Das Glück einer Sommernacht
aufmerksam. Er wandte sich ihr zu und sah sie eindringlich an. „Warum haben Sie so etwas gesagt?“
Kelsey zuckte stumm die Achseln. Ja, warum? Sie wusste es selbst nicht genau. Als sie Mr Lefkowitz’ verärgerte Stimme hörte, hatte sie auf einmal den überwältigenden Drang verspürt, Alex in Schutz zu nehmen. Dabei war es ihr ganz egal gewesen, ob sie Stuart Lefkowitz auch die Wahrheit sagte.
„Und kommen Sie voran?“, fragte sie vorsichtig.
„Je nachdem, was Sie darunter verstehen.“
Was sie darunter verstand? Sie wartete darauf, dass er ihr neue Seiten lieferte, die sie abschreiben konnte! Der letzte Schreibblock war fast abgetippt, und noch war kein neuer auf ihrem Tisch aufgetaucht. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn Alex dafür seine Zeit damit zugebracht hätte, das bereits Geschriebene zu überarbeiten. Aber soweit sie das beurteilen konnte, hatte er ihre Ausdrucke noch gar nicht angerührt.
Jetzt riss er das vollgeschriebene oberste Blatt von seinem Block, zerknüllte es achtlos und ließ es zu Boden fallen.
Kelsey sah zu, wie die gelbe Papierkugel zwischen den zahllosen übrigen gelben Kugeln landete.
„Dann habe ich Mr Lefkowitz also angelogen?“, bemerkte sie.
„Wenn Sie meinen. Warum haben Sie ihm etwas gesagt, das Sie nicht sicher wussten?“
„Ich dachte, ich würde Ihnen einen Gefallen tun.“
„Einen Gefallen?“ Er klang so distanziert und reserviert, dass sich ihr alle Nackenhaare sträubten.
„Indem ich Ihnen Ihren Verleger vom Leib halte.“ Warum war er nur so misstrauisch? Und wieso hatte sie immer das Gefühl, sie müsste sich verteidigen? „Sie klingen, als hätte ich dahinter irgendein anderes Motiv.“
Er zuckte die Achseln. „Das haben Sie ja vielleicht auch.“
Kelsey schluckte. Sie hatte sich Alex doch schon so nah gefühlt. Und sie hatte gedacht, die Beziehungen zwischen ihnen seien in den letzten Tagen aufgetaut. Seit er ihren Kaffeebecher mehr schlecht als recht zusammengeflickt hatte.
„Was für ein Motiv sollte das wohl sein?“, fragte sie erbittert. „Worauf sollte ich denn aus sein?“
„Das müssen Sie mir schon selbst sagen.“
Sie verdrehte die Augen und lehnte sich an den Türpfosten.
„Meine Güte, Sie haben mich erwischt!“, sagte sie sarkastisch. „Ich hole Ihnen Ihre Medizin, lüge Stuart Lefkowitz an, und das gehört alles zu einer großen Verschwörung. Wissen Sie, wonach das klingt? Nach Verfolgungswahn.“
Dabei verstand sie ihn ja! Er hatte seine Gründe, vorsichtig zu sein. Aber irgendwann muss jeder Mensch sich doch einmal von der Vergangenheit lösen und die Verletzungen hinter sich lassen.
Als er schwieg, sagte sie leise: „Sie sind nicht der erste Mensch, der von anderen verletzt wurde.“
„Was soll das heißen?“
„Nichts“, antwortete sie kopfschüttelnd. Sie wollte jetzt nicht mit ihm in einen Wettstreit darüber treten, wer von ihnen öfter im Leben enttäuscht worden war oder den größeren Verrat erlebt hatte. „Ich wollte Ihnen nur helfen. Nächstes Mal sage ich Mr Lefkowitz die Wahrheit, wenn Ihnen das lieber ist.“
„Am liebsten wäre mir, Sie würden Stuart überhaupt nichts sagen.“
„Irgendetwas muss ich ihm sagen.“
„Warum?“
„Weil er mich dafür bezahlt und er Bescheid wissen möchte.“ Sie seufzte. „Nicht jeder Mensch hat es auf Sie abgesehen oder ist darauf aus, irgendwie von Ihnen zu profitieren.“ Warum erkannte Alex denn nicht, dass sie nicht seine Feindin war? Waren sie in den letzten Wochen keinen Schritt vorangekommen?
„Langsam verstehe ich, warum Mr Lefkowitz mir so eine gewaltige Zulage dafür zahlt, dass ich hier arbeite.“ Mit diesen Worten ging sie hinaus und wartete gar nicht auf Alex Markoffs Antwort.
Sie wollte gar nichts mehr hören. Manchmal hätte sie ihn für seine Dickköpfigkeit schütteln mögen. Sie bot ihm ihre aufrichtige Freundschaft an, doch er trug seine Bitterkeit wie einen Schutzschild vor sich her.
Nur darum geht es dir? Du willst seine Freundschaft?
Ja, allerdings. Natürlich wollte sie das. Sie fühlte sich von Alex angezogen, sogar unglaublich angezogen, ihr Körper sendete genug Signale. Aber sie war kein Mensch, der sich auf schnelle Affären einließ. Sie ließ sich überhaupt nicht auf Affären ein. Punkt. Selbst wenn Alex auch nur im Entferntesten in der Richtung interessiert gewesen wäre, hätte sie ihn abblitzen lassen. Aber so, wie er allen Menschen misstraute, bestand hier ohnehin keine Gefahr!
Ach, zum Teufel, flüsterte
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