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Das Glück ist eine Katze

Titel: Das Glück ist eine Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Berberich
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seinem Sessel niederließ,
     um in Ruhe die Zeitung zu lesen, wie gerade eben, kam die Jungfamilie herbeigestürmt und benutzte ihn als willkommenes Kletterobjekt,
     Kratzbaum und Schlafplatz.
    |204| »Die stehen dir richtig gut«, sagte ich. Alle vier waren auf ihm eingeschlafen, was bei ihnen blitzartig geht und in jeder
     Lage, auch mit dem Kopf nach unten, und Konrad durfte sich mindestens zehn Minuten lang nicht mehr rühren. Schlumpel stieg
     über ihn hinweg, machte einen freundlichen Schwanzkringel und verschwand.
    »Die hält mich wohl für einen Babysitter«, meinte Konrad mit einer Empörung, die sich freilich in Grenzen hielt.
    »Sie braucht auch mal Erholung von dieser Bande«, sagte ich. »Und bei dir weiß sie ihre Kinder in guten Händen.« Wobei Händen
     nicht zutrifft, ein kleiner Schlumpel hing aus seiner Jackentasche heraus, ein anderer lag quer über seinem Hals, der dritte
     steckte im Hosenbein, und Nummer vier schlief in seinem Schuh.
    Nach kurzer Zeit war Schlumpel wieder da und schmiß Konrad eine Maus vor die Füße, die freundlicherweise schon hinüber war.
    »Fürs Babysitten«, sagte ich. »Wie willst du sie haben? Gegrillt? Mit Senf? Oder als Ragout?«
    Der Schuhschläfer, ich glaub, es war Muzzl, wachte auf, erkannte blitzschnell die Situation und schlich die Maus an. Was die
     andern drei sozusagen im Schlaf spitzkriegten und ebenfalls schleunigst aufwachten, um sie ihm wieder abzujagen. |205| Muzzl flüchtete mit der rechts und links aus dem Mäulchen heraushängenden Beute ins Bücherregal und deponierte die Maus in
     einem der fünfzehn Kästchen, in denen Konrad, peinlich geordnet, die Karteikärtchen für seine Musikaufnahmen aufzubewahren
     pflegt.
    Konrad packte die Maus am Schwanz und warf sie zum Fenster hinaus, unter dem Seppi stand, einen ihm gestern von Schlumpel
     verpaßten gewaltigen Schlenzer im Ohr, und die Maus als ein vom Himmel gefallenes Geschenk dankbar in Empfang nahm.
    »Fraß sie auch auf, bis auf den Schwanz« ,
zitierte Konrad,
»da war er wieder frisch und genesen ganz.
Heine.«
    »Mörike«, sagte ich, »und der Schwanz gehörte einem Rettich, keiner Maus. Paß doch auf, fast wärst du Huzzl auf die Pfoten
     getreten!«
    »Die vier treten mir dauernd auf meine Pfoten.« Konrad zog die Schuhe aus und ging den Rest des Tages auf Socken.
     
    »Man muß sie müd machen«, erklärte er, als die vier Schlumpel um elf Uhr nachts immer noch putzmunter herumtobten, band sich
     eine Schnur mit einer zu einem Bällchen zusammengedrückten Silberpapierkugel ums Bein und rannte, die kleinen Wilden auf den
     Fersen, so lange die Treppe |206| hinauf und hinunter, bis er, im Gegensatz zu ihnen, nicht mehr konnte.
    Ich vergaß noch zu sagen, daß das Karteikärtchen mit Beethovens Ouvertüre zu ›Egmont‹, der bekanntlich auf dem Schafott endete,
     seither ein Blutfleck ziert.

|207| Wohin?
    O Menschlichkeit, wie soll ich dich bewahren!«
rief Konrad und schlug sich an die Stirn.
»Was fang ich an mit sechsundfünfzig Katzen!«
    »Hab dich nicht so«, sagte ich, »es sind keineswegs sechsundfünfzig, und Theodor Storm kannst du aus dem Spiel lassen. Es
     sind nur vier. Außerdem brauchst du nichts mit ihnen anzufangen. Mit Katzen fängt man nichts an. Man hat sie, oder, richtiger
     gesagt, sie haben einen. So ist das.« Ich speicherte die Geschichte, die ich über Schlumpels Kinderstube geschrieben hatte,
     sorgfältig ab, um Heini nicht wieder zu vergrätzen.
    Die Schlumpelfamilie machte gerade ihren täglichen Spaziergang, auf dem die Schlumpelmutter mit ihren Schlumpelkindern übte,
     wie man eine Maus gekonnt zerlegt, ein Schauspiel, von dem ich froh bin, daß es außer Haus stattfindet. In letzter Zeit hatte
     eine beträchtliche Anzahl von Mäusen, allerdings unfreiwillig, bei diesem Drama mitgewirkt. Als ich mit Konrad neulich im
     Theater |208| war, ging es auf der Bühne übrigens ganz ähnlich zu. Ein neuer, innovativer Regisseur, sehr blutrünstig. Ich mag das weniger.
    »Allmählich wird’s hier eng«, fand Konrad. »Und ich hab das Gefühl, Schlumpel hätt ihren Nachwuchs gern los. Acht Wochen schleppt
     sie ihn schon mit sich herum. Sie braucht ihre Ruh.«
    »Du meinst wohl, du brauchst deine Ruh.«
    »Vorgestern bin ich gekommen, um ein paar ruhige Tage zu verbringen, aber meine Nerven sind schon zerrüttet«, sagte Konrad.
     »Huzzl kullert den ganzen Tag Murmeln vor sich her, Buzzl treibt’s mit Wollfäden, aus denen ich ihn wieder auswickeln

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