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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kelly
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suchte in meinem Portemonnaie nach einem Fünfer. Ich fand nur einen druckfrischen Zwanziger und gab ihn ihr.
    » Was wirst du sagen, wenn du da hinkommst?«, fragte ich.
    » Weiß ich noch nicht.«
    » Und wann werde ich dich wiedersehen?«, fragte ich. Ihr Blick war fest, und entschlossen schüttelte sie den Kopf, aber ihre Stimme klang brüchig, als sie sagte: » Es tut mir leid.« Sie lehnte sich nicht zu dem erwarteten Abschiedskuss herüber, sondern schlug mir die Wagentür sanft vor der Nase zu. Ich drehte den Rückspiegel so, dass ich sehen konnte, wie sie in der U-Bahn-Station verschwand. Auf der Straße war Verkehr, und ich konnte nicht ewig stehen bleiben. Allein kehrte ich in das Haus zurück, das ich gezwungenermaßen noch einmal als mein Zuhause betrachten musste.
    Die erste Zeitung, in der die Story erschien, war die Montagsausgabe des Evening Standard. Ich zwang mich, drei Straßen weit zum Laden an der Ecke zu laufen, und kaufte die Nachmittagsausgabe. Mein altes Zuhause, mein wahres Zuhause, locker mit Absperrband umgeben, war auf der Titelseite unter der missbilligenden Schlagzeile » Mord an der Millionärsmeile– zwei Tote«. Ich faltete das Blatt mit der Titelseite nach innen, sodass nur der Sportteil sichtbar war. Ich war sicher, dass jeder, der sah, wie ich den Artikel las, sofort auf meine schuldhafte Mittäterschaft schließen würde.
    Ich schloss die Tür hinter mir ab, ließ mich im Eingangsflur auf die Knie nieder und breitete die Zeitung auf dem Boden vor mir aus. Auf Seite drei und vier gab es ein körniges Foto von Guy und ein konturscharfes Porträt von Tom Wheeler. Ich weiß bis heute nicht, wie Journalisten so schnell an solche Fotos kommen. Sie müssen buchstäblich im Sprint zu den Familien der Opfer nach Hause jagen und sie um das Familienalbum bitten, noch bevor sie ihre Beileidsbekundungen ausgesprochen haben. Der Text beanspruchte weniger als die Hälfte des Platzes für die Fotos, und er verriet wenig. Immerhin nannte der Reporter Guys Alter.
    » Neunzehn«, flüsterte ich. » Er war erst neunzehn.« In dem Artikel hieß es nur, ein vierundzwanzigjähriger Mann helfe der Polizei bei ihren Ermittlungen. Der Euphemismus war tröstlich. Er gestattete mir die Vorstellung, dass Rex für freundliche Kriminalpolizisten Tee aufbrühte und nicht etwa fröstelnd in einer Zelle hockte. Von einer einundzwanzigjährigen Frau im Polizeigewahrsam, die dort vernommen wurde, war nicht die Rede.
    Die letzte Tagesausgabe der Zeitung, zwei Stunden später, brachte denselben Artikel, aber jetzt war das Foto von Wheeler ein Familienporträt, ein arrangiertes Atelierfoto von ihm und Jenny mit ihren vier Kindern. Jenny Wheeler, Witwe. Sicher waren es ihre Schreie gewesen, die wir gehört hatten, als wir durch den Wald rannten. Ich sah mir die Seite so lange an, wie es nötig war, um die gedruckten Fakten aufzunehmen– neue Informationen gab es nicht–, und dann stopfte ich die ganze Zeitung in den Mülleimer in der Küche. Dass sie da war, blieb mir für den Rest des Abends bewusst, und obwohl ich das Porträt der Wheelers nur einmal gesehen hatte, war es so lebhaft in meine Netzhaut eingeprägt, dass ich es noch heute fast ohne Mühe sehen kann, wenn ich die Augen schließe.
    Um halb sieben schaltete ich die Londoner Nachrichten ein. Ich war so nervös, dass meine Handfläche einen feuchten Abdruck auf der Fernbedienung hinterließ. In einem einminütigen Bericht stand ein junger Reporter in der Queenswood Lane, fasste das zusammen, was bereits im Standard gestanden hatte, und versprach, die Zuschauer über alle weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. In die überregionale Berichterstattung drang der Fall nicht vor, denn sie war immer noch beherrscht von Dianas Tod und seinen Nachwehen. Ohne diese Ablenkung hätten die Morde vielleicht mehr Publicity gefunden. So aber wurde unsere Geschichte begraben, wie die Berge von Blumen vor dem Kensington Palace unter dem Gewicht ihrer eigenen Zellophanumhüllungen erdrückt wurden. Nur um mir eine Flasche Wein zu kaufen, damit ich schlafen konnte, ging ich noch einmal aus dem Haus. Meine Hand schwebte über einem verstaubten Shiraz, aber er hatte die Farbe des Flecks auf Tom Wheelers Hemd, und da nahm ich stattdessen eine Flasche Chardonnay. Er schmeckte scharf und bitter, aber er war ausgetrunken, bevor es dunkel wurde, und der Schlaf war ebenso unerreichbar wie in der Nacht zuvor. Ich fragte mich, ob Rex inzwischen Ruhe gefunden hatte.
    Die

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