Das Glück ist eine Katze
besten gemacht hatte. Befestigte dann das Rankgitter an der Mauer, der wilden Rebe zulieb, belehrte mich, wie man
Radieschen stupft, und stupfte sie dann doch eigenhändig, weil keiner so gut wie er Radieschen stupfen kann, das sagt er selbst.
Schlumpel war das zuviel Konrad. Am ersten Tag ließ sie sich nicht blicken, am nächsten beäugte sie ihn mißtrauisch auf Schritt
und Tritt unterm Goldregenbusch hervor, am dritten pinkelte sie neben ihr Katzenklo, lief mit besonders dreckigen Pfoten über
sein Auto, und ich sagte, es müsse etwas geschehen, so gehe es nicht weiter.
Schlumpel war auch für Gehen, meinte aber Konrad. Und zwar so weit weg wie möglich.
»Aber ich hänge an Konrad.«
|137| »Er oder ich«, sagte Schlumpel. »Ich bin für mich.«
Immer, wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her,
so schrieben wir einander einst ins Poesiealbum. Ein wahrhaft dämlicher Spruch. Aber auch an dämlichen Sprüchen ist was dran.
Das Lichtlein kam.
Konrad hatte eingekauft – wenn Konrad einkauft, bringt er zwar mit, was ich auf den Einkaufszettel geschrieben habe, aber
das ist nicht alles, er kriegt einen Großzügigkeitskoller und schleppt auch den orangigeren Orangensaft an, die schokoladigere
Schokolade, die gefüllteren Kekse, als Vorrat, wie er sagt, damit was Anständiges im Haus ist, wenn er wiederkommt und wenn
es ihn überkommt. Aber dann ist nichts im Haus, wenn er wiederkommt, weil er alles vorher verputzt hat und neue süße Hamstervorräte
anlegen muß, in einem Versteck, das, wie er glaubt, nur er kennt.
»Hier!« Er drückte mir etwas Eingewickeltes, Weiches in die Hand.
Ich roch daran, wickelte es aus. »Lachs! Fein! Stell mal den Weißwein kühl, willst du ihn gegrillt oder gedämpft, mit Dillsoße
oder pur mit einem Stückchen Butter?«
»Leicht gedämpft«, sagte Konrad, »mal gucken, wie sie guckt.«
»Wie wer guckt?«
|138| »Schlumpel.« Er drückte mir ein zweites Päckchen in die Hand. »Für dich. Rollmops.«
Ich mochte keinen Rollmops, aber Schlumpel mochte Lachs, besonders leicht gedämpft.
Konrad rieb sich die Hände. »So kriegt man die Frauen rum«, sagte er. »Geht halt doch durch den Magen, die Liebe. Bald hab
ich sie.« Und zu Schlumpel sagte er: »Von mir für dich! Na, was sagst du?«
»Der Mensch denkt, die Katz lacht«, sagte Schlumpel und beleckte ein Lachsstückchen.
»Was hat sie gesagt?« fragte Konrad. »Ich versteh sie doch nicht. Das macht mich richtig nervös.«
»Womöglich liegt es daran, daß du noch nicht zivilisiert genug bist. Guck nicht so empört, das ist nicht von mir, sondern
von George Bernard Shaw. Der sagt:
Der Mensch ist erst dann als zivilisiert zu betrachten, wenn er die Katze versteht.
Hab ich aus dem Katzenlexikon von Frau Bulla. Da stehen viele gescheite Sachen drin.«
»Hältst du dich für zivilisierter als mich?« fragte Konrad kühl.
»Ich kann Schlumpel verstehn, weil ich aus einem Katzenschwanz gemacht bin. So was verbindet ungemein. Und es erleichtert
sehr die Kommunikation.«
Konrad starrte mich entsetzt an.
»Damals, im Paradies. Ich übersetz deine Worte |139| mal.« Ich deutete auf ihr Schüsselchen. »Von dem da« – ich deutete auf Konrad – »für dich.«
Schlumpel hielt im Fressen inne und sah ihn mißtrauisch an. Vermutlich hielt sie den Lachs für vergiftet.
»Er wollte dir eine Freude machen. Als Zeichen seiner stetig wachsenden Zuneigung zu dir.«
»Ich«, sagte Schlumpel kühl, »neige ihm nicht zu.« Neigte sich über das Tellerchen und nahm einen großen Happen.
»Er kann es nicht ertragen, wie sehr du ihn mit Verachtung strafst. Weil er sonst glaubt, er wirke nicht mehr auf Frauen.«
»Der soll weg. Man guckt einem nicht beim Essen zu.«
»Du sollst ihr nicht beim Essen zugucken«, sagte ich zu Konrad.
»Warum nicht?«
»Sie sagt, das stört.«
»Ungemein«, sagte Schlumpel mit Nachdruck.
»Was sagt sie?« fragte Konrad.
»Sie sagt, deine Zuguckerei störe ungemein.«
»Aber ich guck ihr doch nichts weg.«
»Es reicht, wenn er guckt«, sagte Schlumpel.
»Sie sagt, deine Guckerei reicht.«
»Aber dir guck ich doch auch beim Essen zu«, sagte Konrad. »Und du mir. Sag ihr das.«
Ich sagte es ihr.
|140| Schlumpel fand, das sei was anderes. »Ja, wenn er ein richtiger Kater wär – aber er ist ja nicht mal ein richtiger Kater.
Bloß so ein Menschenkater. Sag ihm das.«
»Sie ist der Meinung«, sagte ich, »du seist nicht mal ein richtiger
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