Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
alle meine Sinne sagten mir, er würde es nicht zulassen, wenn ich versuchte, mich zu bewegen.
» Du liebst mich doch, oder?« Auf diese Frage gibt es nur eine akzeptable Antwort, und jetzt gab ich sie ihm nicht. Er sagte mir, er liebe mich; er sagte es jeden Tag, aber ich hatte die entsprechende Erklärung meinerseits noch nicht abgegeben. War das, was ich für Rex empfand, Liebe? Noch immer stiegen Zweifel angesichts der pedantischen und neurotischen Aspekte seines Charakters an die Oberfläche, wenn die Pausen zwischen dem Sex lang genug wurden. Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, ihm zugeneigt, aber Liebe– dieses besessene, allumfassende Gefühl, von dem all die Lieder handeln– war immer noch ein Wort, das beschrieb, was ich für Biba empfand. An guten Tagen konnte ich mir einreden, dass er es war, den ich von Anfang an in ihr gefunden hatte, aber meistens war es andersherum.
» Komm, ich zeig’s dir«, sagte ich und griff an seine Gürtelschnalle. In dem Bett, das ich mit Simon geteilt hatte, sprachen wir nicht miteinander und bewegten uns kaum, wiegten uns einem stummen Höhepunkt entgegen. Der Sex mit ihm war ein alle Zweifel erstickendes Heilmittel, umso wirksamer, je weniger er sprach. Auf meiner Brust schlief er ein, und sein Atem wurde langsamer und vertiefte sich zu einem rhythmischen Grollen, das ich im Nachklang tröstlich fand. Am anderen Ende des Korridors, durch zwei Türen von uns getrennt, lauschte auch meine Mutter dem Schnarchen meines Vaters. Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen war die Frage, wie Bibas Abschlussnoten wohl aussehen mochten und was sie gerade tat.
Was Biba in unserer vierundzwanzigstündigen Abwesenheit getan hatte, war dies: Sie hatte ihren ersten Job als Schauspielerin gefunden. Es war eine kleine Rolle, aber in einer aufwendigen BBC -Produktion über das Leben Karls II . Es war eine Ironie des Schicksals, dass sie die letzten paar Wochen damit verbracht hatte, mit Guy der schmutzigen modernen Wirklichkeit nachzuspüren und ihre Kunst zeitgenössisch zu formen, nur um dann eine Rolle in einem Kostümfilm über die Restauration zu ergattern, in der sie auf ihre klassische Ausbildung zurückgreifen musste.
» Die ganze Sache beginnt mit einer Montage, bevor die Erzählung anfängt, in der er sich im Grunde durch den ganzen Hof fickt«, erzählte sie. » Das soll illustrieren, was für ein geiler alter Bock er war. Also gibt’s Fünf-Sekunden-Clips, in denen der König die Königin vögelt und dann alle seine Mätressen, von Nell Gwyn über die Dienstmädchen bis zu den Hofdamen. Und mich. Und jetzt pass auf. Ich spiele eine Nonne.«
Rex runzelte die Stirn. » Musst du dich ausziehen?«
» Nein. Ich klappe nur meine Tracht hoch, sodass man meine Beine sieht, aber das ist alles«, sagte sie. » Ich meine, es ist nur eine winzige Rolle. Aber der springende Punkt ist, es ist die BBC , und es ist ein Regisseur mit einem großen Namen, der mich anscheinend mag, und mein Agent ist wirklich froh.« Plötzlich zog sie die Stirn kraus. » Ich hoffe nur, mein Auftritt ist nicht so kurz, dass man ihn verpasst, wenn man einmal mit der Wimper zuckt. Und ich hoffe, sie verdecken mein Gesicht nicht mit einem von diesen geflügelten Hüten.«
» Die zu einer Nonnentracht gehören? Wieso nicht?«
» Mein Vater soll wissen, dass ich es bin, wenn er es sieht.«
Der Dreh dauerte zehn Tage. Und Biba hatte recht; der Regisseur verstand sich gut mit ihr. Zusätzlich zu der Sexszene, die an einem Vormittag abgedreht war, bekam sie noch eine Handvoll Zeilen, die auf die ganze Serie verteilt waren, und in mehreren Szenen musste sie im Hintergrund erscheinen, als hervorstechendes Gesicht unter Dutzenden namenloser Statisten. Die Dreharbeiten fanden in den Studios in Elstree statt, einmal auch in Hampton Court. Jeden Morgen vor der Rushhour kam ein Auto und holte sie ab, und abends nach dem Drehen wurde sie wieder zu Hause abgeliefert. Rex und ich warteten dann immer schon und brannten darauf zu hören, was am Tag passiert war. Guy aß mit uns und ließ einen Joint herumgehen, den anscheinend niemand mehr wollte. Er hatte gemerkt, dass Biba sich von ihm entfernte, und unternahm mehrere klägliche Versuche, sie in seine Welt zurückzuziehen.
» Heute Nachmittag hat Chris angerufen«, sagte er bei einem Essen. Er hatte in einem der indischen Schnellrestaurants in der Archway Road ein Curry gekauft, aber das meiste davon blieb unberührt in der Folienverpackung. Anscheinend schmeckte es nur
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