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Das Glück ist eine Katze

Titel: Das Glück ist eine Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Berberich
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zusammengeschoben habe – mit Zwischenraum,
     hindurchzuschaun, in diesem Fall, hindurchzurennen – und über denen eine große Holzplatte liegt. Das ist mein Schreibtisch.
     Schlumpel findet dieses Labyrinth faszinierend, einmal, weil sie darin herumtoben kann, und dann, weil in den schmalen Gängen
     zwischen besagten Schränkchen sich einiges angesammelt hat, heruntergefallene Radiergummis, Bleistifte, die sie gern vor sich
     herrollt, Hustengutsel, Streichholzschachteln, ich komme mit dem Staubsauger nicht in die schmalen Gassen, |129| und wenn was runterfällt – also mir liegt das erst mal gut.
    So war’s auch heute. Während Schlumpel wie wild herumfuhrwerkte, setzte ich mich auf meinen Schaukelstuhl. Aber das gefiel
     ihr überhaupt nicht, denn eigentlich hätte ich jetzt um den Schreibtisch herumlaufen, in die Hocke gehen oder mich gleich
     ganz auf den Boden legen, in jede Gasse hineinschauen und fragen müssen: »Wo ist denn meine Schlumpel? Eben war sie noch da
     – oder dort – ja, wo steckt sie denn? Ja, wo läuft sie denn?« Und dann hätte sie irgendwo die Pfote herausgestreckt und blitzschnell
     wieder zurückgezogen, oder mir eine ans Bein gefetzt, wenn ich vorbeigegangen wäre, oder sie hätte ein dumpfes Fauchen ausgestoßen,
     und ich hätte dieses Fauchen orten müssen – »ja, wo faucht sie denn?« – und dieses Spielchen – es ist immer dasselbe – hätten
     wir eine Zeitlang getrieben. Irgendwann wäre sie herausgekommen, hätte sich vor mich hingesetzt, damit ich sie auf den Arm
     nehmen und in ihr Körbchen tragen konnte.
    Aber ich saß nur da, schaukelte und gähnte, gähnte und schaukelte.
    »Du suchst mich ja nicht!« Schlumpel mußte sich gerade am äußersten Ende des Labyrinths befinden.
    »Weil ich müd bin«, sagte ich. »Sogar die |130| Gähnerei strengt mich an. Ich hab heute den ganzen Gartenabfall gehäckselt, das Gehäckselte im Schubkarren zum Kompost gefahren
     und dort abgeladen. Und das dreimal. Dann hab ich mit der großen ausziehbaren Baumschere den verblühten Flieder abgeschnitten.
     In vier Metern Höhe.«
    »Warum?«
    »Damit er nächstes Jahr wieder schön blüht.«
    »Tut er das sonst nicht?«
    »Doch. Er blüht seit zwanzig Jahren jedesmal sehr schön.«
    »Warum machst du’s dann?«
    »Weil sie neulich im Fernsehen gesagt haben, sonst blühe er nicht. Dann hab ich die Rosen nicht gespritzt, die Schnecken nicht
     vergiftet, das Gartenhäuschen nicht aufgeräumt, die Tomaten nicht mit Hühnermist gefüttert und die Rosen nicht entlaust. Drum
     bin ich völlig erschöpft und ginge gern ins Bett, was ich leider nicht kann, weil irgendwer hier herumtobt und offenbar immer
     munterer wird, im Gegensatz zu mir.«
    Eine Minute lang Totenstille.
    Dann: »Hier liegt was. Eins von den Glitzerdingern, die du manchmal an deine Ohren klemmst.«
    »Laß es liegen. Die Dinger drücken unverschämt, die tun meinen Ohren nur weh.«
    In den Gängen rumorte und raschelte es. »Da |131| ist was Rundes, Glattes, damit klebst du die Briefe zu, wenn sie mit Spucke nicht halten.«
    »Das ist die Rolle Tesafilm, die ist neulich spurlos verschwunden. Kick sie mal raus!«
    Der Tesafilm kullerte vor meine Füße. Das Geraschel kam näher und entfernte sich wieder.
    »Und da ist eine tote Muck. Und noch eine.«
    »Laß sie ruhen in Frieden. Und mich auch.«
    Schlumpel kroch aus dem Labyrinth, umrundete zweimal ihr Körbchen und bestieg es. Sehr langsam. Ließ sich nieder. Räkelte
     sich. Richtete sich wieder auf, drehte sich auf die andere Seite, legte den Kopf auf den Rand des Körbchens, schleckte sich
     die Schnauze. »Hab sie gefressen, die Muck.«
    »Wie hat sie geschmeckt?«
    »Muckig. Nur ein bißchen trocken. Mag Konrad Mucken?«
    »Der mag lieber süßen Reisauflauf mit Apfelmus.«
    Schlumpel gähnte. »Gestern nacht war er hinter ihm her. Wie wild.«
    »Wer war wie wild hinter wem her?«
    »Konrad. Hinter dem gestiefelten Kater. Stiefel her! hat er gebrüllt, mit sehr lauter und sehr schrecklicher Stimme, ich frier
     an den Zehen. Da bin ich auf seinen Kopf gesprungen und hab ihn gekratzt, und er hat noch mehr gebrüllt, und auf einmal hat
     er nicht mehr gebrüllt. Konrad war   –«
    |132| »Hin? Du hast ihn umgebracht! Mußte das sein?«
    »Nix umgebracht. Nur ein bißchen gekratzt. Und dann bin ich aufgewacht.«
    »Daß Konrad zwar fern von uns, aber noch unter uns weilt, wenn auch zerkratzt, freut mich doch sehr. Ihn bestimmt auch. Und
     dann?«
    »War ich ganz

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