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Das giftige Herz

Das giftige Herz

Titel: Das giftige Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Doyle
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Sie sind etwas ganz Besonderes. Es ist ein Geheimnis dabei, das keiner kennt.« Der Bäckermeister grinste verschmitzt.
    »Jetzt verplapperst du dich gleich!«, mahnte seine Frau.
    »Deshalb hab ich sie auch allein hergestellt neulich nachts, weil’s ein Familiengeheimnis ist.«
    »Jetzt ist es gut, Friedrich.«
    Pistoux nickte und machte mit den Broten weiter, die er aufs Backblech nebeneinander legte. Er hatte so eine Ahnung, worauf der Bäcker anspielte. Aber er hielt sich zurück.
     
    Pistoux erreichte endlich sein Ziel, den Egidienplatz. Rechts von ihm ragten die beiden barocken Türme der Kirche in den wolkenverhangenen, grauen Himmel. Über den Platz führten verschiedene freigeschaufelte Pfade zu den einmündenden Straßen und Gassen oder zu den großen Patrizierhäusern.
    Mittelpunkt des Platzes war ein fünfstöckiges Gebäude im Renaissancestil, aus breiten Steinquadern gebaut, mit zahlreichen hohen, großen Fenstern und einem reich verzierten Giebel, den die Statue eines Heiligen zierte. Pistoux merkte, wie ihn dieses mächtige Gebäude mit den vergitterten Fenstern im Erdgeschoss einschüchterte. Dies war sein Ziel. Und wie er jetzt davor stand, fühlte er sich angesichts des Stein gewordenen Wohlstands und der Macht, die das palastartige Gebäude ausstrahlte, klein und nichtig.
    Nun ja, wer war er schon? Nichts weiter als ein Bäckergeselle, im Moment sogar nur ein Dienstbote, der einen Handkarren mit Backwaren hinter sich herzog. Pistoux überquerte den Platz und blieb vor dem Portal stehen. Die beiden Türflügel waren verschlossen. Es gab keinen anderen Eingang in Sichtweite. Pistoux griff nach dem riesigen, schmiedeeisernen Türklopfer. Das laute Pochen hallte dumpf im Innern des Gebäudes wider. Doch nichts passierte. Pistoux starrte auf die Tür, die hoch angebrachten Klinken und wagte nicht, sie zu betätigen. Als nach einer Weile nichts passiert war, betätigte er den Klopfer ein zweites Mal. Dann noch einmal.
    Er hörte Schritte, die Tür wurde aufgezogen, und ein Mann in Dienstbotenkleidung blickte ihn überrascht an.
    »Ich bringe die Lieferung von Bäcker Dunkel.«
    »Was soll das?«, rief der Mann empört. »Wieso kommst du zum Haupteingang? Und noch dazu an einem solchen Tag! Bist du von allen guten Geistern verlassen?« Er blickte über Pistoux hinweg auf den Platz, als müssten dort Menschen sein, die jeden Augenblick dazukommen könnten.
    »Man hat mir den Weg so erklärt«, verteidigte sich Pistoux.
    »Bist du neu beim Bäcker Dunkel?«
    »Ja.«
    »Und hast du noch gar nicht davon gehört, was passiert ist?«
    »Nein, was denn?«
    »Einen Augenblick.« Der Mann drehte sich um und verschwand kurz, kam dann zurück und schob den Türflügel weit auf.
    »Los, komm rein, aber schnell und nicht so laut!«
    Pistoux zog seinen Wagen durch den Eingang und folgte dem Mann durch einen Bogengang in den Innenhof. Es war ein prächtiger Innenhof mit einem schneebedeckten Brunnen in der Mitte. Die schneebedeckte Figur, die den Brunnen zierte, war vermutlich der Gott Apollo. Rund um den Innenhof verliefen auf mehreren Etagen reich verzierte Galerien, zu denen kleine geschwungene Treppchen hinaufführten.
    Doch es war keine Zeit, Erker und Giebelchen zu bewundern. Der Bedienstete drängte Pistoux, sich zu beeilen. Im hinteren Teil des Hofs zog er eine weitere Tür auf, und sie waren im Dienstbotentrakt. Der Mann machte eine nachlässige Handbewegung: »Dorthin.« Pistoux schob den Handkarren in diesen zweiten Bogengang und stellte ihn an die Wand, damit er nicht zu viel Platz versperrte.
    »Ich sag in der Küche Bescheid«, sagte der Mann und verschwand über eine dreistufige Treppe und hinter einer schweren Eichentür im Haus. Es dauerte eine Weile. Zeit zu verschnaufen und nochmal einen verstohlenen Blick durch die Tür in den Innenhof zu werfen. Auf der gegenüberliegenden Galerie tauchten einige Frauen in Schwarz auf, stiegen mit gesenkten Köpfen eine Treppe tiefer und verschwanden wieder hinter einer Säule.
    »Guten Tag!«, hörte Pistoux hinter sich eine Stimme.
    Er drehte sich um. Die Stimme gehörte einem blonden, jungen Mädchen in einem taubenblauen Kleid mit weißer Haube und Schürze. Sie war erstaunlich hübsch, und irgendetwas an ihr war herausfordernd, das merkte Pistoux sofort.
    »Die Lebkuchen sind da«, stellte das Mädchen mit Blick auf den Wagen fest. »Ist da auch was für mich dabei?« Sie lachte.
    Pistoux zuckte mit den Schultern.
    »Ich bin die Hedwig«, sagte das

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