Das Glück reicht immer für zwei
oder übel zu Ende schreiben. Vielleicht ist es Mist. Ziemlich wahrscheinlich sogar, denn es hat nichts mit Der perfekte Mann zu tun, und ich …«
»Ich brenne darauf, es zu lesen. Sobald ich wieder im Büro bin, werde ich auch Lisa-Anne eine Kopie davon geben«, sagte Meredith aufgeregt. »Ich bin ja so froh, Britt. Wirklich.«
»Und mir graut vor eurem Feedback.«
»So ein Unsinn.«
»Du hast leicht reden«, sagte Britt und nippte an ihrem Kaffee.
Was sie Meredith erzählt hatte, stimmte. Sie konnte nicht anders, als wieder mit dem Schreiben zu beginnen. Das war ihr klargeworden, während sie allein zu Hause herumsaß. Plötzlich kamen ungebeten ein paar Figuren daher, schoben sich in ihre Gedanken, drängelten sich vor, um sich Gehör zu verschaffen. Zuerst hatte sie gedacht, sie sei auf dem besten Weg, verrückt zu werden. Doch dann hatte sie sich vor ihren Laptop gesetzt, ihn aufgeklappt, und anscheinend wie von selbst waren die Wörter auf dem Bildschirm erschienen. Sie war aufgeregt und verschreckt zugleich gewesen, hatte nicht gewusst, was sie da tat, nur, dass sie die Geschichte erzählen musste, die in ihrem Kopf Gestalt annahm.
Ihr neuer Roman handelte von zwei Brüdern. William und Richard standen von klein auf in Konkurrenz zueinander, wobei Richard, der ein Jahr älter als William war, seinen Bruder zunächst übertrumpfte. Doch dann war William gewachsen, war
größer und stärker geworden als Richard und konnte sich auf Augenhöhe mit dem Älteren messen. In der Schule und später dann im College kämpften sie um einen Platz im Rugbyteam; manchmal wurden beide gleichzeitig aufgestellt, dann wieder nur einer von ihnen. »Detrimento malignitas; victoria ultio«, lautete ihrer beider Motto: In der Niederlage boshaft, rachsüchtig im Sieg. Und auch wenn keiner von ihnen im Grunde seines Herzens wirklich böse oder rachsüchtig war, konnten beide es nicht ertragen, von dem anderen besiegt zu werden. Beide studierten Jura und wurden Rechtsanwälte. Beide spezialisierten sich auf Familienrecht und wurden Staranwälte mit prominenten oder reichen Mandanten, allerdings in unterschiedlichen Kanzleien.
Britt machte es Spaß, über die beiden Brüder zu schreiben und ihre Jurakenntnisse in das Hintergrundgeschehen einfließen zu lassen. Auch wenn beide willensstark waren, unterschieden sie sich in vielerlei Hinsicht. William war sanfter und feinfühliger als Richard, der, ohne lange zu grübeln, die Probleme anpackte.
Die Romanhandlung kreiste um einen Scheidungsfall, bei dem sich die beiden als gegnerische Anwälte gegenüberstanden. William vertrat Persia, die Frau. Richard vertrat Christopher, den Mann. Persia beschuldigte ihren Mann der Untreue. Sie beanspruchte mehr als die Hälfte seines beträchtlichen Vermögens sowie eine sechsstellige Summe pro Jahr als Unterhalt für ihre gemeinsame Tochter Camille.
Es handelte sich um einen Promiprozess: Christopher war derzeit einer der schillerndsten Chefköche Irlands; er betrieb mehrere Restaurants in Dublin, Cork und Galway. Außerdem war er wöchentlich in einer Fernsehshow zu sehen und fungierte als kulinarischer Berater für zwei Hotels.
Der zwischen den beiden Brüdern schwelende Konkurrenzkampf wurde durch den Scheidungsfall von Neuem entfacht. Beide Anwälte wollten den Ruhm einheimsen, eine möglichst vorteilhafte Scheidungsvereinbarung für ihre Mandanten erwirkt zu
haben. Erschwerend kam hinzu, dass sich William in Persia verliebt hatte, obwohl er wusste, dass eine emotionale Beziehung zu seiner Mandantin gewiss nicht von Vorteil für seine Arbeit war.
Britt hatte die ersten hundert Seiten wie im Rausch geschrieben. Sie versuchte, die Charaktere glaubhaft zu beschreiben und plausible Gründe darzulegen, woher ihr erbitterter Wettkampf rührte. Sie mochte beide gleichermaßen – trotz ihres Konkurrenzkampfes hatten die Brüder auch positive Charaktereigenschaften: William war sanft und besonnen, Richard nachdenklich und beschützend. Britt wollte nicht, dass es für einen der Männer schlecht ausging, und doch wurde ihr beim Schreiben klar, dass sie im Begriff war, einen Sturm zu entfachen, bei dem mindestens einer der beiden Schaden nehmen würde.
Wenn Meredith und Lisa-Anne ihr neues Buch ablehnten, würde sie sich nichts daraus machen, dann hätte sie es eben für sich selbst geschrieben. Sie musste einfach schreiben, denn die Figuren hatten längst Besitz von ihr ergriffen. Sie wollte mehr über sie erfahren, und sie wollte
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