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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sein?
    Wanda nahm einen Schluck Bier, um den Kloß in ihrer Kehle loszuwerden. Es schmeckte bitter. Der Kloß wurde härter.
    Irritiert schaute sie von ihrem Krug auf. Außer ihr schien niemand etwas an dem Gerstensaft auszusetzen zu haben. Ganz im Gegenteil – wurden die Krüge heute nicht noch schneller geleert als sonst? Auch der Lärmpegel am Stammtisch, an dem Wanda zusammen mit Richard Platz genommen hatte, schien ihr unangenehm hoch zu sein. Trübsinnig starrte sie vor sich hin, hie und da einen Gesprächsfetzen wahrnehmend.
    Â»Hier saß er immer, der Alois, und hat so getan, als sei er einer von uns! Dabei schert er sich einen feuchten Kehricht um uns. Hätte er es sonst gewagt, die Hütte ausgerechnet an einen Verleger aus Sonneberg zu verkaufen?«
    Neben Wanda donnerte eine Faust auf den Tisch.
    Â»Verraten hat er uns, der Judas!« tönte es im selben Moment.
    Â»Nur geht es in Gründlers Fall um mehr als dreißig Silberlinge«, kam es bitter von der anderen Tischseite. »Als er heute mittag loslegte, hab ich gedacht, der macht Witze …« Fragend schaute der Mann in die Runde. »Er wolle nach Amerika auswandern – wenn jemand so etwas sagt, glaubt man doch erst einmal an einen Scherz, oder?«
    Die andern zuckten mit den Schultern.
    Â»Spätestens als er sagte, er müsse nach dem Verkauf auch noch seine zwei Brüder auszahlen, war mir klar, daß Alois Gründler es bitterernst meint!« knurrte Wandas Tischnachbar Martin Ehrenpreis. »Amerika – soll er doch hingehen, wo der Pfeffer wächst …«
    Â»Und seine Brüder gleich mitnehmen! Die haben sich doch nie um uns gekümmert! Haben immer nur abkassiert! Der eine sitzt in seiner Schachtelmacherwerkstatt, der andere lebt in Suhl und treibt dort Gott weiß was. Wenn jetzt die Hütte verkauft wird, machen die ein letztes Mal den großen Reibach!«
    Â»Noch ist die Hütte nicht verkauft. Habt ihr nicht vorhin erzählt, Alois Gründler hätte lediglich von einem Kauf interessenten gesprochen?« fragte ein Mann, von dem Wanda wußte, daß er in der Seppenhütte arbeitete.
    Sie seufzte. Daß der bevorstehende Verkauf der Gründler-Hütte das große Thema im »Schwarzen Adler« sein würde, hätte sie sich eigentlich denken können.
    Was am Mittag noch ein Gerücht gewesen war – und der Grund dafür, warum Richard so spät auftauchte –, hatte sich inzwischen bestätigt: Die Gründler-Hütte sollte verkauft werden.
    Und wennschon, dachte Wanda bei sich, während um sie herum die Diskussion über den niederträchtigen Hüttenbesitzer und seine nichtsnutzigen Brüder heftig weiterging. Warum regten sich die Männer eigentlich so auf? Viel schlimmer wäre es doch, wenn die Hütte geschlossen würde und Arbeitsplätze verlorengingen, oder?
    Normalerweise hätte sich Wanda in das Gespräch eingemischt, hätte Fragen gestellt, hätte versucht, die Aufregung zu verstehen. Doch heute abend stand ihr danach nicht der Sinn.
    Es war Richard gewesen, der einen Besuch im »Schwarzen Adler« vorgeschlagen hatte. Er wolle mit eigenen Ohren hören, was es an Neuigkeiten über die Hütte gab, hatte er gemeint.
    Wanda, der alles recht war, solange sie den Abend nicht mit ihrer Mutter und dem Rest der Familie verbringen mußte, hatte ihn schließlich begleitet.
    Doch jetzt bereute sie ihre Entscheidung. Wieviel lieber wäre sie mit Richard spazierengegangen! Was hatte sie mit dieser Hütte zu tun? Hatte sie nicht genug eigene Sorgen?
    Richards Arm um ihre Schulter, sein Schritt dem ihren angepaßt, nur das Zirpen der Grillen im Ohr, ringsum der Wald und über ihnen der leicht verhangene Sommerhimmel – Wanda lächelte traurig. Umgeben von den heilsamen Kräften der Natur hätte sie Richard vielleicht beibringen können, daß es mit der Hochzeit vorerst nichts werden würde. Daß ihre Mutter ihr schlichtweg verboten hatte, Richard zu heiraten, zumindest so lange, bis sie volljährig war. Und das dauerte immerhin noch ein Dreivierteljahr! Danach würde Ruth ihrer Tochter nicht mehr vorschreiben können, was sie zu tun und zu lassen hatte.
    Wanda biß sich auf die Unterlippe. Nein, so lange wollte sie nicht warten. Sie mußten einen Weg finden, Ruth auf ihre Seite zu bringen! Vielleicht würde Richard …
    Wanda warf ihm einen

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