Das Gift der Engel
aus.
»Die Aussagen von Sebastian Joch haben wir auch«, sagte Kessler. »Aber die Sache in der Klinik ist natürlich interessant. Ich muss zugeben, da weißt du mehr als wir. Wir haben gar nicht mit Dr. Eisenmenger gesprochen, sondern gleich mit der Klinikleitung.«
»Und wie sieht es jetzt mit der Schuld von Herrn Zimmermann aus?«, fragte Alban.
»Glaubst du etwa, die Geschichte aus der Klinik würde daran was ändern? Willst du Jochs Nachfolger einen Mord in die Schuhe schieben? Die Ansicht dieser Frau Richter bleibt zunächst erst mal nur eine Behauptung. Du guckst zu viele Krimis.«
»Wenn du mich besser kennen würdest, Gerhard, dann wüsstest du, dass ich fast nie fernsehe, und wenn, dann sicherlich keine Krimis, die ich im Übrigen auch nicht zu lesen pflege. Mich würde ganz einfach interessieren, ob euer Verdacht noch immer berechtigt ist. Ob es vielleicht neue Indizien gibt, die ihn ins Wanken bringen, oder ob er sich erhärtet hat …«
»Nikolaus!« Kessler unterbrach Albans Redefluss vehement. »Zimmermann war es. Es hat sich nichts ergeben, weder in die eine noch in die andere Richtung. Jedenfalls nicht viel.«
»Nicht viel?«
»Wir haben herausgefunden, dass Arne Zimmermann tatsächlich diese Beethovenbüste gekauft hatte, mit der Joch erschlagen wurde.«
»Wie habt ihr das denn geschafft? Diese Büsten werden doch sicher zu Tausenden verkauft. Gerade in Bonn.«
»Zimmermann hat uns eine Quittung präsentiert. Damit will er wohl erreichen, dass wir ihm glauben, warum seine Fingerabdrücke auf dem Gipskopf sind. Dabei hat das gar keine Bedeutung, denn das schließt natürlich seine Täterschaft nicht aus.«
»Es beweist sie aber auch nicht. Und wenn ich die Gesetze richtig verstanden habe, seid ihr diejenigen, die etwas beweisen müssen.«
»Soll ich dir jetzt vielleicht wiederholen, was wir gegen Zimmermann in der Hand haben? Seine Vorgeschichte?«
»Ich kenne sie. Ich habe ja auch mit Zimmermanns Anwalt gesprochen. Er hat mir von dem Testament erzählt, das Joch zugunsten seines Freundes gemacht hat.«
»Wie kommst du denn dazu, den Anwalt zu treffen?«
»Herr Zimmermann hat mir aus der Haft einen Brief geschrieben und mich darum gebeten.«
»Ach nein«, rief Kessler aus. »Und er hat wahrscheinlich geschrieben, du sollst ihn aus dem Knast holen. Seine Unschuld beweisen. Sherlock Alban! Der Retter in der Not! Der Privatschnüffler von Godesberg!«
»Du brauchst das gar nicht so abzutun.«
»Da wird der Staatsanwalt ja beeindruckt sein.«
Alban blieb ruhig. »Die Sache mit dem Testament zum Beispiel, die liefert doch Jochs Bruder ein gutes Motiv. Er hat mir unmissverständlich klargemacht, was er von Arne Zimmermann und dessen Beziehung zu seinem Bruder hält.«
Kessler schnaubte. »Sebastian Joch war zu der Zeit, als Joch ermordet wurde, in Koblenz.«
»Woher wisst ihr das so genau? Kennt ihr überhaupt den genauen Todeszeitpunkt? Die Leiche hat doch ziemlich lange da herumgelegen.«
»Joch wurde letzte Woche ermordet, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag. Er ist am Donnerstagabend noch in der Oper gesehen worden. Am Donnerstag wurde auf der Baustelle in der Lotharstraße tagsüber gearbeitet. Am Freitag nicht mehr. Am Montag wurde er gefunden.«
»Kann dann Joch nicht auch erst am Samstag oder am Sonntag ermordet worden sein?«
»Der Gerichtsmediziner sagt, dass der Tod vor Freitagmittag eingetreten ist. Und nun zu deinem Verdacht: Sebastian Joch hat am Donnerstag ganz normal in Koblenz bei der Verwaltung gearbeitet und war abends mit seiner Frau beim Kegeln. Um halb eins sind sie nach Hause gefahren. Die Kinder hatten einen Babysitter. Wir haben mit allen Beteiligten gesprochen, auch mit dem Wirt der Kneipe, wo gekegelt wurde. Am nächsten Morgen um acht saß Joch wieder an seinem Arbeitsplatz. Zufrieden, Herr Detektiv?«
Alban schwieg.
»Nikolaus, ich kann dich nur noch einmal warnen. Du bist kein Privatermittler und erst recht kein Polizist. Mach dir lieber ein schönes Leben und genieße deine Musik. Das hier ist die Realität.«
»Musik ist auch Realität.«
»Du weißt schon, wie ich es meine.«
»Ich werde mich weiter mit Leuten unterhalten, die mich in dem Fall weiterbringen«, beharrte Alban. »Solange ich dabei keine Gesetze breche, wirst du mich nicht davon abhalten.«
Kessler seufzte. »Also gut, um des lieben Friedens willen und vor dem Hintergrund unserer Musizierfreundschaft – verschwende deine Zeit, womit du willst. Aber tu mir den Gefallen und
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