Das Glück eines Sommers
und ich weiß auch nicht alles. Die Leute müssen auch bei dir ein bisschen Nachsicht walten lassen.«
»Aber ich hätte es trotzdem wissen müssen«, erwiderte Mikki und schniefte.
Jack streichelte ihr übers Haar. »Ich will dir mal was erzählen. Als mein Dad im Sterben lag, habe ich fast genau das Gleiche getan. Zuerst war ich traurig, dann bekam ich Angst. Ich ging ängstlich ins Bett und wachte ängstlich wieder auf. Ich sah ihn mitten am Tag im Schlafanzug herumlaufen. Er wartete einfach nur auf den Tod. Er hatte keine Hoffnung mehr. Und das war der große, starke Mann, zu dem ich immer aufgeschaut hatte. Plötzlich war er schwach und hilflos. So wollte ich mich nicht an meinen Vater erinnern. Also habe ich alles hinuntergeschluckt und ausgesperrt. Sogar ihn. Auch ich war selbstsüchtig. Ich war ein Feigling. Vielleicht bin ich deshalb später zum Militär gegangen. Um zu beweisen, dass ich doch Mut habe.«
Mikki schaute ihn mit großen Augen an. »War das wirklich so?«
»Ja.«
»Manchmal ist das Leben einfach scheiße«, sagte Mikki, lehnte sich zurück und putzte sich die Nase.
»Ja, manchmal. Aber dann wieder ist es wunderbar, und man vergisst all die üblen Dinge.«
Mikki senkte den Blick und rang nervös die Hände.
»Ich habe den Eindruck«, murmelte Jack, »dass du mir etwas sagen willst.«
»Ich weiß nicht …«
»Du kannst mir alles sagen.«
Sie schaute ihm in die Augen und atmete tief durch. »Ich war diejenige, die mit diesem Boulevardblatt gesprochen hat.«
Jack starrte sie mit offenem Mund an. »Du?«
Frische Tränen rannen Mikki über die Wangen. »Ich weiß, das war dumm. Und die Sache ist völlig außer Kontrolle geraten. Den meisten Mist, den der Kerl geschrieben hat, hat er selbst erfunden.«
»Aber woher wusstest du das alles überhaupt?«
»Ich habe dich und Mom an dem Abend, an dem sie gestorben ist, miteinander reden hören. Und ich habe auch diesen Blödmann gesehen, diesen Bill Miller.«
»Warum hast du mit diesem Revolverblatt gesprochen? Du weißt doch, was die machen. In diesem Artikel sah deine Mutter wie eine …«
»Ich weiß, Dad, und es tut mir schrecklich leid. Das war dämlich von mir. Ich weiß auch nicht, warum ich das getan habe. Vielleicht, weil ich wütend und verwirrt gewesen bin. Ich kann mir vorstellen, dass du mich dafür hasst, und das mache ich dir nicht zum Vorwurf. Ich hasse mich ja selbst dafür.« Die Worte sprudelten so schnell aus Mikki hervor, dass sie das Atmen vergaß und einen Hustenanfall bekam.
Jack legte den Arm um sie und zog sie an sich. »Beruhige dich, Liebes. Das alles ist vorbei. Es spielt keine Rolle mehr. Du hast Mist gebaut, und du hast es zugegeben. Dafür braucht man viel Mut.«
Mikki zitterte am ganzen Leib. »Ich fühle mich aber nicht mutig. Ich fühle mich beschissen. Ich weiß, dass du mich hasst … oder?«
»Es verstößt wohl gegen das Gesetz, wenn ein Vater seine Tochter hasst.«
»Es tut mir schrecklich leid, Dad. Ich komme mir selten dämlich vor, jetzt, wo ich wieder klar denken kann.«
»Ich glaube, wir haben beide eine Weile nicht mehr klar gedacht.«
»Kannst du mir verzeihen? Mir vertrauen?«
»Das tue ich doch schon.«
»Einfach so?«
Jack streichelte ihr die Wange. »Ja, einfach so.«
»Warum?«
»Das nennt man bedingungslose Liebe.«
KAPITEL 52
Jenna stand hinter dem Tresen im Little Bit. Sie hob den Kopf, sah Jack vor sich stehen und lächelte. »Ich habe gehört, die Kids hatten einen tollen Abend.«
»Ja, Mikki redet noch immer davon.«
»Möchtest du was zu essen? Heute ist das Steaksandwich im Angebot.«
»Nein, ich habe keinen Hunger. Aber hast du heute Abend vielleicht Zeit für ein Dinner?«
Jenna trat hinter dem Tresen hervor und stellte sich neben ihn.
»Dinner? Klar. Was hast du denn im Sinn? Nicht hier, hoffe ich. Mir wird ja schon schlecht, wenn ich auf die Speisekarte schaue.« Sie lächelte und wurde dann ernst. »Ich könnte für dich kochen.«
»Das musst du nicht.«
»Aber ich koche leidenschaftlich gern. Es ist wie eine Therapie. Du müsstest allerdings mein Souschef sein.«
»Was ist das denn?«
»Das heißt, du müsstest das Schnibbeln und Schälen übernehmen.«
»In Ordnung. Aber kannst du denn von hier weg?«
»Für einen Abend, ja. Zurzeit läuft der Laden wie von selbst, und mein Sohn ist ja mit deiner Tochter hier. Ich glaube nicht, dass die mich noch brauchen. Sagen wir, so um acht?«
»Okay.«
»Gibt es etwas Besonderes, worüber du mit mir sprechen
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