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Das giftige Herz

Das giftige Herz

Titel: Das giftige Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Doyle
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gebauter Mann. Pistoux erkannte ihn sofort. Es war Leopold Schaller, der Fabrikant. Pistoux fasste unwillkürlich in die Manteltasche. Er zog seinen Revolver hervor. Doch noch ehe er zielen konnte, bemerkte er einen zweiten Revolver in Schallers Hand.
    »Lassen Sie die Waffe fallen!«, kommandierte Schaller.
    Pistoux warf den Revolver zu Boden.
    »So ein Mist!«, hörte er Keiner schimpfen.
    »Heb das Ding auf!«, befahl Schaller dem Gewürzhändler, der sich gerade wieder aufrappelte.
    Wetzel hob den Revolver auf und zielte damit auf die Kinder.
    »Los!«, sagte Schaller. »Wir schaffen sie in den Turm.«

21 DER WIDERSPENSTIGE
    Wanner fragte sich, ob er jemanden holen sollte, der ihm die Tür aufbrach, da wurde sie aufgezogen, und das verwirrte schweißglänzende Gesicht mit der Hakennase des Gewürzhändlers erschien. Dünne Haare klebten feucht an seinem halb kahlen Schädel. Er rückte sich seine Fes zurecht.
    »Ja, bitte? Oh, Sie sind es, Herr Inspektor.«
    »Guten Abend.«
    »Zu so später Stunde, Herr Inspektor?«
    »Es ist noch nicht Schlafenszeit, Herr Wetzel. Außerdem ermittle ich in einem Mordfall. Aufklärung hat absolute Priorität. Genauer gesagt, sind es zwei Mordfälle. Also doppelte Priorität.«
    Wetzel nickte unterwürfig.
    »Sicher, sicher, Herr Inspektor. Ganz recht. Aber was habe ich damit zu tun?«
    »Bei Ihnen wurde die Leiche gefunden.«
    Wetzel kratzte sich am Kopf. »Ja, doch, selbstverständlich.«
    »Dann möchte ich Sie also bitten, mich hereinzulassen. Ich muss Ihnen noch einige Fragen stellen.«
    Wetzel lächelte zaghaft: »Sie haben sich da aber einen ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht, Herr Inspektor.«
    »Die Polizei kommt immer in ungünstigen Momenten«, sagte Wanner. »Ist es nicht so?«
    »Könnten wir nicht morgen, vielleicht …?«
    »Nein, tut mir Leid.«
    »… wenn ich zu Ihnen kommen würde, gleich morgen früh.«
    »Bedaure, Ermittlungen in Sachen Mord dulden keinen Aufschub.«
    Das Gesicht des Gewürzhändlers verschwand. Wanner drückte gegen die Tür. Sie wurde von einer Kette blockiert. Wanner glaubte, irgendwo Stimmen zu hören. Die Tür wurde zugedrückt. Wanner befürchtete schon, ausgesperrt zu werden, da klapperte die Kette, und Wetzel zog die Tür auf, um den Inspektor hineinzulassen.
    »Bitte sehr, treten Sie doch ein.«
    Wanner folgte dem Gewürzhändler, der sich zu seinem Kimono jetzt noch einen Fes aufgesetzt hatte, in den mit dem orientalischen Gerümpel voll gestellten Vorraum und wurde wie schon bei seinem ersten Besuch in den Salon geführt. Auch diesmal war es wieder sehr heiß in dem Raum, dessen Wände mit chinesischen Gobelins behängt waren.
    Wetzel deutete auf einen Sessel: »Nehmen Sie doch Platz, Herr Inspektor.« Dann kniete er sich hin und machte sich an einer der Vitrinen mit den Porzellanfiguren zu schaffen. Die Figuren waren größtenteils umgefallen. Das Glas der Vitrine hatte mehrere Sprünge. Wetzel seufzte, während er die Figuren wieder aufrichtete.
    Wanner bemerkte neben dem Ofen ein Häuflein Porzellanteile, die von einer zu Bruch gegangenen Vase zu stammen schienen.
    »Haben Sie Besuch gehabt?«, fragte der Inspektor.
    Wetzel, der sich ganz in das Aufstellen der Figuren vertieft hatte, drehte sich erschrocken um: »Wie bitte?«
    »Mir war so, als hätte ich Stimmen gehört.«
    »Stimmen? Was für Stimmen?«
    »Stimmen eben, sonst nichts.«
    Wetzel tat so, als würde er horchen: »Ich höre nichts.«
    »Nein. Sie würden es wohl auch wissen, nicht wahr?«
    »Bitte?«
    »Wenn Sie Besuch hätten, würden Sie es doch zweifellos wissen.«
    »Sie sind doch bei mir zu Besuch, Herr Inspektor.«
    »Sie haben Recht.«
    »Darf ich Ihnen ein Glas Reisschnaps anbieten?«
    »Was bitte?«
    »Chinesischen Reisschnaps, eine Spezialität des Hauses.«
    »Nicht im Dienst, Herr Wetzel, besten Dank.«
    »Aber vielleicht etwas anderes: einen türkischen Mokka?« Der Gewürzhändler stand auf.
    »Nicht zu so später Stunde, danke sehr.«
    Wetzel lief zu einem Bambusschränkchen und zog eine Schublade auf.
    »Wie wär’s mit Ingwerplätzchen, einer englischen Spezialität? Die kennt hierzulande noch kaum jemand.«
    »Ich bitte Sie, Herr Wetzel, setzen Sie sich. Mir ist jetzt wirklich nicht nach Süßigkeiten.«
    Aber Wetzel rannte schon zu einem weiteren Schrank und zog ein Türchen auf: » Schoggifrätzli? «
    »Wie bitte?«
    »Das ist eine schweizerische Spezialität.«
    »Verschonen Sie mich mit Ihren Spezialitäten, Herr Wetzel! Sie setzen sich jetzt

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