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Das gläserne Paradies

Das gläserne Paradies

Titel: Das gläserne Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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murmelte Martin Ehrenpreis, und sein sonst so rotes Gesicht war ausgesprochen blaß dabei.
    Â»Was ist denn so schlimm daran?« fragte Wanda, obwohl sie nicht die geringste Lust auf dieses Gespräch verspürte. Warum mußten sich die Männer ständig in ihr Gespräch einmischen? Konnten sie Richard nicht mal für eine Weile entbehren? »Es ist doch gut, wenn jemand bereit ist, in Lauscha zu investieren!«
    Â»Investieren, pah! Den Verlegern geht es doch nur darum, uns noch weiter auszubeuten! Warte nur ab, bald haben wir Glasbläser gar nichts mehr zu melden«, erwiderte Richard.
    Â»Das ist der Lauf der Zeit«, antwortete einer der Männer trübselig. »Gegen die, die das Geld haben, können wir arme Schlucker uns nicht wehren. Die machen mit uns, was sie wollen.«
    Richard nickte zustimmend. »Bin ich froh, daß ich weder mit einem Verleger zusammenarbeiten muß noch auf die Arbeit in einer der Hütten angewiesen bin! Die Arbeiter der Gründler-Hütte können einem wirklich leid tun.« Den letzten Satz hatte er so leise gemurmelt, daß ihn außer Wanda niemand hörte.
    Â»Das ist mir ehrlich gesagt im Augenblick völlig egal«, zischte sie genauso leise zurück. Die Wut und Hilflosigkeit, die wie eine düstere Wolke über dem Tisch hing, verstärkte ihren eigenen Zorn und die Enttäuschung noch.
    Nach einem Schluck Bier wagte Wanda einen neuen Anlauf.
    Â»Mutter hat gemeint, wir sollten –«
    Richard sah sie ein wenig abwesend an, dann tätschelte er ihre Hand. »Ich weiß, es gibt viel zu bereden. Die Hochzeit, der Termin … Hat sie denn etwas darüber gesagt, ob sie bis zur Hochzeit bleiben will? Ich meine, natürlich wäre es schön, im September in der neuen Kirche getraut zu werden, aber ob die bis dahin fertig sein wird, ist mehr als fraglich.« Er zuckte mit den Schultern.
    Wanda biß sich auf die Unterlippe. Sie mußte ihm reinen Wein einschenken, bevor er sich weiter in seine Zukunftspläne verstrickte. Auch wenn es noch so weh tat!
    Â»Kirche hin oder her, Mutter will nicht, daß –« Weiter kam sie nicht, denn im selben Moment hob auch Richard zu sprechen an.
    Â»Und das ausgerechnet jetzt, wo ich jeden Tag mit dem neuen Auftrag von Täuber rechne. Danach werde ich Tag und Nacht durcharbeiten müssen … Nicht, daß mir das etwas ausmacht, ganz im Gegenteil! Ich fiebere der Arbeit schon richtig entgegen, aber –« Er brach ab, als sich Hansens Sohn zu ihm hinüberlehnte.
    Â»Dich scheint die Misere ja nicht sonderlich zu interessieren!« fuhr der Mann Richard an. »Na ja, wenn man ein feiner Künstler ist! Und eine gute Partie heiratet …«
    Â»Was soll das denn heißen?« erwiderte Richard aufgebracht. »Glaubst du etwa, ich –«
    Zaghaft zupfte Wanda an Richards Ärmel, doch er schob ihre Hand fort. »Ist gut, Wanda. Wir reden morgen in Ruhe über alles, ja?«
    Wanda blieb nichts anderes übrig, als stumm daneben zu sitzen, während Richard erneut in das Stammtischgespräch verwickelt wurde.

9. K APITEL
    Wie Wanda es sich gewünscht hatte, bekam Ruth Ende Juni eine große Schüssel hellroter Frühkirschen vom Baum aus Karl dem Schweizer Fleins Garten. Wanda, die im ersten Moment noch damit gerechnet hatte, daß ihre Mutter nach Obstbesteck verlangte, um damit die Kirschen zu sezieren, schaute zufrieden zu, wie sich Ruth voller Genuß eine Kirsche nach der anderen in den Mund stopfte – den roten Saft, der ihr am Mund und an den Händen hinablief, ignorierend. Noch ein, zwei Wochen, dann würden auch die Himbeeren reif sein und sich ohne Mühe von den Zweigen lösen lassen. Doch dieser Genuß würde Ruth entgehen – ihre Abreise war für Anfang Juli geplant. Und nicht nur ihre …
    Während der Dauer von Ruths Besuch war der Sommer in jede Ritze des Thüringer Waldes gekrochen. Dennoch bekam Wanda nicht viel davon mit. Als ihr Cousin Johannes von der Sonnwendfeier erzählte, die auf einer Anhöhe in der Nähe des Waldes stattfinden sollte, erschrak sie fast ein bißchen. Von jetzt an sollten die Tage schon wieder kürzer werden? Obwohl sich Johannes’ Beschreibungen von Tanz, Musik und einem riesigen Lagerfeuer sehr verführerisch anhörten, glaubte sie kaum, daß sie daran teilnehmen würde. Für die anderen jungen Leute mochte

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