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Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Titel: Das Gift der Schmetterlinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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rief er Hector zu und schloss:
    »Vor Rätsels End’ halt ich hier ein,
    Zu fragen, junger Freund:
    Wie stellt der gute Wirt das an?
    Wie teilt er zehn durch neun?«
    Hector schob die Lippen vor und machte ein nachdenkliches Gesicht. Zehn durch neun? Dieses Rätsel kannte er nicht. Von seinem Vater hätte er so etwas erwartet, nicht aber von einem aus der Menge hier. Es war nicht so, dass es den Südstädtern an Intelligenz fehlte, doch taugte ihre Art von Intelligenz nicht gerade zum Rätselraten.
    »Dafür brauche ich ein bisschen Zeit«, sagte Hector.
    »Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, sagst du mir die Lösung«, kam die Antwort.
    »Und wann wird das sein?«, fragte Hector. »Morgen?«
    »Vielleicht« war alles, was der Fremde sagte, dann ging er langsam, noch immer halb verdeckt von der Menge, davon.
    Die Leute waren genauso neugierig wie Hector. »Und? Wie ist die Lösung?«, rief einer von Hectors Stammgästen.
    »Tempus omnia revelat«, sagte Hector, der gedankenlos in sein früheres Ich zurückgefallen war und erst hinterher merkte, dass keiner verstand, was er meinte.
    »Er meint, die Zeit bringt’s an den Tag «, kam ein Ruf, und Hector erhaschte gerade noch einen Blick auf den Hinterkopf des geheimnisvollen Rätselstellers, der gerade in einem der Seitengässchen verschwand.
    »Ja, die Zeit wird es an den Tag bringen«, murmelte Hector.
    Inzwischen schneite es. Den Zuschauern war klar, dass das Rätselraten für heute vorbei war, und sie zerstreuten sich. Als Hector von seinem Podest stieg, klimperten die Münzen in seinem Portemonnaie. Einen Teil davon würde er natürlich Mrs Fitch geben, den Rest aber würde er für sich behalten. Er ging zum nächsten Stand, an dem etwas zu essen verkauft wurde, stellte sich unter und hing bei einer heißen Kartoffel und einem Becher Bier seinen trüben Gedanken nach.
    In den sechs Wochen, seit er in Mrs Fitchs Haus gekommen war, hatte sich der Sommer – erkennbar am Anstieg der Temperatur wie des Flussgestanks – verabschiedet, und der Herbst, der in dieser Stadt nichts weiter als ein paar Wochen kühleres Wetter bedeutete, machte schnell dem Winter Platz.
    Es war eine schwierige Zeit für Hector gewesen, aber er hatte sich nach Kräften bemüht, sich an die Veränderungen in seinem Leben zu gewöhnen. Im Heim gab es außer ihm zwanzig andere Jungen, alle aus der Südstadt und alle verwaist durch ein Schicksal, in dem oft genug der Gin eine unselige Rolle gespielt hatte. Am ersten Morgen beim Frühstück waren sie Hector mit Misstrauen begegnet, wie jedem Neuankömmling. Dann, kaum hatte er den Mund aufgemacht und sich auf diese Weise als Nordstädter zu erkennen gegeben, war es zu einer Prügelei gekommen. Hector fiel schon beim zweiten Schlag – er war kein ebenbürtiger Gegner für seine robusten Mitbewohner. Während er auf dem Boden lag und sich fragte, wie er lebendig aus dieser Situation herauskäme, sah er durch sein rasch zuschwellendes Auge, dass einer der Jungen seinen Mantel und seine Mütze trug und ein anderer seine Schuhe und seine Uhr. Da zog er blitzschnell seinen Kokon unter dem Hemd hervor und erinnerte die Jungen an den Abend, als sie ihm seine Sachen abgenommen hatten.
    Sobald Hectors Identität geklärt war, gebot der Anführer (derselbe Kerl wie damals) seinen Genossen Einhalt. Der kleinere Junge, immer noch mit der Krawatte um den Hals (nur war sie inzwischen dunkler als früher), half Hector auf die Beine und bat ihn, noch einmal das Rätsel mit dem Lügner zu erzählen, weil keiner von ihnen die Lösung begriffen hatte. Hector tat ihnen den Gefallen nur zu gern, und von da an wurde er als gebildeter und unterhaltsamer Bursche geschätzt. Pollys Glaube an seine Überlebensinstinkte hatte sich als richtig erwiesen. Doch musste er noch lernen, sich auch außerhalb des Heims durchzusetzen.
    Nachdem Hector schon in der ersten Zeit in Mrs Fitchs Waisenhaus festgestellt hatte, dass für die hier übliche Verständigung hauptsächlich das Verschlucken von Silben und die Verwendung obszöner Kraftausdrücke nötig waren, stellte er seine Redeweise entsprechend um. Es verging keine Woche, da hörte er sich fast an, als hätte er nie anders gesprochen. Ab und zu rutschten ihm noch Ausrufe wie »Beim Jupiter!« oder »Hervorragend, alter Knabe!« heraus, manchmal auch ein lateinischer Kraftausdruck – alte Gewohnheiten lassen sich eben nur schwer ablegen. Dann sahen die Jungen ihn schief an und

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