Das Gift der Schmetterlinge (German Edition)
mächtige gelbliche, vor Geifer glänzende Reißzähne hervor, die passgenau neben den beiden aus dem Oberkiefer ragenden Hauern standen.
Der wiegt bestimmt so viel wie mein Pferd, dachte Hector.
Noch einmal witterte das Schwein, dann machte es sich daran, im Waldboden zu wühlen. Als es fand, was es suchte, fraß es geräuschvoll mit mahlenden Kiefern. Danach grunzte es zufrieden, machte kehrt und verschwand zwischen den Bäumen. Hector wagte wieder zu atmen. Es war ein Privileg, das Tier überhaupt gesehen zu haben, aber es war auch eine Erleichterung, es abziehen zu sehen. So mancher Jäger war schon ums Leben gekommen, und die wenigen, die eine Begegnung mit dem Schwein überlebt hatten, waren von den Narben seiner Reißzähne gezeichnet.
Als Hector unter dem Busch hervorkroch, sah er vor sich etwas auf dem Boden glitzern. Er hob es auf. Es war ein großer Ring, schwer und kalt in seiner Hand. Sein schwarzer Stein schimmerte sogar im schwachen Licht des Waldes. Wie mochte er hierhergekommen sein? Wie auch immer, er war ein Glücksfall für ihn. Falls der Ring so wertvoll war, wie er aussah, würde er gutes Geld einbringen. Hector wusste sehr wohl, dass, wenn sein Vorhaben abgeschlossen wäre, ein rascher Abgang aus Withypitts Hall nötig sein könnte. Dann würde ihm jede zusätzliche Geldsumme weiterhelfen. Er steckte den Ring ein.
Hector richtete sich auf und ging zu der Stelle, an der das Schwein gewühlt hatte. Deutlich konnte er die Reste seines Pilzmahls sehen. Das Schwein hatte nur die großen, saftigen Köpfe abgefressen und die dünnen Stiele im Boden stecken lassen. Genau nach diesen Stielen war Hector auf der Suche.
Nachdem er sie ausgebuddelt hatte, streifte er schnell seine Handschuhe ab und stopfte sie mit der Innenseite nach außen in die Tasche zu dem Ring. Er zupfte ein dickes Büschel Schweinsborsten von einem nahen Gesträuch, steckte es in den prall gefüllten Beutel an seiner Hüfte und machte sich dann auf den Rückweg durch den Wald. Seine Stute hatte er an einen Ast gebunden, als die Bäume zu dicht wurden und sie nicht mehr hindurchkam.
Er war noch nicht weit gekommen, da blieb er jäh stehen und spitzte die Ohren. Wegen des dichten Gestrüpps konnte er kaum etwas sehen, aber hören konnte er. Und was er hörte, war der unverkennbare Laut eines schnaubenden, grunzenden Schweins beim Angriff. Ohne sich umzudrehen, stürmte Hector in wilder Flucht davon. Während er sich durch das Unterholz und die niedrigen, überhängenden Äste kämpfte, fluchte er innerlich. Er hätte es wissen müssen. Diese Waldschweine waren nicht nur berühmt wegen ihrer ungewöhnlichen Behaarung und ihres köstliches Fleisches, sondern auch berüchtigt wegen ihrer reizbaren, heimtückischen Art. Natürlich würde es ihn verfolgen; es hatte nur den rechten Augenblick abgewartet. Er hätte besser doch mal einen Blick über die Schulter werfen sollen, aber zurzeit gingen ihm so viele Dinge durch den Kopf, dass er nicht so vorsichtig war wie sonst.
Obwohl das Borstenrückenschwein für ein Tier, das in den Wäldern lebt, ungewöhnlich groß ist – viel von seiner Körpermasse besteht aus reinem Fett, weshalb das Fleisch ja auch so besonders schmackhaft ist –, tut diese Größe seiner Schnelligkeit und Gewandtheit keinen Abbruch. Ein Borstenrückenschwein in vollem Galopp zu sehen, den Kopf gesenkt, die Augen starr auf sein Ziel gerichtet, mit den Läufen die Erde aufreißend, ist ein furchterregender Anblick. Man muss sich vorstellen: die borstigen, fetten, hin und her schwingenden Flanken, die dunklen, im Rhythmus des Galopps wabbelnden Körpermassen. Allein dieser Anblick ist atemberaubend … und erst der Lärm! Sein röhrendes Grunzen erinnert eher an einen Löwen als an ein Schwein. Während es durch das Dickicht bricht, wird sein Tempo immer schneller, und nichts darf sich ihm in den Weg stellen, um es von seinem Ziel abzubringen: dem Ziel, zu zerstören und zu töten.
Hector fragte sich, ob das Schwein vom schnellen Laufen auch einen solchen Schmerz in Kehle und Lunge spüren mochte wie er. Jedenfalls war diese Jagd alles andere als ein Wettlauf unter gleichen Bedingungen; da erwiesen sich vier Beine natürlich als vorteilhafter als zwei. In seiner übersteigerten Fantasie glaubte Hector schon den heißen Atem des Schweins an seinen Waden zu spüren. Jeden Augenblick rechnete er damit, dass ihm das Biest von hinten einen Stoß mit seinem knochigen Schädel versetzen würde. Er sah sich bereits auf
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