Das Glueck einer einzigen Nacht
und hören Sie zu, was ich Ihnen zu sagen habe“, herrschte sie ihn an.
Barbaras beleidigender Ton empörte ihn. „Wie bitte?“ fragte er kalt.
„Ich habe gesagt, Sie sollen sich setzen und den Mund halten“, wiederholte Barbara streng. Während sie auf den Bericht deutete, achtete sie nicht auf seinen erstaunten Gesichtsausdruck, sondern fuhr fort: „Wir wissen beide, Mason, daß es
eine
legitime
Praxis
der
Banken
ist,
Schuldscheine
mit
Gewinn
weiterzuverkaufen. Und da Geld im Moment knapp ist, ist das ein gutes Geschäft.“
Sprachlos sank der Bankier auf seinen Stuhl zurück und starrte sie fassungslos an. Doch Barbara sprach bereits weiter.
„Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, das Kleingedruckte zu lesen, wäre Ihnen aufgefallen, daß ich Ihnen mehr als nur einen fairen Preis biete. Ich unterbreite Ihnen ein äußerst günstiges Angebot, und ich erwarte, daß Sie es dem Aufsichtsrat vorlegen und persönlich befürworten.“ Mit herausforderndem Blick schob sie ihm die Papiere zu und lehnte sich dann lässig in ihrem Stuhl zurück.
„Das ist ja absurd!“ schimpfte Mason. „Man könnte ja fast meinen, Sie wollen mir drohen.“
„Äußerst scharfsinnig, Mason“, bemerkte Barbara ruhig.
Ihre Selbstsicherheit ließ seinen Puls plötzlich schneller schlagen. Vielleicht hatte er die Dame unterschätzt? Vielleicht war sie gerissener, als er angenommen hatte? Sie griff erneut in ihren Aktenkoffer und warf einen zweiten Ordner auf seinen Schreibtisch. Jetzt fiel ihm zum erstenmal das Glitzern in ihren Katzenaugen auf. Nur zögernd griff er nach dem zweiten Ordner, der nichts Gutes bedeuten konnte.
„Dieses Material soll mich wohl überzeugen?“ Mason versuchte zwar, Gleichgültigkeit vorzutäuschen, aber seine Finger trommelten nervös auf dem Ordner herum.
„Wenn es das nicht tut, sind Sie noch rücksichtsloser, als ich angenommen hatte.“ Unverwandt blickte Barbara ihn an und wartete, daß er den Ordner aufschlug.
Der Briefkopf des Papiers lies Mason Böses ahnen: „Stone und Bruell, Privatdetektei.“ Während er die erste Seite des Berichts las, bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn. Er lockerte seine Krawatte und öffnete den obersten Hemdknopf. Das Belastungsmaterial, das die Detektei gegen ihn zusammengetragen hatte, war erdrückend. Je weiter er las, desto heftiger rang er nach Luft.
„Sie sind ein böser Junge gewesen, Mason“, bemerkte Barbara gelassen. „Einfach in die Schalterkasse zu greifen, um Ihre persönlichen Schulden zu begleichen, war äußerst unüberlegt, um nicht zu sagen gesetzwidrig. Am meisten wundert es mich, daß Sie so lange Zeit ungeschoren davongekommen sind.“ In diesem für Mason höchst peinlichen Moment summte die Sprechanlage auf seinem Schreibtisch. Hastig drückte er auf den Knopf und brummte unfreundlich:
„Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen keine Anrufe durchstellen, Miss Fergusson.“
„Aber, Sir, Mr. Hershell senior möchte Sie sprechen. Er sagt, es sei dringend.“
„Er soll eine Nachricht hinterlassen.“
„Aber, Sir…“ beharrte die Empfangsdame.
„Verflucht, Fergusson! Sind Sie taub? Ich sagte, Sie sollen die Nachricht entgegennehmen.“ Damit beendete Mason die Diskussion mit seiner Sekretärin.
„Daddy wird nicht gut auf Sie zu sprechen sein, Mason“, sagte Barbara ruhig, während Hershell ein Taschentuch aus seiner Hosentasche zog und sich damit die Stirn abtupfte. „Vor allem, wenn er herausfindet, daß Sie Gelder veruntreut haben.“
„Das klingt ja fast wie Erpressung, Mrs. Hayden“, jammerte Mason, an dessen Hals sich plötzlich hektische rote Flecke zeigten.
„Aber ganz und gar nicht“, versicherte Barbara. „Ich würde es eher gute Zusammenarbeit nennen. Da Ihr Vater die Aktienmehrheit dieser Bank besitzt und Vorsitzender des Direktoriums ist, bin ich sicher, daß er Ihren Vorschlag, den Schuldschein der FarrettBergwerke zu verkaufen, unterstützen wird. Schließlich ist er derjenige, der Sie zum stellvertretenden Direktor dieser Bank gemacht hat.
Wenn er den Ruf seiner Familie nicht ruinieren will, bleibt ihm gar keine andere Wahl.“
Barbara stand auf, nahm den Bericht der Detektei von seinem Schreibtisch und legte ihn in ihren Aktenkoffer. „Ich nehme diese Papiere wieder an mich, lasse aber das Angebot meiner Firma in Ihren bewährten Händen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt, Mason?“
„Vollkommen“, erwiderte Mason wütend. Auf seinen Wangen hatten sich inzwischen
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