Das Glück ist eine Katze
wieder.«
|121| Schlumpel fauchte, wie sie das immer tut, Konrad an, der in Gestalt seines Morgenmantels an einem Kleiderbügel hing. »Ich
guck mich noch ein bißchen draußen um«, sagte sie dann, auf einmal kein bißchen müde mehr, »nächtlich ist’s viel interessanter
als täglich. Heut ist bestimmt die schönste Nacht in meinem Leben. Mach ’s Fenster auf!«
Ich ließ sie hinaus und sah noch kurze Zeit in den dunklen Garten, lauschte dem Geschnaufe des Igels, der hinter meinen Schnecken
her war, aber nicht gerade übertrieben schnell – was ich verstehen kann, ich mag die schleimigen, quatschigen Dinger auch
nicht –, lieber hält er sich an Katzenfutter. Lauschte dem Zirpen der Grillen und dem scheppernden Geräusch, das Seppi, der Nachbarskater
und Verehrer Schlumpels, machte, der ihr Schüsselchen hinter der Küchentür – er guckt immer, ob der Igel ihm was übriggelassen
hat – vor sich herschob.
|122| In Morpheus’ Pfoten
Quitten sind bockelhart. Ich hatte einen Korb voll geschält, geviertelt (mit dem großen Sägemesser), entkerngehäust, entsaftet,
den Saft zu Gelee gekocht, Schildchen auf die Gläser geklebt –
Quittengelee, sehr fein!
–, die Gläser in den Keller getragen und ins Regal gestellt. Alles klebte, die Herdplatte, die Töpfe, der Fußboden, am meisten
ich. Ich nahm ein Bad, ging todmüde ins Bett, zog mir die Decke über die Ohren und gedachte einen schönen, langen, quittenlosen
Schlaf zu tun.
Aber die Gedanken gaben keine Ruh, sie tanzten mir auf der Nase herum, wirbelten durcheinander, ich fand keinen schönen langen
Schlaf, fand nicht mal einen kurzen. Immer, wenn ich glaubte, ihn gefunden zu haben, drehte er mir eine lange Nase und floh
mich wieder.
Ich stand auf und wanderte durchs Haus. So ein nächtliches Haus wirkt nicht beruhigend; erst knarren die Deckenbalken, knacken
die Treppenstufen, |123| dann knacken die Balken, knarren die Stufen. Es fallen einem Sachen ein, etwa der Krimi von neulich, wo eine Frau nachts allein
im Haus – dumme Gans, dachte ich, wer guckt auch so was an, wenn er allein im Haus –
Ich kochte mir eine heiße Schokolade. Nachdem ich sie getrunken hatte, erinnerte ich mich daran, daß Schokolade Coffein enthält,
das fördert gewiß keinen Schlaf. Vor meinem geistigen Auge erschien der gütig blickende Pfarrer Sebastian Kneipp, der riet
mir, die Badewanne wadenhoch mit kaltem Wasser zu füllen und im Storchenschritt ein paar Minuten drin herumzustolzieren, dann
würde ich nicht anders können, als in tiefen, erholsamen Schlaf zu fallen. Ich stolzierte, das Wasser war sehr kalt, die Füße
auch, sie weigerten sich, gut durchblutet zu werden, auch der Schlaf mußte kalte Füße bekommen haben, er dachte nicht daran,
mich in sich fallen zu lassen, und machte sich aus dem Staub. Schäfchen zu zählen weigerte ich mich, weil ich es langweilig
finde und in der Schule in Mathe immer zu wünschen übrig ließ, was noch vornehm ausgedrückt ist. Aber ich hab da mal eine
CD geschenkt bekommen, mit sehr sanften, beruhigenden und innere Wogen glättenden Naturgeräuschen: einschläfernden Regentropfen,
Wellen, die an irgendeinen Strand schlagen, ein Wind rauscht melodisch in Bäumen. Die |124| spielte ich mir vor, fünfmal hintereinander, je mehr ich sie anhörte, desto aufgekratzter wurde ich, desto später wurde es.
Am nächsten Morgen mußte ich fit sein, da hatte ich eine Menge vor, mußte lauter wichtige Sachen erledigen, ich würde meinen
ausgeschlafenen Kopf brauchen, vielleicht sollte ich doch eine Tablette – obwohl mir Tabletten gegen das Prinzip gehen, ich
bin fürs Natürliche, aber in diesem Fall – allerdings kriege ich nach jeder Tablette, egal gegen was, immer irgendeine Nebenwirkung.
Also laß es, dachte ich, versuch’s mit was anderem, versuch’s mit einem Bier. Bier macht schläfrig, wie jeder weiß, aber nur,
wenn eins im Haus ist, und es war keins im Haus, weil Konrad die letzte Flasche geleert und nicht für Nachschub gesorgt hatte,
was auch nicht die wahre Liebe ist, wie ich erbittert dachte. Säuft mir einfach mein Bier weg, obwohl ich eigentlich Bier
nicht mag und den Bierkasten nur für ihn in den Keller stelle. Dann fielen mir Baldriantropfen ein. Die hatte ich, zwar datumsverfallen,
aber immerhin. Ich tropfte dreißig Tropfen auf ein Stück Zucker, das ließ ich auf der Zunge vergehen, doch der Baldrian erwies
sich als ausgesprochener Muntermacher, ach
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