Das Glasperlenspiel
des Meisters Tode mitschuldig fühlte, überkam ihn mit heiligem Schauer die Ahnung, daß diese Schuld ihn selbst und sein Leben
umgestalten und viel Größeres von ihm fordern werde, als er bisher je von sich verlangt hatte.
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JOSEF KNECHTS HINTERLASSENE
SCHRIFTEN
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DIE GEDICHTE DES SCHÜLERS
UND STUDENTEN
Klage Uns ist kein Sein vergönnt. Wir sind nur Strom, Wir fließen willig allen Formen ein:
Dem Tag, der Nacht, der Höhle und dem Dom, Wir gehn
hindurch, uns treibt der Durst nach Sein.
So füllen Form um Form wir ohne Rast, Und keine wird zur Heimat uns, zum Glück, zur Not, Stets sind wir unterwegs, stets sind wir Gast, Uns ruft nicht Feld noch Pflug, uns wächst kein Brot.
Wir wissen nicht, wie Gott es mit uns meint, Er spielt mit uns, dem Ton in seiner Hand, Der stumm und bildsam ist, nicht lacht noch weint, Der wohl geknetet wird, doch nie gebrannt.
Einmal zu Stein erstarren! Einmal dauern!
Danach ist unsre Sehnsucht ewig rege, Und bleibt doch ewig nur ein banges Schauern, Und wird doch nie zur Rast auf unsrem Wege.
Entgegenkommen Die ewig Unentwegten und Naiven
Ertragen freilich unsre Zweifel nicht.
Flach sei die Welt, erklären sie uns schlicht, Und Faselei die Sage von den Tiefen.
Denn sollt es wirklich andre Dimensionen Als die zwei guten, altvertrauten geben, Wie könnte da ein Mensch noch sicher wohnen, Wie könnte da ein Mensch noch sorglos leben?
Um also einen Frieden zu erreichen, So laßt uns eine Dimension denn streichen!
Denn sind die Unentwegten wirklich ehrlich, Und ist das Tiefensehen so gefährlich, Dann ist die dritte Dimension entbehrlich.
Doch heimlich dürsten wir...
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Anmutig, geistig, arabeskenzart Scheint unser Leben sich wie das von Feen In sanften Tänzen um das Nichts zu drehen, Dem wir geopfert Sein und Gegenwart.
Schönheit der Träume, holde Spielerei, So hingehaucht, so reinlich abgestimmt, Tief unter deiner heitern Fläche glimmt Sehnsucht nach Nacht, nach Blut, nach Barbarei.
Im Leeren dreht sich, ohne Zwang und Not, Frei unser Leben, stets zum Spiel bereit, Doch heimlich dürsten wir nach Wirklichkeit, Nach Zeugung und Geburt, nach Leid und Tod.
Buchstaben Gelegentlich ergreifen wir die Feder Und
schreiben Zeichen auf ein weißes Blatt, Die sagen dies und das, es kennt sie jeder, Es ist ein Spiel, das seine Regeln hat.
Doch wenn ein Wilder oder Mondmann käme Und solches
Blatt, solch furchig Runenfeld Neugierig forsche nd vor die Augen nähme, Ihm starrte draus ein fremdes Bild der Welt, Ein fremder Zauberbildersaal entgegen.
Er sähe A und B als Mensch und Tier, Als Augen, Zungen, Glieder sich bewegen, Bedächtig dort, gehetzt von Trieben hier, Er läse wie im Schnee den Krähentritt, Er liefe, ruhte, litte, flöge mit Und sähe aller Schöpfung Möglichkeiten Durch die erstarrten schwarzen Zeichen spuken, Durch die gestabten Ornamente gleiten, Sah Liebe glühen, sähe Schmerzen zucken.
Er würde staunen, lachen, weinen, zittern, Da hinter dieser Schrift gestabten Gittern Die ganze Welt in ihrem blinden Drang Verkleinert ihm erschiene, in die Zeichen Verzwergt, verzaubert, die in steifem Gang Gefangen gehn und so einander gleichen, Daß Lebensdrang und Tod, Wollust und Leiden Zu Brüdern werden, kaum zu unterscheiden...
Und endlich würde dieser Wilde schreien Vor unerträglicher Angst, und Feuer schüren Und unter Stirnaufschlag und Litaneien Das weiße Runenblatt den Flammen weihen.
Dann würde er vielleicht einschlummernd spüren, Wie diese Un-Welt, dieser Zaubertand, Dies Unerträgliche zurück ins
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Niegewesen Gesogen würde und ins Nirgendland, Und würde seufzen, lächeln und genesen.
Der letzte Glasperlenspieler Sein Spielzeug, bunte Perlen, in der Hand, Sitzt er gebückt, es liegt um ihn das Land Verheert von Krieg und Pest, auf den Ruinen Wächst Efeu, und im Efeu summen Bienen.
Ein müder Friede mit gedämpftem Psalter Durchtönt die Welt, ein stilles Greisenalter Der Alte seine bunten Perlen zählt, Hier eine blaue, eine weiße faßt, Da eine große, eine kleine wählt Und sie im Ring zum Spiel zusammenpaßt.
Er war einst groß im Spiel mit den Symbolen, War vieler Künste, vieler Sprachen Meister, War ein weltkundiger, ein weitgereister, Berühmter Mann, gekannt bis zu den Polen, Umgeben stets von Schülern und Kollegen.
Jetzt blieb er übrig, alt, verbraucht, allein, Es wirbt kein Jünger mehr um seinen Segen, Es lädt ihn kein Magister zum Disput; Sie sind dahin, und auch die Tempel, Büchereien, Schulen
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