Das Glück reicht immer für zwei
einfach nur mit dem Bus dorthin fahren. Sie wollte Riki’s Bar und einige der anderen Bars und Cafés besuchen, die damals zu den Lieblingslokalen ihrer
Clique zählten. Vielleicht würde sie sogar zu dem Haus zurückkehren, in dem sie ein Zimmer gemietet hatte …, aber sie war sich noch nicht ganz sicher. Kurz und gut, sie wollte auf den Spuren ihrer Vergangenheit wandeln, um ihre Gegenwart in die richtige Perspektive zu rücken.
Britt trat auf den Balkon heraus und ließ den Blick über die neue Umgebung schweifen. Auch sie konnte dem Hafen wenig abgewinnen.
»Aber das Land ist wunderschön«, sagte Mia.
»Ich habe beschlossen, mit dir nach Antigua Guatemala zu fahren«, sagte Britt. »Als ich sagte, ich würde wahrscheinlich auf dem Schiff bleiben, dachte ich, es gäbe hier einen Strand … Aber da dem nicht so ist, werde ich lieber mit dir kommen.«
Mia zögerte.
»Es sei denn, du willst lieber allein fahren?«
»Es macht mir nichts aus, wenn du mitkommst«, sagte Mia zaghaft. »Es ist nur so, dass ich nicht vorhabe, bei der Gruppe zu bleiben.«
»Was hast du dann vor?«
»Ich will ein paar Orte besuchen, die ich von früher kenne.«
»Wirst du dafür denn Zeit haben?«
»Sicher. Die Stadt ist ziemlich klein. Aber du solltest das offizielle Sightseeing-Programm mitmachen, da hast du mehr davon. Meine private Tour ist eher langweilig für Außenstehende.«
»Vielleicht hilft es mir ja, dich besser zu verstehen.«
»Du verstehst mich doch auch so schon recht gut.«
»Du willst nicht, dass ich dich begleite, stimmt’s?«
»Nein. Nein – bitte, komm doch mit.« Mia drehte sich ihr zu und lächelte sie an. »Du hast die Wahl, ob du lieber die Straße der Erinnerung mit mir gehst oder dich dem Rest der Gruppe anschließt. Mir ist es egal.«
»Wunderbar«, sagte Britt. »Wir werden bestimmt Spaß haben.«
Es war schon merkwürdig, dachte Mia: Ausgerechnet an dem Tag, an dem sie sich selbst unruhig und angespannt fühlte, war sich Britt sicher, dass sie Spaß haben würden. Britt hatte ursprünglich vorgehabt, sich dem Ausflug zu den Maya-Ruinen anzuschließen, aber da er bereits ausgebucht war, beschloss sie zunächst, auf dem Schiff zu bleiben. Mia hätte es tatsächlich vorgezogen, allein zu fahren, wollte jedoch Britts Anflug von Spontaneität und Geschwistersinn nicht im Keim ersticken. Dennoch hätte sich ihre Schwester keinen schlechteren Zeitpunkt dafür aussuchen können, da Mia doch hochgradig nervös war.
»Nimm deinen Fleecepullover mit«, riet Mia ihr, als sie sich fertig machten. »Im Landesinneren ist es kühler als an der Küste, und im Schatten kann es ganz schön kalt werden.«
»Wirklich?«
Auf dem Balkon ihrer Kabine war es wie immer feuchtwarm gewesen, und Britt sah sie ungläubig an.
»Ehrlich. Du wirst mir später dankbar sein.«
Also nahm Britt den königsblauen Fleecepullover mit, der seit London ungetragen in ihrem Koffer gelegen hatte.
Die Busfahrt war lang, doch die Passagiere bestaunten ehrfurchtsvoll die Vulkane, die am Horizont aufragten, und ein Raunen ging durch den Bus, als ihr Reiseführer erklärte, dass die Wolke über einem der Kegel Rauch sei.
»Sie sind alle noch aktiv«, erklärte Mia Britt, die den perfekt geformten Vulkan betrachtete. »Agua ist nur etwa zehn Kilometer von Antigua entfernt und seit Langem inaktiv, nur hin und wieder spuckt er mal Schlamm und was weiß ich alles aus, aber der Fuego bricht immer wieder aus. Die Vulkane gehören zum Pazifischen Feuerring.«
»Pazifischer Feuerring?« Britt sah sie verwirrt an.
»Das ist ein Vulkangürtel, der den Pazifischen Ozean umgibt«, erklärte Mia, »wie eine Halskette, die von Südamerika über Zentral- bis Nordamerika auf der einen Seite reicht und sich auf der
anderen Seite durch Asien und Ozeanien weiterzieht. Der Fuji in Japan ist einer von ihnen.«
»Das wusste ich nicht«, sagte Britt. »Ich wusste auch nicht, dass du dich für Vulkane interessierst.«
»Ich bin damals mit einer Gruppe Geologen hierhergekommen.« Mia blickte zum Busfenster hinaus. »Und von denen habe ich einiges aufgeschnappt. Es gibt allein in Guatemala dreiunddreißig Vulkane, also bleibt es nicht aus, dass man immer wieder Vulkanforschern begegnet.«
»Für mich wäre das kein besonders aufregender Beruf«, sagte Britt, »aber ich kann mir vorstellen, dass es Menschen gibt, die Vulkane faszinierend finden.«
Mia nickte. »Wer weiß, wenn ich wie du in der Schule mehr gebüffelt hätte, hätte ich womöglich
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