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Das giftige Herz

Das giftige Herz

Titel: Das giftige Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Doyle
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Mädchen.
    Pistoux sah sie wie gebannt an. Blondes Haar, zu einem Knoten zusammengebunden, weiße Haut und dunkle Augen.
    »Und wie heißt du?«, fragte sie.
    »Jacques.«
    »Jacques, du klingst, als seist du ein Franzose.«
    »Das bin ich auch.«
    »Hurra, die Franzosen sind da«, sagte das Mädchen. »Na dann komm, Franzose, wir wollen die Kisten in die Küche tragen.«
    Sie nahm zwei kleine Kästchen und ging voran. Pistoux folgte ihr mit zwei großen Blechkisten.
    Durch einen Korridor gelangten sie in die Vorratskammer. Es war ein enger Raum, in dem sich mehrere Schränke befanden sowie Regale und große Truhen. Hedwig öffnete eine doppelflügige Schranktür und musste zurücktreten, um sie ganz aufziehen zu können. Dabei stolperte sie gegen Pistoux, der bereits dicht hinter ihr stand, und lachte. »Hoppla!« Pistoux hatte das Gefühl, dass sie einen Moment zu lange so dicht neben ihm verharrte, als würde ihr die Nähe gefallen. Sie duftete nach Lavendel. Der Geruch erinnerte ihn an seine provenzalische Heimat.
    Hedwig deutet auf den leeren Schrank: »Da hinein muss alles. Was nicht in den Schrank passt, kommt obendrauf.« Damit drängte sich sich ganz langsam an ihm vorbei und lächelte dabei so fröhlich, dass man das verführerische Aufblitzen in ihren Augen kaum bemerkte.
    Während Pistoux den Handkarren entlud und immer wieder den Korridor hin- und herlief, blieb sie verschwunden. Kaum war er mit dem Verstauen der letzten Lebkuchenkiste fertig und hatte die Türen des Schranks geschlossen, stand sie lächelnd in der Tür und fragte kokett: »Hast du mir auch ein Herzl mitgebracht?«
    Pistoux sah sie verwirrt an. »Ein Herzl?«
    »Das hat der Bäcker mir sonst immer geschenkt.«
    »Alle Lebkuchen sind in den Blechkisten«, sagte Pistoux. »Aber es war kein Extraherz dabei.«
    »Na, so was!«, sagte Hedwig. »Da hat er mich doch glatt vergessen.« Sie stemmte empört die Hände in die Hüften.
    »Er hat nichts gesagt«, entschuldigte sich Pistoux und überlegte, ob es vielleicht daran gelegen haben könnte, dass Frau Dunkel während des Verpackens der Lebkuchen und dem Beladen des Karrens keine Sekunde von der Seite ihres Gatten gewichen war.
    Plötzlich wurde Hedwig ganz ernst. »Na ja«, sagte sie und wiegte dabei nachdenklich den Kopf hin und her. »Vielleicht ist es ja auch besser so. Ich glaube, ich hätte gar keine Lust auf ein Herz gehabt, nach allem, was hier im Haus passiert ist.« Sie beugte sich nach vorn und senkte die Stimme. Wieder nahm Pistoux den Hauch von Lavendel wahr. »Es heißt nämlich, dass Herr Ehrenhoff mit einem Lebkuchenherz vergiftet wurde.«
    »Herr Ehrenhoff?« Pistoux war verwirrt. Ihm fielen die schwarz gekleideten Frauen ein. Es hatte also einen Todesfall gegeben. Aber was hatte das mit den Lebkuchenherzen zu tun, die er gerade geliefert hatte?
    »Seit zwei Tagen geht alles drunter und drüber«, klagte Hedwig. »Dieses Jahr wird es eine schreckliche Weihnacht geben.« Sie sah ihn auffordernd an, als erwarte sie, dass er einen Kommentar abgebe. Aber Pistoux hatte nichts dazu zu sagen.
    »Alles ist verstaut«, sagte er. »Ich muss jetzt wieder zurück.«
    »Er soll am Henkersteg gehangen haben«, sagte Hedwig. »Erst vergiftet, dann aufgehängt, und das mitten in der Adventszeit. Manchen ist wirklich nichts heilig.«
    Sie blockierte die Tür. Er wäre gern schnell an ihr vorbeigegangen, konnte sie aber doch nicht einfach beiseite schieben. Er trat zu ihr hin, damit sie Platz machte. Sie lehnte sich gegen den Türrahmen und wippte mit den Hüften hin und her.
    »Wie ist es, Franzose, willst du mir das Herzl nicht doch noch bringen?«, fragte sie und lächelte aufreizend.
    »Vielleicht«, sagte Pistoux. Dieses Mädchen war ihm einfach lästig.
    Da schallte eine Stimme durch den Korridor. »Hedwig!«
    Sie schrak zusammen, drehte sich um und lief davon. Pistoux folgte ihr. Draußen im Durchgang, wo der Handkarren stand, sah er sie mit zwei Männern stehen. Der eine war der Bedienstete, der ihn hereingelassen hatte. Der andere war groß und massig, trug einen weiten Mantel und einen Homburg und musterte interessiert den hinzukommenden Pistoux.
    »Ist das der Mann?«, fragte er.
    »Ja«, sagte Hedwig. Und dann wandte sie sich an Pistoux und sagte: »Jacques, das hier ist Inspektor Wanner von der Kriminalpolizei, übrigens ein Nachbar von mir.«
    Pistoux sah Wanner an und bemerkte, wie eine plötzliche Röte sein Gesicht überzog. Der Polizist räusperte sich verlegen und fragte mit

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