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Das Glück ist eine Katze

Titel: Das Glück ist eine Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Berberich
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Gott, war ich munter, so munter war ich, daß ich mein Bett um einen Meter verschob,
     vielleicht lag ich, ohne darum zu wissen, auf einer schlafverhütenden Wasserader, so was soll’s doch |125| geben, oder auf bösartigen, unruhestiftenden Erdstrahlen, aber auch das verschobene Bett half nichts, der Schlaf hockte draußen
     auf der Birke, winkte mir zu, streckte mir die Zunge raus. Ich versuchte mich in autogenem Training. Aber je mehr ich meinem
     linken Arm sagte, er werde immer schwerer, meinem rechten Bein ebenso und allem, was man sonst noch beschwören kann, desto
     aufgedrehter wurden Arm und Bein, die zappelten richtig herum. Mir fielen all diese Geschichten ein von Leuten, die zwanzig
     Jahre lang nicht mehr geschlafen hatten, die nur im Sessel hockten und verfielen, körperlich und geistig. Dann drückte jemand
     die Nase platt am Fenster, ich ließ den Jemand herein, und Schlumpel trottete, nach einem kleinen mitternächtlichen Imbiß,
     zu ihrem Sessel, den Konrad rührenderweise immer noch für den seinigen hält, sprang hinauf, machte eine schnelle Katzenwäsche,
     ruckelte sich zurecht und ging unter.
    Ich wickelte meine Beine in die alte Decke, die gewöhnlich auf der Heizung liegt und auf der Schlumpel zuweilen ein Nickerchen
     macht, legte mich aufs Sofa, das, wahrlich nicht schlaffördernd, unten durchhängt, und sah ihr zu. Meine kleine Katze lag
     in dem großen Sessel, den Schwanz schön um sich herumdrapiert, die Pfote bedeckte die Nase; eine vollkommene Kugel, nichts
     stand |126| ab, alle ihre Sachen hatte sie beisammen, Michelangelo hätte seine Freude an ihr gehabt, erklärte er doch einmal einem Schüler,
     eine Plastik sei dann gelungen, wenn man sie den Berg hinunterrollen könne, ohne daß etwas Wichtiges dabei abbreche. Ja, meine
     Katze war zweifellos gelungen, war rund und schön, das sah ich, war weich und warm, das wußte ich. Sie schnaufte leise, ich
     sah sie atmen, etwas schneller als Menschen atmen, aber in schönem, gleichmäßigem Rhythmus. Und als ich ihr so beim Schlafen
     zusah, geschah es, daß ich auf einmal erleuchtet wurde und wußte, sie hatten nicht recht, die alten Griechen, wenn sie den
     Schlaf als einen Gott in Menschengestalt – wie alle ihre Götter – darstellten. Morpheus ist kein menschengestaltiger Gott,
     so ging mir auf, Morpheus ist ein großes, sanftes, göttliches Katzentier. Wer nicht schlafen kann, der richte einfach ein
     kurzes Gebet an Morpheus. Dann kommt der Katzengott angeschlichen auf leisen Pfoten, man hört sein freundliches Schnurren
     und muß nur die Augen zumachen und in diesen weichen, warmen Morpheuspfoten untergehen.

|127| Gut’ Nacht!
    Zuerst gähnte sie übertrieben, dann schielte sie mich aus den Augenwinkeln an.
    »Ab ins Bett!« Ich gähnte auch. »Geh du schon mal vor!«
    Meine Katze nahm einen Anlauf und rannte, ich kann’s nicht anders ausdrücken, wie eine gesengte Sau die Treppe hinauf in den
     zweiten Stock, hielt auf der siebten Stufe an – sie hält immer auf der siebten Stufe – und schaute zurück, ob ich auch nachkäme.
     Da ich nicht wie eine gesengte Sau renne, das wäre unter meiner Würde, und nachts schon gar nicht, und heute nacht erst recht
     nicht, taten mir doch von der Gartenarbeit alle Knochen weh, maunzte sie vorwurfsvoll, lief ein paar Stufen herunter, mir
     entgegen, und wartete, bis ich sie fast erreicht hatte. Bevor ich die Hand nach ihr ausstrecken konnte, raste sie wieder los
     in Richtung meines Arbeitszimmers, wo neben meinem Schreibtisch am bis zum Fußboden reichenden Fenster ihr Schlafkörbchen
     steht. Auch dieser Platz ist strategisch hervorragend ausgewählt, sehr katzengerecht, |128| denn so kann sie, wie von der Heizung, auf der sie sonst liegt, sowohl das Zimmer als auch den Garten übersehen. Sie ist auf
     Augenhöhe mit den großen Bäumen, die diesen zur Straße hin begrenzen, und in diesen Bäumen tut sich immer allerhand Beobachtenswertes,
     tummeln sich Vögel und Eichhörnchen, der Wind reißt Blätter vom Baum und wirbelt sie herum. Außerdem hängt draußen vom Dachbalken
     das Netz mit den Meisenknödeln in ihrer Nasenhöhe.
    Ist sie oben, legt sie sich aber nicht ins Körbchen, das tut sie nie. Jetzt geht der allabendliche Zirkus erst richtig los.
     Sie saust zuerst ein paarmal durchs Zimmer, überfällt die Teppichfransen, versteckt sich im Papierkorb und rennt dann durch
     die schmalen Gänge zwischen den Schubladenschränkchen, die ich zu einem Viereck

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