Das Gift der Drachen Drachen3
marschierten die drei Drachenjünger; ab und zu waberte der erstickende Geruch von Weihrauch aus ihren Roben und verpestete die Luft, wenn sie sich geziert mit seidenen Tüchern den Schweiß von der Stirn tupften.
Mit meiner rechten Hand umklammerte ich, so fest wie ein rettendes Seil, den kleinen Gegenstand, den mir einer der Paras in die Hand gedrückt hatte, als er mich fesselte. Sein Blick hatte meinen kurz gestreift, bevor ich auf den Gegenstand hinabsah. Es war eine kleine, verrostete Klammer von der Art, mit welcher man ein Gewand zusammenhielt, und an beiden Enden befand sich ein winziger Fetzen Stoff von genau derselben Farbe wie die rotbraune Erde der Arena.
Erst als er mir die schweren, kühlen Handschellen über die Gelenke schob, wurde mir klar, worum es sich handelte: Es war der Verschluss des Vebalu-Umhangs, den ich in der Arena getragen hatte. Ich erinnerte mich daran, wie ich den blutigen Umhang stöhnend und fluchend in der Futterscheune der Botenstallungen abgestreift hatte.
Ich umklammerte den Verschluss, so fest ich konnte. Es handelte sich um ein Zeichen von Gen. Ganz bestimmt.
Ich versuchte den Blick des Paras zu erhaschen, der mir Gens Unterpfand heimlich zugesteckt hatte, aber er wich mir aus.
Der Drachenmeister ging vor mir, ebenfalls angekettet. Seine Schultern rollten unter seinem Wams wie eine tosende See. Dann drehte er sich zu mir um.
»Gen hat ein Unterpfand geschickt«, murmelte ich. Meine Lippen waren eiskalt. »Es wird alles gut.«
Er schnaubte und blickte wieder nach vorn.
Savga lehnte sich zitternd an mich. Sie atmete schwer, rasselnd, als bekäme sie kaum Luft. Ich wusste nicht, wie ich sie trösten sollte.
Man führte uns über einen staubigen, zerfurchten Pfad, bis wir bei einem anderen Zunftclan stehen blieben. Erneut las ein Drachenjünger Namen von seiner Schriftrolle ab. Erneut klagten Frauen, und meine Haut brannte, als würde heißes Wachs über sie gegossen, das an ihr riss, zerrte und wunde Striemen hinterließ.
Die Paras legten noch mehr knochigen, kindlichen Handgelenken Eisenfesseln an und ketteten sie aneinander. Ich umklammerte das kleine, rostige Unterpfand in meiner Handfläche, drückte es, zerquetschte es fast.
Das darf nicht sein!, hätte ich gern geschrien. Das hier ist meine Brutstätte. Sie ist ein Ort der Zuflucht, der Familie. Ein Zuhause!
Nur war sie es nicht.
Das hier war vielmehr eine Reihe aneinandergeketteter Menschen, die wie Tiere zum Markt getrieben wurden.
Als eine Frau sich kreischend auf den Drachenjünger stürzte, der aus der Schriftrolle vorlas, trat ein Para vor und schlug ihr den Griff seines Schwertes ins Gesicht. Blut spritzte durch die Luft. Savga schrie.
Mir schwindelte, als ich mich erinnerte, wie ein Stiefelabsatz immer und immer wieder auf den Kiefer meiner Mutter hinabgesaust war.
Aus dem Clan der blutenden Frau wurden willkürlich acht andere Frauen ausgesucht, die für ihr Verhalten bestraft wurden. Die Breitseiten der Schwerter blitzten in der Sonne, während das Geräusch, wie Metall auf Fleisch schlug, immer und immer wieder erklang, bis die Haut der Frauen mit blauen Flecken übersät war. Das Klatschen kam mir lauter vor als die Schreie der Opfer.
Ich verfiel in eine Art Trance, bewegte mich, als wäre ich aus Holz.
Allmählich kamen die blendend hellen Kuppeln und der goldene Turm von Xxamer Zus Tempel näher, flimmernd vor Hitze. Um den Tempel drängten sich Gebäude, wie wilde Hunde sich um einen Knochen drängen.
Wir wurden in den Mittelpunkt der Brutstätte von Xxamer Zu geführt.
Mein Mund war voller Staub, und ich hatte einen säuerlich pelzigen Geschmack auf der Zunge. Ich sehnte mich nach Wasser. Savga schlurfte neben mir her. Ihr Gesicht wirkte wie ein Klumpen geschmolzenen Talgs.
Wir passierten die Werkstatt eines Wagenbauers, die von halb verfallenen, verlassenen Hütten umringt war. Hämmer hörten auf zu schlagen, Sägen unterbrachen ihre Arbeit. Aus schwarzen, wie Teer wirkenden Augen in vollkommen ausdruckslosen Gesichtern folgten uns Blicke. Wir schlurften an einer Karawanserei vorbei, in deren leeren Fensterhöhlen Tauben nisteten, und passierten einige schmale, baufällige Gebäude, aus denen der scharfe Gestank von Zitrone und Yanew-Ringen drang.
Hätte ich das Myazedo-Treffen nicht gestört, hätten sie vielleicht an jenem Abend eine Entscheidung getroffen. Vielleicht hätten sie sich erhoben und verhindert, dass die Sklaventreiber kamen. Von daher war ich, zumindest teilweise,
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