Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das giftige Herz

Das giftige Herz

Titel: Das giftige Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Doyle
Vom Netzwerk:
lang anzusehen … seine Überreste …«
    »Vielleicht ist Ihnen dennoch etwas Bemerkenswertes an Ihrem Gatten aufgefallen, gnädige Frau.«
    Sie sah auf. »Etwas Bemerkenswertes?«
    »Etwas Beunruhigendes, eine neue Angewohnheit …«
    »Er hatte keine Angewohnheiten, soviel ich weiß«, sagte sie abweisend.
    Wanner merkte, dass sie nicht mehr sagen wollte. Sie hatte sich gehen lassen, jetzt wollte sie das ungeschehen machen und lieber gar nichts mehr sagen.
    »Bitte«, Wanner beugte sich nach vorn. »Es geht um ein schreckliches Verbrechen. Ihr Mann ist ermordet worden. Und selbst wenn es … jemand anderes gewesen wäre … Es handelt sich um Mord.«
    »Ja«, sagte sie leise, »sie haben Recht. Es handelt sich um Mord. Und da sind alle Menschen gleich.«
    »Ist Ihnen wirklich nie etwas aufgefallen?«
    »Ja, was denn …?«
    »Hat er sich mit besonderen Dingen befasst?«
    »Mit Dingen?«
    »Nun ja …«
    »Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen, Inspektor.«
    »Interessen, Leidenschaften …«
    Wanner holte tief Luft: »Ihr Dienstmädchen, das andere, Hedwig …«
    Frau Ehrenhoff unterbrach ihn: »Ach, solche Interessen meinen Sie. Leidenschaften. Ja, sicher, so kann man es wohl nennen. Glauben Sie nicht, dass ich nichts davon wusste.«
    »Wovon denn?«
    »Na, wovon sprechen wir denn gerade, von den Leidenschaften!«
    »Ja, gnädige Frau, entschuldigen Sie, aber es liegt in der Natur dieser Ermittlungen, dass ich Fragen stellen muss, die unter normalen Umständen …«
    »Schon gut, werden wir sachlich.« Eine sanfte Röte hatte sich auf dem schönen Gesicht der Ratsherrenwitwe ausgebreitet. »Sie fragen nach Hedwig?«
    »Nur weil …«
    Mit einer Handbewegung schnitt sie ihm das Wort ab: »In gewisser Weise war ich ja froh, dass Hedwig zu uns kam. Die anderen Dienstmädchen gingen schnell wieder. Es war ein ständiges Kommen und Gehen, jedenfalls was die jüngeren betraf.« Sie sprach jetzt immer schneller, als wollte sie es rasch hinter sich bekommen. »Sie haben sich nie beklagt, sie sind einfach gegangen. Natürlich hat man sich zunächst gewundert … Edwina, unsere Hausdame, war schon am Verzweifeln … Zunächst dachte man natürlich, es hätte etwas mit ihr zu tun … aber es war einfach … Mein Mann hat in seinem Arbeitszimmer … die Mädchen … Es hätte nicht sein dürfen … aber …« Sie brach ab, rieb sich nervös die Hände und blickte Wanner Hilfe suchend an: »Was hat Ihnen Hedwig denn erzählt? Warum ist sie geblieben? Was soll ich davon halten? Ich werde sie wohl entlassen müssen, jetzt nachdem alles vorbei ist. Herr Inspektor?«
    Wanner hasste sich dafür, aber er wusste, dass er es jetzt fragen musste.
    »Es geht mir nicht um Hedwig, sondern um das, was sie mir gesagt hat«, sagte er jetzt mit fester Stimme, den forschenden Blick auf das vergrämte Gesicht der schönen Bürgerin gerichtet. »Sie sagte, Ihr Mann habe einen Totenkopf besessen.«
    Frau Ehrenhoff blickte ihn versteinert an.
    »Er hat ihn ihr nicht gezeigt, sondern ihn in seiner Schublade versteckt.« Frau Ehrenhoff regte sich nicht. Sie war blass geworden.
    »Es ist doch ungewöhnlich, dass jemand einen Totenkopf in seiner Schublade aufbewahrt.«
    Frau Ehrenhoffs Blick war leer.
    »Ein eher kleiner Kopf soll es gewesen sein. Der Unterkiefer fehlte.«
    »Hören Sie auf«, stöhnte Frau Ehrenhoff.
    »Die Frage, die ich mir stelle, lautet: Warum hat er diesen Schädel besessen? Und zweitens: Gab es noch mehr oder Ähnliches davon?«
    Die Witwe des Ratsherrn zitterte jetzt am ganzen Körper.
    »Die Hand!«, flüsterte sie.
    Wanner lehnte sich zurück. »Was für eine Hand?«
    »Eine … Knochenhand.« Frau Ehrenhoff schlug sich die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen.
    Wanner spürte ein Gefühl der Befriedigung und schämte sich dafür. Er hatte diese würdevolle und schöne Frau zum Weinen gebracht. Solche zweifelhaften Erfolge brachte sein Beruf mit sich.
    »Erzählen Sie mir von dieser Knochenhand.«
    Frau Ehrenhoff zog sich ein spitzenverziertes Taschentuch aus dem Ärmel und schnäuzte sich damit. Die Hände auf die Armlehnen gestützt, versuchte sie dann, sich zu sammeln. Als das Schluchzen verebbt war, atmete sie tief durch und sagte: »Er hat mit der Knochenhand geschlafen.«
    »Was?«
    »Sie lag unterm Kopfkissen.«
    »Erklären Sie mir das!«
    »Das Mädchen, das sie beim Bettenmachen entdeckt hat, ist nicht mehr bei uns. Sie hat wenig später gekündigt. Sie traute sich nicht, sie anzufassen.«
    »Wie

Weitere Kostenlose Bücher