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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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im Stich lassen. Natürlich werde ich weiterhin zu meinem Versprechen stehen, die Gründler-Hütte zu kaufen. Ich werde noch heute einen Termin mit Alois Gründler vereinbaren. Gehört die Hütte erst einmal mir, wird niemand seine Arbeit verlieren. Natürlich wird dennoch nicht alles so weitergehen können wie bisher. Natürlich werden einige Veränderungen anstehen …«
    Sein Grinsen trieb David einen Schauer über den Rücken. Wie hatte er für diesen Mann je auch nur einen Funken an Bewunderung aufbringen können?
    Er hatte den Türgriff schon in der Hand, als Strobel erneut zu sprechen anhob. »Wanda Miles … Die Amerikanerin … Selbstverständlich wäre ich bereit, sie auch weiterhin als Wortführerin der Glasbläser zu akzeptieren. Diesen Part hatte sie ja offenbar bisher auch inne.«
    Â»Wanda als Wortführerin akzeptieren? Wofür?« David runzelte die Stirn. Was war denn das schon wieder?
    Â»Manche Veränderungen, die ich plane, werden meinen Arbeitern nicht ganz leichtfallen. Da könnte es hilfreich sein, wenn das junge Fräulein mich nochmals aufsucht, damit wir in Ruhe Wohl und Wehe der Glasbläser besprechen können.«

    Wie er seine Lippen geleckt hatte, als er Wandas Namen aussprach … Widerlich! David stöhnte laut auf, was ihm befremdete Blicke seiner Mitreisenden eintrug.
    Inzwischen hatten sie Steinach passiert. Nun würde es nicht mehr lange dauern, bis die ersten Häuser von Lauscha zu sehen waren.
    Natürlich hatte er Angst davor, den Glasbläsern unter die Augen zu treten! Und natürlich konnte er verstehen, daß Wanda der Gedanke daran einiges Unwohlsein bereitet hatte.
    Aber war das ein Grund, sich vor den Zug zu werfen?
    Wie verzweifelt mußte die Arme gewesen sein …
    Der Gedanke an ihr leichenblasses Gesicht, an die geschlossenen Augen, die sich weigerten, ins Hier und Jetzt zu schauen, ließ Davids eigene Angst kleiner werden.
    Warum hatte er nicht gemerkt, wie verzweifelt sie gewesen war? Warum hatte er sich von ihrem stummen Abschied derart täuschen lassen? Warum war er ihr nicht sofort nachgelaufen, hatte sie in den Arm genommen und getröstet?Der Zug wurde langsamer. Mühevoll wand er sich die letzten steilen Kurven das Tal hinauf. Als David aus dem Fenster schaute, sah er schon von weitem die weißen und roten Bänder, mit denen der Lauschaer Bahnsteig geschmückt war. Ganz vorn standen in Reih und Glied ungefähr zwanzig Männer und Frauen – wahrscheinlich der Begrüßungschor.
    Die Leute würden sich ihr Ständchen für bessere Zeiten aufsparen müssen, ging es David grimmig durch den Kopf. Rund um den Chor drängten sich Dutzende von Leuten in Richtung des Zuges.
    Was für ein Menschenauflauf! Und alle in Feierlaune …
    Warum war Strobel mit der bitteren Wahrheit nicht schon letzte Woche zu ihm gekommen? Dann hätte man sich zumindest den großen Bahnhof hier ersparen können.
    Davids Puls raste vor Angst. Wenn er den Leuten nur etwas Positives zu sagen hätte!
    Aber so – es wäre kein Wunder, wenn die Lauschaer das Bedürfnis verspüren sollten, ihn zu lynchen.
    Doch das würde er zu verhindern wissen. Er hatte nämlich noch einige offene Rechnungen zu begleichen.
    Mit dem verdammten Betrüger, der viel Geld für wertloses Papier genommen hatte. Und wenn es Jahre dauern würde – er würde den Kerl aufstöbern wie eine Ratte in ihrem Loch!
    Mit Strobel, der darüber hinwegging, als wäre der Bäcker ihm beim Brotkauf einen Groschen Rückgeld schuldig geblieben. C’est la vie! Von wegen! David würde mit Sicherheit etwas einfallen, wie er Strobel zeigen konnte, wie das Leben war!
    Und er hatte noch eine offene Rechnung mit Gerhard Grosse zu begleichen, der das alles so lustig fand.
    Das alles war er Wanda schuldig.

41. K APITEL
    Die Nachricht von dem Betrug, dem die Genossenschaftler aufgesessen waren, die Tatsache, daß elftausend Goldmark verloren waren, daß manch einer dadurch die Ersparnisse seines Lebens verloren hatte – diese Tatsache erschütterte Lauscha wie ein Erdbeben. Alles verloren? Fassungslosigkeit, Wut, Ärger, Verzweiflung, Angst – natürlich war das Beben bei den direkt Betroffenen gewaltiger als bei denen, die dem Schauspiel hilflos als Zuschauer beiwohnten. Aber wie bei einem tatsächlichen Erdbeben wurden

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