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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kelly
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Warum nicht? Mir war plötzlich und überwältigend klar, dass mein ganzes Leben zu dem Augenblick geführt hatte, in dem ich mit ihr tanzte. Ich empfand wilde Belustigung bei der Erkenntnis, dass ich meine Beine ein Leben lang benutzt hatte, um damit zu gehen, zu laufen und Sport zu treiben, während sie von Anfang an dazu gedacht gewesen waren, im Rhythmus einer Folge von Kreisch- und Pfeiftönen auf der Stelle zu marschieren. Wir stürzten uns ins Partygetümmel. Es waren noch ungefähr fünfzehn Leute da, die tanzten, und ich konnte Blickkontakt mit jedem von ihnen herstellen: Kein einziges Mal wurde mein Lächeln abgewiesen. Ich war nicht nur sichtbar geworden, ich war der Nukleus der Party. Die Musik bekam Sinn für mich; die tiefen Töne wurden dunkler und lauter, während das kreischende, hohe Scratchen, das als Melodie durchgegangen war, in Regionen hinaufschwebte, in denen nur Fledermäuse etwas hören. Es klang wie ein Tauziehen zwischen Bässen und Höhen, und ich war in der Mitte dazwischen und wurde auseinandergerissen. Ich wusste nicht, ob ich wieder zusammengesetzt werden wollte. Der Gegenstand meiner Panik veränderte sich; sie richtete sich nicht mehr auf die Frage, was ich mit diesem Rausch anfangen sollte, sondern wurde zu der jähen, allumfassenden Angst, das Gefühl könnte die Party überdauern. Wenn die Musik aufhörte, während ich immer noch tanzbereit war, was würde ich dann tun? Wie würde ich leben? Ich sprang und kreiste immer noch hin und her, als Biba mich wieder bei der Hand nahm und aus dem Wohnzimmer in die Küche zog. » Zeit zum Chillen, Dancing Girl«, sagte sie. » Trink einen Schluck Wasser.«
    » Ich muss doch nicht nach Hause gehen, oder?« Sie schüttelte den Kopf und lächelte. » Spürst du den Rush? Hiervon sollte er sagenhaft werden.«
    Sie wirbelte meinen Körper herum und begann das Fleisch an meinen Schultern zu kneten, das unter ihren knochigen, unerfahrenen Fingern nachgab. Aber das Gefühl von Haut– von ihrer Haut– an meiner entschädigte mich für die mangelnde Präzision ihrer Berührung. Ich schloss die Augen und machte mich darauf gefasst, mich unter ihren Händen aufzulösen, aber plötzlich ging die Massage abrupt zu Ende.
    » Oh, verdammt«, seufzte sie. Der Mann, der mit verschränkten Armen vor uns stand, musste Rex sein. Gerade, dichte, ungezupfte Brauen über den gleichen braunen Augen wie Bibas. Die kleinen Zähne und die Konturen des straffen Kiefers waren die gleichen, die spitze Nase ebenfalls, aber an dem langen Hals bewegte sich ein Adamsapfel auf und ab. Das Leuchten der Begeisterung, das ihr Gesicht schön sein ließ, fehlte in seinem, und es wirkte topplastig und schnabelartig. Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Seine Tolle behielt ihre Form.
    » Wollte nur sehen, ob es dir gut geht«, sagte er zu ihr und umfasste ihr Kinn. » Wie viel hast du genommen? Deine Augen sind wie Stecknadelköpfe.« Woher wusste er, wie groß oder wie klein ihre Pupillen waren? Als ich ihr das letzte Mal in die Augen geschaut hatte, war die schwarz-braune Iris mit der Pupille verschmolzen, umgeben von einem nirgends durchbrochenen Weiß. Vielleicht war es anders, wenn man die gleichen Augen hatte, wenn man es gewohnt war, sie wie in einem Spiegel zu sehen.
    » Nur eine halbe Pille, Rex. Mach kein Theater.« Ihre Stimme wurde lauter. » Willst du auch eine? Guy hat Unmengen.«
    » Wer zum Teufel ist Guy?«, fauchte er und sagte dann: » Nein danke. Einer hier muss ja halbwegs compos mentis bleiben.« Biba küsste ihn mitten auf den Mund und strich ihm das Haar glatt. Es sprang sofort wieder hoch.
    » Das ist Rex, der beste Bruder der Welt«, sagte sie zu mir. » Und das ist meine neue beste Freundin Karen. Sie ist ein Sprachengenie, und sie hat eine ganze Ecstasy genommen. Jetzt amüsiert sie sich bestens, und deshalb fang du nicht an, ihr Vorwürfe zu machen oder herumzunörgeln.«
    » Fällt mir im Traum nicht ein«, sagte Rex. » Aber passt auf, ihr zwei. Habt ihr genug Wasser? Denkt daran– nur trinken, wenn ihr tanzt. Na, okay.«
    Der intensive Rush legte sich, und an seine Stelle trat ein wattiges Gefühl der Nächstenliebe. Das Mädchen Rachael, das noch zwei Stunden zuvor so einschüchternd gewirkt hatte, gehörte jetzt zu meinen neuen Freundinnen. Was sie mir anbot, war kein Joint und kein Wein, sondern ein Schluck Tee aus dem angeschlagenen Becher, aus dem sie trank.
    » Biba und ihr Bruder sind sich sehr ähnlich, nicht wahr?«, sagte

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