesige, schattenspendende Pflanzen standen überall, mit Blättern, die so lang und breit waren wie ein Kind, das mit ausgebreiteten Armen und Beinen dasteht. Sie drängten sich an die gewaltigen Stacheln von Pflanzen, die dicht mit beerenförmigen Blättern besetzt waren. Diese Blätter verströmten einen scharfen, terpentinartigen Geruch, frisch und ein wenig beißend.
Blumen in Form von großen, goldenen Flöten hingen protzig an schimmernd weißen Stängeln, die mir bis über den Kopf reichten. Springbrunnen ließen ihr Wasser auf purpurfarbene Blätter rieseln, die darunter nickten und zitterten, als litten sie unter Schüttellähmung. Orangefarben schimmernde Karpfen schwammen in Teichen. Sie sahen aus wie nasse Scheiben der untergehenden Sonne, die in einem flüssigen, blauen Himmel gefangen war.
Wir durchquerten diese wundersame Welt aus Feuchtigkeit und Üppigkeit, zu erstaunt, um unseren Durst und Hunger zu bemerken, trotz des Überflusses an Wasser und saftigen Früchten, die uns anlachten.
Danach passierten wir eine weitere Unterführung, aufgewühlt von dem, was wir da hinter uns ließen, und erreichten einen weiteren Hof, dessen Schönheit in seiner Schlichtheit lag. Große, flache Steine waren hier aufgestellt, balancierten nahezu unmöglich auf einer ihrer Kanten. Ein Drachenschüler mit nacktem Oberkörper kniete in der Mitte des Hofs. Sein typischer grüner Kragen lag neben seinen Knien wie ein gehorsamer Hund. Sein Rücken und Oberkörper waren blutverschmiert. Er schien uns nicht zu bemerken, als wir mit klirrenden Ketten an ihm vorbeischlurften. Sein verzückter Blick war auf einen der unmöglich ausbalancierten Steine gerichtet, während er sich immer wieder mit einer Peitsche auf die Arme, die Brust und den Rücken schlug. Das Klatschen der vielen Lederstreifen auf seiner Haut klang wie feuchter Teig, der von den runzligen Händen einer alten Frau durchgewalkt wird.
Die nächste Unterführung kam. Hier roch es nach Drachendung, nach dem ledrigen Gestank von Drachenhaut.
Mein Herzschlag beschleunigte sich.
Wir standen in einem Stallhof.
Einen Moment glaubte ich Gift zu riechen. Der Geruch der Drachen war so eng mit dem nach Gift verbunden, und meine Sehnsucht nach Gift war so stark, dass ich das Aroma des flüssigen Feuers der Drachen dank meines Bedürfnisses danach schon wahrnahm, wo es überhaupt nicht existierte.
»Die Botenstallungen«, knurrte der Drachenmeister vor mir. Als ich daraufhin die Drachen in den Stallboxen betrachtete, erkannte ich, dass es sich bei ihnen, natürlich, nur um Escoas handelte, um diese giftlosen Drachen, die für Botendienste eingesetzt wurden oder um Fracht und privilegierte Personen von einem Ort zum anderen zu befördern. Genau die Escoas, die Tansan hatte verkrüppeln wollen.
Ich war also wieder da, wo ich zuerst in Xxamer Zu eingetroffen war. In den Botenstallungen.
Die Soldaten trieben uns in eine leere Stallbox.
Auf dem blanken Steinboden lag zwar keinerlei Stroh, aber der Trog an einem Ende der Box war mit Wasser gefüllt.
Als man die Kette von unseren Handschellen, die man uns allerdings nicht abnahm, gelöst hatte, stolperten wir zu dem Trog an der
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