Das Glück ist eine Katze
muß,
Muzzl jagt seine Fellmaus, die so penetrant quietscht, daß ich keine Zeile lesen kann, und Wuzzl will immer Verstecken mit
mir spielen. Gestern hat er auf Adorno ein Nickerchen gemacht, und ich hab mich nicht getraut, ihm das Buch unterm Hintern
wegzuziehen.«
»Mir macht das Spaß. So bleibt man auf Trab.«
»Willst du eine Katzenzucht aufmachen?«
Nein, das wollte ich nun doch nicht.
»Wir könnten sie meistbietend versteigern«, schlug Konrad vor.
»Tolle Idee. Es gibt ja so wenig Katzen. Alle werden sich reißen um die kleinen Schlumpel.«
Konrad versank in tiefes Nachdenken, aus dem er mit einem Schrei wieder auftauchte. »Ich hab’s! |209| Wir packen alle vier in ein Körbchen und stellen dieses Körbchen dem netten Herrn Pfarrer, dem wir Schlumpel verdanken, vor
die Tür. Ein Geschenk des Hauses. Der hat uns die Sache schließlich eingebrockt. Ich leg noch ein paar Mohrenköpfe dazu, da
laß ich mich nicht schlumpen. Ich mein, lumpen.«
»Schlumpel«, sagte ich beleidigt, »ist keine Sache, sondern meine liebe Katze, dazu meines unvergessenen Stoffele Enkelkind,
und eingebrockt ist sie schon gar nicht. Außerdem vergelte ich, obwohl unfromm, nun mal nicht Gleiches mit Gleichem. Und die
Mohrenköpfe eß ich selber.«
Konrad versank wieder in Nachdenken, während Heini und ich weiterschrieben.
»Was schreibst du denn? Doch wohl keine Katzengeschichten? Du hast mir glaubhaft versichert, jetzt sei Schluß.«
»Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern«, sagte ich. »Über Schlumpel fällt mir so viel ein. Das heißt, mir braucht
gar nichts einzufallen, ich muß ihr ja nur hinterherschreiben.«
»Hoffentlich bringt’s was«, sagte Konrad. »Und jetzt fällt mir auch was ein. Ich weiß, was ich mit den kleinen Schlumpeln
mach.«
»Laß hören!« Ich schrieb weiter.
»Nächstes Wochenende hab ich ein Turnier.«
»Lanze oder Schwert?« fragte ich. »Ist das Pferd |210| gestriegelt? Der Helm geflickt? Letztes Mal warst du erster Sieger von hinten. Mich wundert, daß sie dich immer noch aufstellen,
wo du doch alle Eröffnungen verpatzt.«
»Im Endspiel«, verkündete Konrad, »bin ich stark.«
Sonntagabend war er wieder da.
»Alle weg«, sagte er und bat um einen kleinen Kirsch. »War ganz leicht. Bevor das Turnier angefangen hat, hab ich sie ausgepackt
und auf den Tisch gesetzt. Zwischen die Schachbretter mit den aufgestellten Figuren. Und dann –«
»Dann haben die Schlumpel gegeneinander Schach gespielt«, vermutete ich.
»Sozusagen. Zwar haben sie sich nicht ganz an die Regeln gehalten, aber sie haben gewonnen. Haushoch.«
»Das heißt?«
»Eins hat der Vorsitzende abgeschleppt, eins der Vize, eins der schlechteste Spieler –«
»Du hast es wieder mitgebracht? Da freu ich mich aber.«
»Der schlechteste Spieler von den anderen. Eins wurde als Preis ausgesetzt fürs Turnier. Alle weg. Noch einen Kirsch!«
Einerseits war ich froh, aber andrerseits – »Sie fehlen mir jetzt schon«, sagte ich. »Es ist so ruhig |211| hier. Man stolpert über keine Nuß mehr, verwickelt sich in kein Wollknäuel, keiner klettert am Vorhang hinauf. Ich hätt sie
so gern behalten. Schad!«
Schlumpel saß auf dem Fensterbrett und sah sehnsüchtig Seppi nach, der seinerseits Pimsel nachrannte, welcher hinter Fritzle
her war.
Ich kraulte sie hinter den Ohren. »Schlumpel«, sagte ich, »du warst wirklich eine gute Mutter. Trotz Konrads Einmischung.
Ich hätt das nicht so hingekriegt.«
Sie rieb den Kopf an meiner Schulter.
»Sei nicht traurig. Ich bin’s schon genug. Deine Kleinen sind gut versorgt. Konrad hat für jeden ein Plätzchen gefunden.«
Schlumpel schmiegte sich an mich. Draußen tauchte Othello auf, beroch das Auto meines oberen Nachbarn, hob den Schwanz, ließ
ihn zittern und bespritzte den rechten Vorderreifen. Seppi hatte Othello erspäht und näherte sich ihm mit der gebotenen Vorsicht.
Othello war einen Kopf größer und einen halben Schwanz länger.
»Jetzt kannst du dich ausruhen.«
Pimsel, in Erwartung einer sauberen Rauferei, kletterte auf den Bretterhaufen vom unteren Nachbarn, um ja alles mitzukriegen
und aus sicherer Entfernung seinen Senf dazuzugeben.
Schlumpel dachte weniger ans Ausruhen als ans |212| Mitmischen. Sie konnte nicht mehr widerstehen, nahm die Pfoten untern Arm, sprang aus dem Fenster und scheuchte die versammelte
Katzenschaft über die Wiese. Ihre Wiese, wie sie gern sagt.
»Wie mag’s den
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