Das Gift der Engel
Simone, die gerade an einem Salamibrot kaute. »Du findest die Nummer einer bestimmten Person ohne Weiteres im Internet.«
»Ach?«
Sie steckte das letzte Stück Brot in den Mund und stand auf. »Gehen wir doch die Sache gleich mal an. Komm mit.«
Sie gingen gemeinsam hinauf in Albans Arbeitszimmer. Simone las, was auf dem Fax von Frau Richter stand, und schaltete Albans Computer ein. »Du kannst so ein Gerät für weit mehr als nur das Schreiben und Versenden von Texten verwenden.« Alban schwieg. Er hatte davon gehört. Er benutzte den PC erst seit Kurzem außer zum Schreiben auch zum Versenden von Mails. Bis dahin hatte er noch Disketten mit der Post geschickt.
Simone hantierte am Computer herum. »Wie heißt der Mann noch mal?«
»Bernardi. Alessandro Bernardi. Offenbar ein Italiener. Vielleicht wohnt er gar nicht hier in der Gegend, sondern in Rom oder Mailand. Und dort wird es Bernardis wie Sand am Meer geben …« Alban stand hinter Simone und sah ihr zu, wie sie den Namen in ein Feld zwischen bunter Werbung tippte.
»Alessandro Bernardi gibt’s schon mal nicht«, sagte sie. »Ich lasse mal den Vornamen weg.«
Das Spiel begann von vorne. »Zweihundertsiebenundneunzig Einträge. Aber hier haben wir was. Bernardi Komma A Punkt. Keine Adresse eingetragen. Aber die Vorwahl gehört hier in die Gegend. Das könnte Königswinter sein.«
Alban ging an seinen Schreibtisch. »Sag mir bitte mal die Nummer.« Er nahm einen Zettel und den Bleistift, der immer bereitlag.
»Der versierte Computernutzer druckt so was aus. Aber wenn du meinst …« Sie diktierte.
»Und jetzt brauchen wir noch diese Frau von Schaumburg.«
»Das wird genauso funktionieren.« Sie tippte. »Über achthundert Treffer mit Schaumburg allein. Gar keinen, wenn ich den vollen Namen eingebe.«
»Dann versuche ich also mein Glück erst mal mit Herrn Bernardi.« Alban nahm das Mobilteil und wählte. Es klingelte dreimal, dann meldete sich ein Anrufbeantworter. Ein Mann, dessen Stimme einen unverkennbar italienischen Akzent aufwies, erklärte, ohne seinen Namen zu nennen, nicht zu Hause zu sein. Die Möglichkeit, eine Nachricht zu hinterlassen, gab es nicht. Die Verbindung wurde unterbrochen.
»Ich könnte mal allgemein im Internet nach dem Namen suchen«, schlug Simone vor. »Wenn er an einer Uni arbeitet, könnten wir sogar seine Mailadresse rausfinden.«
»Ist die mehr wert als die Telefonnummer?«, fragte Alban.
Simone verdrehte die Augen und tippte wieder etwas ein. Alban sah, wie sich der Bildschirm neu aufbaute.
»Ach herrje«, rief sie. »Kannst du Italienisch? Sonst blickst du hier nicht durch.«
Alban überflog die Zeilen. Sein Italienisch reichte gerade, um die wichtigsten Wörter in einem Operntext oder musikalische Vortragsangaben zu verstehen. Den Text begriff er nicht. Doch dann stieß er auf einen Ausdruck, den er kannte.
»Da steht was von musicologia «, sagte er. »Das heißt Musikwissenschaft.«
»Ich filtere mal die deutschsprachigen Seiten heraus.«
Simone hatte gerade angefangen, neue Befehle einzugeben, da klingelte das Telefon. Alban beobachtete das Treiben auf dem Computer und griff gleichzeitig nach dem schnurlosen Hörer.
»Bitte wer ist da?«, rief eine raue Stimme.
»Alban.«
»Dottore Bernardi hier. Haben Sie versucht, mich zu erreichen?«
»Herr Bernardi?«
Simone hörte auf zu tippen und drehte sich überrascht um.
»Ich sehe Ihre Nummer hier auf dem Display«, sagte Bernardi. »Was kann ich denn für Sie tun, Herr Alban?«
»Ich hätte nur eine Frage. Ich habe Ihre Telefonnummer aus dem Internet und weiß gar nicht, ob ich bei Ihnen richtig bin. Sind Sie Dottore Alessandro Bernardi?«
»Ganz recht.«
»Kennen Sie einen gewissen Dr. Wolfgang Joch?«
»Joch?« Bernardi sprach den Namen etwas weicher aus und hatte wie viele Ausländer Probleme mit dem Ch, das bei ihm wie ein hartes R klang. Außerdem hängte er ein fast unhörbares E an.
»Dr. Wolfgang Joch. Ein Mediziner im Ruhestand«, erklärte Alban. »Er lebte in Bonn. Sie sind mit Herrn Dr. Joch zusammen in einem Kulturverein namens Rheinkunst. So bin ich auf Sie gekommen.«
»Das ist aber lange her«, sagte Bernardi. »Ich habe Herrn Dr. Joch seit Jahren nicht mehr gesehen. Warum wollen Sie das überhaupt wissen?«
Alban stellte sich vor und erklärte, dass er im Besitz einer Partitur sei, die von Joch stammte. Auch hier erschien es ihm ratsam, offenzulassen, dass zwischen ihm und Joch noch Zimmermann gestanden hatte, der Alban
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