Das Gift von Argus
den rechten Arm.«
Der Kokon bewegte sich schwach. »Ersuche um Erlaubnis, maximale Kraft anzuwenden«, dröhnte der Roboter.
»Gestattet.«
Ein Geräusch wie das Zerspringen von Glas war zu vernehmen und schon befreite sich ein Roboterarm aus dem Kokon. Die zerbrochenen Fäden rollten sich wie Sprungfedern zusammen.
»Heb jetzt auch den anderen Arm.«
Der Vorgang wiederholte sich, und diesmal lösten sich auch die restlichen Fangfäden – als spürte die Pflanze irgendwie ihre bevorstehende Vernichtung.
»Ich brauche Proben dieser Pflanze: Fangfäden, den mittleren Stiel und die Wurzeln. Versuche, den Stengel ganz aus dem Boden zu heben.«
Mark bückte sich, legte die Arme um den Pilz und zog. Er löste sich ohne Mühe aus dem Boden, und gleichzeitig erklang ein schriller Schrei, fast wie von einem Menschen. Und während er verstummte, fiel die Pflanze in Marks Metallarmen in sich zusammen und schrumpfte wie ein durchlöcherter Ballon.
»Großer Gott!« entfuhr es Maeve O’Brien. »Ist das wirklich eine Pflanze oder ist es ein Tier?«
»Benutzen Sie Ihren Verstand, O’Brien«, rügte Leutnant Smith. »Das Ding hat Wurzeln. Der Schrei wurde durch das plötzliche Nachlassen des Luftdrucks verursacht, als Mark es hochhob. Wir nehmen die Proben mit und machen mit der Suche und Vernichtung weiter.«
14.
Beim Abendessen ging Conrad die Ereignisse des Tages durch. Kwango war noch nicht zurück, aber er hatte über Funk durch Matthew, der im Navdeck eingeteilt war, Bescheid geben lassen, daß man ihn in etwa fünfzehn Minuten erwarten könne. Es war noch nicht ganz dunkel, und Conrad machte sich keine unnötigen Sorgen. Der Hubschrauber hatte einen Autopiloten, der fast ein eingebauter Roboter war. Wenn Kwango wollte, konnte er ihm nur mit Worten die nötigen Anweisungen erteilen und sich schlafenlegen. Der Autopilot würde sicher landen, selbst in totaler Finsternis, dichtestem Nebel oder bei Windstärke 6.
»Wir haben heute viel geschafft, und dafür bin ich Ihnen allen dankbar«, lobte Conrad. »Wir haben jetzt ein angemessenes Verteidigungssystem und eine unabhängige Wasserversorgung. Die Wasseranalyse ist zwar nicht ganz abgeschlossen, aber ich glaube doch, daß wir das Wasser höchstwahrscheinlich so trinken können, wie es ist, und wenn nicht, errichten wir eine Destillieranlage.
Auch die gefährlichen Pflanzen wurden im erforderlichen Umkreis vernichtet. Proben davon werden ebenfalls untersucht. Glücklicherweise sind sie offenbar nicht sehr zahlreich, und auf jeden Fall läßt sich etwas gegen sie unternehmen.
Während der nächsten Tage werden wir das umliegende Gebiet eingehend erforschen. Es ist wichtig, daß wir genießbare Pflanzen und Tiere finden, von denen wir uns ernähren können. Wir werden auch eine detaillierte Geo-Bio-Untersuchung von tausend Quadratkilometer vornehmen, und danach magnetometrische und seismische Untersuchungen bestimmter Gebiete.«
In diesem Moment trat Kwango in den Aufenthaltsraum.
»Mahlzeit! Hallo, Boß, ist irgend etwas Interessantes passiert, während ich weg war?«
Conrad kratzte seine silberne Augenbinde. »Wieso kommen Sie erst so spät zurück, Kwango? Wie weit südwärts sind Sie gekommen?«
Kwango setzte sich an den Tisch. Fast gleichzeitig servierte ihm Luke den ersten Gang: ein Stück Honigmelone.
»Hm, das sieht ja verlockend aus.« Hungrig kaute Kwango.
»Ihr Bericht, Kwango!« forderte Conrad ihn scharf auf. Er spürte, daß irgend etwas vorgefallen war.
Kwango legte den Löffel auf den Teller. »Tut mir leid, Boß. Ein paar sehr interessante Entdeckungen hielten mich auf. Ich flog etwa fünfzig Kilometer südwärts, ziemlich langsam und in einer Höhe von etwa sechzig Meter. Unterwegs nahm ich mir Zeit, ein paar dieser verspielten Pilze zu lasern, die unsere schöne Mirlena in verdauliches Protein verwandeln wollten.«
»Kurt«, unterbrach ihn Conrad. »Ich kenne Sie und weiß, daß Sie mit Überraschungen aufzuwarten haben. Also heraus damit und zwar schnell.« Er hob den Prothesenarm. »Oder Sie werden den Hauptgang nicht erleben!«
Kwango blickte ihn gekränkt an. »Boß, Sie sind ein harter Mann. Was wollen Sie zuerst, die schlechte Neuigkeit, oder die noch schlimmere?«
Conrad lächelte grimmig. »Das überlasse ich Ihnen.«
»Okay, Boß. Also, die schlechte zuerst. Es gibt auf diesem Planeten fliegende Insekten, die wie etwas aus den Fugen geratene Libellen aussehen, sich wie Hornissen anhören und sich wie Piranhas
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