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Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)

Titel: Das Gift der Schmetterlinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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diesen Unglücklichen hier zu helfen. So kam es zur Gründung von Lottie Fitchs Waisenhaus für ausgesetzte Babys und verlassene Jungen.
    Ob nun an diesem Abend göttliches Eingreifen im Spiel war oder nicht, ein Wunder zumindest hatte sich ereignet: Lottie war eine andere geworden. Sie gab von Stund an den Wacholderschnaps auf und stürzte sich in ihre neue Rolle als Mutter der heimatlosen Kinder von Urbs Umida. Ned, dessen Beine immer noch gefühllos waren, wurde im oberen Stock des Hauses untergebracht. Dass er dem Gin ebenfalls entsagt habe, behauptete er nur aus Achtung vor Lottie, in Wahrheit ließ er ihn von seinen vielen Freunden, die ihn in seinem neuen Heim besuchten, einschmuggeln. Was Lottie nich weiß, macht sie nich heiß, dachte er sich, und von da an lebten die Fitchs ganz zufrieden nebeneinanderher, Ned oben und Lottie unten.
    Nachdem Lottie ihr Laster aufgegeben hatte, verbrachte sie ihre Zeit größtenteils auf den Straßen, wo sie lauthals die üblen Folgen des Alkohols anprangerte und ihre Aufrufe verteilte. Eines Tages war sie dabei auf Polly gestoßen. Unglücklich und verzweifelt, wie das Mädchen war, stand es gerade vor einer der Ginleitungen und wollte die berauschende Flüssigkeit ausprobieren. Lottie trat dazwischen und stellte das Mädchen als Küchenhilfe im Waisenhaus an.
    Als Lottie herausfand, dass Polly Ludlow in Pagus Parvus gekannt hatte, war sie gleichzeitig verblüfft, beunruhigt und erfreut – eine ziemliche Herausforderung für ihr geschrumpftes Hirn. Verblüfft war sie über den Zufall, beunruhigt, dass Ludlow Polly erzählt haben könnte, wie schlecht sie und Ned ihren Sohn behandelt hatten (das hatte er nicht), und erfreut war sie schließlich, dass er gesund und munter war. In einer ihrer vielen täglichen Erscheinungen ließ der gute Herrgott Lottie wissen, dass sie eines Tage wieder zusammenkommen würden. Bis es so weit wäre, wollte sie gern weitermachen wie bisher.
    Und so waren inzwischen fast sechs Jahre vergangen.
    Lotties Gedanken kehrten zu Hector zurück. Sie fand, er sei ein nützlicher Zuwachs für das Heim, willig, verlässlich und unterhaltsam. Er war anders als die anderen Jungen, das ließ sich nicht leugnen, immerhin kam er aus der Nordstadt. Aber trotz der Unterschiede hatte sich Hector recht schnell eingelebt. Es mochte wohl sein, dass er mit den Fäusten nicht so gut war wie die anderen, doch er hatte bewiesen, dass viele Wege zum Ziel führten. Lottie war auch nicht entgangen, dass Polly den Jungen unter ihre Fittiche genommen hatte.
    Sie tauchte aus ihren Tagträumen auf und ging über die Treppe in den oberen Flur, um ihren Umhang vom Nagel zu nehmen. In den Taschen waren lauter Korken (um die Ginleitungen zuzustöpseln) und ihr Beutel war bis oben hin mit Aufrufen gegen den Alkohol vollgestopft. Sie stellte sich gern auf die Brücke und bat um Geld zur Unterstützung für ihre Jungen. Dazu nahm sie immer zwei von den kleineren mit, und zwar die beiden mit den traurigsten Mienen. Einmal hatte sie Hector aufgefordert mitzukommen – Gott weiß, der Junge sah manchmal elend genug aus –, aber er hatte sich geweigert.
    »Is einfach zu dünnhäutig, der Junge«, seufzte sie. »Hat den Tod von sein’ Pa so schwergenommen. Aber trotzdem is er ’n Guter.«
    Als Lottie die Stufen der Eingangstreppe hinunterging, sah sie eine Gestalt auf der anderen Straßenseite stehen. Sie meinte, der Fremde würde ihr zulächeln, was sich aber bei den vielen Passanten kaum deutlich erkennen ließ. Er hatte einen Beutel über der Schulter und trug einen Hut von ungewöhnlicher Machart. Lottie war sicher, dass es sich um denselben Burschen handelte, der schon gestern und vorgestern da gestanden hatte. Sie zwinkerte und da war er verschwunden.

Kapitel 11

    Aus dem
    Nordstadt-Journal
    Die anspruchsvolle Tageszeitung
für den kritischen Leser
    Honorige Gäste bei Eröffnung des Wein-Handelshauses
    von Tarquin Faulkner
    Lady Lysandra Mandible, in eine Kombination aus weißen Pelzen gekleidet (Bild oben), bot bei ihrem Gastauftritt zur Eröffnung der dritten Zweigstelle von Faulkners Weinhandel einen ausnehmend eleganten Anblick.
    Begleitet wurde sie von Baron Bovrik de Vandolin (gleichfalls oben abgebildet). Es hat nicht lange gedauert, bis der geheimnisvolle fremde Baron die vornehme Gesellschaft von Urbs Umida für sich gewinnen konnte. Seit er vor einigen Wochen in die Stadt gekommen ist, erweist sich dieser charmante Gentleman (Spross der osteuropäischen Linie des

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